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Wer lügt am besten?

Es war einmal ein Sultan, der überaus
reich war und etwas von diesem Reichtum
auch seinem Volke zukommen lasten wollte.
Doch nicht ohne Verdienst sollte ihnen der
Teil zu gute kommen.

So ersann der König folgende Lösung.
Er ließ in seinem Lande die Kunde ver-
breiten, daß derjenige, der die größte Lüge
erdachte, einen Ballen Gold heim tragen
dürfe.

Dieser Ausruf blieb nicht ohne Be-
achtung. Nickt nur aus seinem Lande kamen
sie in Hellen Scharen, sondern auch aus
ferner gelegenen Gegenden nahten sie und
jeder sah sich im Geiste den Rückweg mit
dem leicht verdienten Golde machen, denn
nichts konnte leichter sein als eine große
Lüge zu sagen.

Der Sultan gab den Befehl, alle vor-
zulaffen, gleichviel wie ihr Aussehen war.
Viel bekam er zu hören, doch allen gab er
zur Antwort: „Kann sein, Allah kann
alles!"

Voll froher Hoffnung nahten die Män-
ner, doch gar bald mußten sie wieder von
dannen ziehen, ohne Gold, nur um die Er-
fahrung reicher, daß es nicht so
leicht war, für 'e Lügen belohnt zu
werden.

Früher als die anderen kan, eines
Morgens ein alter Mann zu den
Toren des Palastes. Er war schlecht
bekleidet und das Zaumzeug seines
mageren Esels, den er am Halfrer
führte, gleichfalls arg zugerichtet.

Die Wache wollte den zerlumpt
Aussehenden nicht einlasten, aus
des Sultans Befehl aber wurde
er vor seinen Thron geführt. Auf
die Frage des Herrschers aller
Gläubigen begann er zu sprechen:

„O weiser Herr und Gebieter, un-
endlich weit ist der Weg, den ich
zu dir gegangen, und meine alten
Beine wollten oft nichtmehrweiter,
ich rastete aber nicht, ich wollte zu
dir kommen um dir vor meinem
Tode ein lang bewahrtes Geheim-
nis zu offenbaren."

„Sprich," forderte der Sultan,
neugierig geworden, den Alten auf.

Er konnte sich nicht erklären, was
ihm der Bettler, denn nichts an-
deres schien er ihm zu sein, mit-
zuteilen hätte.

Das Herz im Rosenbusch

O Mädchen, kinderjunges Weib,
du tausendknospiger Rosenbusch!

Sieh, wie im schwanken Gezelt der korallen-
körnigen Ranken

im Grottendunkel der seidenen Blätter
mein töricht-verlorenes Herz hängt:

Ampel und Opfer . .

Du schauerst im Osterwind,
greifst in die hellen Himmel hinauf
und klammerst dich an Gras und Erde.

Und weißt es nicht, wie süß dein Schwingen
quält

mit den streifenden Küssen der zarten,

bernsteingrünen Stacheln.

Braune Bronzedolche werden es sein;
die stichst du arglos ins verirrte Herz
und krönst es mit grausamem Marterkranz,
wenn du im Sommer überselig blühst.

Und im Oktober funkeln die tausend Ke 1 die
deiner prallen Vogelfrüchte
von meinem Blute . .

Ubers Jahr wirst du mein Grab überwachsen
und das Nest einer klagenden Nachtigall -

O Mädchen!

Willy Arndt

„Ich muß von meinem Großvater er-
zählen, der zur Zeit, als dein Ahne regierte,
in diesem Lande gewohnt und über unend-
liche Reichtümer verfügte. Nach dem großen
Krieg, der unserer Heimat soviel gekostet
batte, war es meines Vaters Vater, der
sein Vermögen der Staatskaffe zur Ver-
fügung stellte,um dem Lande etwas zu helfen.

Mein Vater hat es mir oft erzählt, daß
viele große Säcke, gefüllt mit dem reinsten
Golde, in den Palast getragen wurden und
daß der Sultan, dein Ahne, o weiser Herr-
scher, meinem Großvater versprochen, sobald
das Land wieder im stände wäre, der ent-
liehene Betrag an ihn oder seine Nach-
kommen ausbezahlt würde.

Nun war Allah der Heimat gnädig, des
Reichtums und der Macht erfreut sich der
Staat und alle, die ihm angehören. Ich
aber bin arm und muß durch Bettelei mein
Leben fristen. So bin ich denn gekommen,
um die Schuld einzukassieren."

Der Sultan war während der Rede
des Alten blaß geworden, Empörung spie-
gelte sich in seinen Zügen wider und kaum
seiner Sinne mächtig, schrie er den Un-
verschämten an. „DaS ist nicht wahr, du
lügst!" Kaum waren diese Worte
seinem Munde entschlüpft, als er
auch schon wußte, daß derAlte nun-
mehr den Goldballen gewonnen. Er
ließ ihn also dem fröhlich lachenden
Greis überreichen, der ihn auf
seinen mageren Esel lud und damit
von dannen zog. Kh«dig° H-n

Im Zeichen des Wochenend
Bei Müllers kehrt der Storch
oft ein.

Als kam das achte Töchterletn,

Herr Müller rief: O Herr halt'

ein,

Laß Wockenend jetzt bei mir
sein! M.D

Ihr Abenteuer
Weekend fing ihr Abenteuer
so idyllisch an zu blenden,
doch zum Schluß wird es noch heuer
wiegend, fürcht' ich, für sie
enden . . . r.Eg.

Hyperbel

Die Menschen müffen sterben,
damit der Totengräber leben kann!

Gewinnsüchtig
„Was! Du kommst aus der Kirche?"

„Ja, seitdem ich Kirchensteuer zahlen muß, geh ich jeden
Sonntag hinein. Dene schenk i' nix!"

Kr.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Gewinnsüchtig"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Scharf, Theo
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 166.1927, Nr. 4273, S. 304

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