Der Baum vor dem Torweg
In Zippelburg reichte ein gewisser Karl Lehmann bei der Bau-
polizeibehörde ein Baugesuch zur Genehmigung ein; eS handelte sich
um eine kleine Villa an einer bereits gepflasterten und mit Bäumen
bepflanzten Straße.
Das Bauvorhaben sah auch eine kleine Autogarage vor.
Das Projekt fand nach einigen Monaten die Genehmigung der
Behörde und es wurde flott gebaut.
Als nun die schmucke Villa fertig war, sprach der Bauherr zu
seiner Frau: ,,Rose, vor dem Torweg steht ja ein Lindenbaum; da
können wir mit unserm Auto garnicht auf unser Grundstück!"
„Dem Ubelstande ist leicht abzuhelfen, sagte Frau Rose. Du bittest
die Stadtverwaltung um Beseitigung des Baumes auf deine Kosten
und erklärst dich zu einer Neupflan-
zung 50 cm seitwärts bereit!"
Herr Lehmann zollte diesem Rate
Beifall und richtete ein entsprechen-
des Bittgesuch an den Hochwohllöb-
lichen Magistrat.
Er erhielt aber den Bescheid, daß
eine Beseitigung des quäftionierten
Lindenbaumes keinesfalls in Frage
käme, dieweil laut §§ 835a bis 839 c
des Orts-, Straßen- und Wege-Sta-
tuts die Torwege und Türen von neu-
erbauten Häusern so zu legen seien,
daß Straßenbäume nicht entfernt zu
werden brauchten.
Lehmann wies in seiner Beschwerde
gegen diese Verfügung bei der näch-
sten Instanz, der hohen Regierung,
darauf hin, daß man ihm, als einem
Auswärtigen, die genaue Kenntnis
des betreffenden Zippelburger Orts-
statuts nicht zumuten könne, und daß
ihm in der Genehmigungsurkunde die
fragliche Bedingung nicht gestellt wor-
den sei.
Er wurde abschlägig beschieden mit
der Begründung, daß es Sache des
Bauherrn sei, sich aufs genaueste über
die einschlägigen Bestim-
und zweitens riet ein tüchtiger Anwalt wegen Aussichtslosigkeit
dringend von einer Klage ab.
Lehmann und die kluge Frau Rose rangen verzweifelt die Hände;
sie hatten sich ein wahres Prachtauto auf Abzahlung gekauft und
konnten den Kauf nicht rückgängig machen.
Zum Glück war ihr Chauffeur ein einschlägiger Kopf.
„Lassen Se mich man machen, Herr Lehmann!" sprach er ... .
Einige Tage später fuhr das große Lastauto der Schultheiß-Brauerei
„infolge Versagens der Steuerung" gegen den „quäftionierten"
Lindenbaum und brach ihn über der Wurzel ab.
Der Chauffeur bekam eine polizeiliche Strafverfügung über fünfzig
Mark und von Herrn Lehmann einhundertfünfzig bar in die Hand.
Lehmann petitionierte nun wieder
fleißig und erreichte endlich, nach Jah-
resfrist, da nun einmal der alte Lin-
denbaum erledigt war, daß das Erfatz-
bäumchen einen halben Meter seit-
wärts gepflanzt werden durfte.
Als es endlich so weit war, mußte
Lehmann zunächst vier Monate wegen
Nervenzerrüttung in einem Sana-
torium zubringen; erst nach seiner Ent-
lastung konnte er mit seinem Auto
einen feierlichen Einzug in die be-
kränzte Autogarage halten . . .
Hans Reiter
Der galante
Konfektioneur
„Wir möchten etwas besonders
Schönes in Damenmänteln sehen!"
„Da brauchten Sie sich eigentlich
nur vor den Spiegel zu stellen, meine
Gnädigen!"
Naheliegend
„Sie erwähnten soeben, daß Sie Ihr Herr Gemahl
verlaffen hat?"
„Ja, er sagte, ich käme jetzt ins gefährliche Alter!"
mungen zu informieren; es
könne deshalb auch eine
ausnahmsweise Genehmi-
gung seines gehorsamsten
Bittgesuches nichterfolgen
Lehmann ging bis zur
dritten und letztenInstanz,
dem hohen Staatömini-
sterium, aber auch dieses billigte die Entschei-
dung der Vorinstanzen vollinhaltlich, gab jedoch
dem pv. Lehmann den Rat, sich wegen etwaiger
Entschädigungsansprüche an den Bauunterneh-
mer zu halten.
Von diesem war jedoch erstens nichts zu holen
Sommer garten-Lied
ln meinem Sommer garten
viel Blumen stehn.
Glutnelken lieh und Rosmarin,
Violen stehn und Rosen drin_
Wunderlich zu sehn.
Und können alle Blüten
mich nicht verstehn!
Die wollen, ich soll pflücken,
Die wollen, ich soll schmücken
Und weiß nicht, men.
Ich bleibe am Geländer,
daß kein ’s midi ruft.
Wohl zieht es mich in Garten.
Ich weiß, sie alle warten
In Glanz und Duft.
Hermann oon Pfaundler
Aus der Schule
In einem Aufsatz hatte ein Junge
geschrieben: „Um 8 Uhr kam mein
Vater nach Hause, bepackt wie ein
Esel." Der Lehrer unterstrich das
Wort „Esel" mit roter
Tinte und schrieb ein Aus-
rufezeichen an den Rand.
Damit meinte er, daß es
ungehörig ist, den Vater
mit einem Efel zu ver-
gleichen. Der Junge aber
faßte das Ausrufezeichen
anders auf. Er schrieb in
der Verbesserung: „Um 8 Uhr kam mein Vater
nach Hause, bepackt wie ein Kamel."
Druckfehler
Junges Mädchen, das jede Arbeit übel-
nimmt, sucht Stelle als Stütze der Hausfrau.
306
In Zippelburg reichte ein gewisser Karl Lehmann bei der Bau-
polizeibehörde ein Baugesuch zur Genehmigung ein; eS handelte sich
um eine kleine Villa an einer bereits gepflasterten und mit Bäumen
bepflanzten Straße.
Das Bauvorhaben sah auch eine kleine Autogarage vor.
Das Projekt fand nach einigen Monaten die Genehmigung der
Behörde und es wurde flott gebaut.
Als nun die schmucke Villa fertig war, sprach der Bauherr zu
seiner Frau: ,,Rose, vor dem Torweg steht ja ein Lindenbaum; da
können wir mit unserm Auto garnicht auf unser Grundstück!"
„Dem Ubelstande ist leicht abzuhelfen, sagte Frau Rose. Du bittest
die Stadtverwaltung um Beseitigung des Baumes auf deine Kosten
und erklärst dich zu einer Neupflan-
zung 50 cm seitwärts bereit!"
Herr Lehmann zollte diesem Rate
Beifall und richtete ein entsprechen-
des Bittgesuch an den Hochwohllöb-
lichen Magistrat.
Er erhielt aber den Bescheid, daß
eine Beseitigung des quäftionierten
Lindenbaumes keinesfalls in Frage
käme, dieweil laut §§ 835a bis 839 c
des Orts-, Straßen- und Wege-Sta-
tuts die Torwege und Türen von neu-
erbauten Häusern so zu legen seien,
daß Straßenbäume nicht entfernt zu
werden brauchten.
Lehmann wies in seiner Beschwerde
gegen diese Verfügung bei der näch-
sten Instanz, der hohen Regierung,
darauf hin, daß man ihm, als einem
Auswärtigen, die genaue Kenntnis
des betreffenden Zippelburger Orts-
statuts nicht zumuten könne, und daß
ihm in der Genehmigungsurkunde die
fragliche Bedingung nicht gestellt wor-
den sei.
Er wurde abschlägig beschieden mit
der Begründung, daß es Sache des
Bauherrn sei, sich aufs genaueste über
die einschlägigen Bestim-
und zweitens riet ein tüchtiger Anwalt wegen Aussichtslosigkeit
dringend von einer Klage ab.
Lehmann und die kluge Frau Rose rangen verzweifelt die Hände;
sie hatten sich ein wahres Prachtauto auf Abzahlung gekauft und
konnten den Kauf nicht rückgängig machen.
Zum Glück war ihr Chauffeur ein einschlägiger Kopf.
„Lassen Se mich man machen, Herr Lehmann!" sprach er ... .
Einige Tage später fuhr das große Lastauto der Schultheiß-Brauerei
„infolge Versagens der Steuerung" gegen den „quäftionierten"
Lindenbaum und brach ihn über der Wurzel ab.
Der Chauffeur bekam eine polizeiliche Strafverfügung über fünfzig
Mark und von Herrn Lehmann einhundertfünfzig bar in die Hand.
Lehmann petitionierte nun wieder
fleißig und erreichte endlich, nach Jah-
resfrist, da nun einmal der alte Lin-
denbaum erledigt war, daß das Erfatz-
bäumchen einen halben Meter seit-
wärts gepflanzt werden durfte.
Als es endlich so weit war, mußte
Lehmann zunächst vier Monate wegen
Nervenzerrüttung in einem Sana-
torium zubringen; erst nach seiner Ent-
lastung konnte er mit seinem Auto
einen feierlichen Einzug in die be-
kränzte Autogarage halten . . .
Hans Reiter
Der galante
Konfektioneur
„Wir möchten etwas besonders
Schönes in Damenmänteln sehen!"
„Da brauchten Sie sich eigentlich
nur vor den Spiegel zu stellen, meine
Gnädigen!"
Naheliegend
„Sie erwähnten soeben, daß Sie Ihr Herr Gemahl
verlaffen hat?"
„Ja, er sagte, ich käme jetzt ins gefährliche Alter!"
mungen zu informieren; es
könne deshalb auch eine
ausnahmsweise Genehmi-
gung seines gehorsamsten
Bittgesuches nichterfolgen
Lehmann ging bis zur
dritten und letztenInstanz,
dem hohen Staatömini-
sterium, aber auch dieses billigte die Entschei-
dung der Vorinstanzen vollinhaltlich, gab jedoch
dem pv. Lehmann den Rat, sich wegen etwaiger
Entschädigungsansprüche an den Bauunterneh-
mer zu halten.
Von diesem war jedoch erstens nichts zu holen
Sommer garten-Lied
ln meinem Sommer garten
viel Blumen stehn.
Glutnelken lieh und Rosmarin,
Violen stehn und Rosen drin_
Wunderlich zu sehn.
Und können alle Blüten
mich nicht verstehn!
Die wollen, ich soll pflücken,
Die wollen, ich soll schmücken
Und weiß nicht, men.
Ich bleibe am Geländer,
daß kein ’s midi ruft.
Wohl zieht es mich in Garten.
Ich weiß, sie alle warten
In Glanz und Duft.
Hermann oon Pfaundler
Aus der Schule
In einem Aufsatz hatte ein Junge
geschrieben: „Um 8 Uhr kam mein
Vater nach Hause, bepackt wie ein
Esel." Der Lehrer unterstrich das
Wort „Esel" mit roter
Tinte und schrieb ein Aus-
rufezeichen an den Rand.
Damit meinte er, daß es
ungehörig ist, den Vater
mit einem Efel zu ver-
gleichen. Der Junge aber
faßte das Ausrufezeichen
anders auf. Er schrieb in
der Verbesserung: „Um 8 Uhr kam mein Vater
nach Hause, bepackt wie ein Kamel."
Druckfehler
Junges Mädchen, das jede Arbeit übel-
nimmt, sucht Stelle als Stütze der Hausfrau.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Naheliegend"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 166.1927, Nr. 4273, S. 306
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg