trat in einen Gang und öffnete ihn. Zu-
nächst begriff er nicht, dann aber fing er
leise und ausdauernd zu lachen an. Auf
dem Zettel standen die Worte gedruckt:
„Gnädige Frau! Versäumen Sie nicht den
Saisonausverkauf bei Manaffe & Co. zu
besuchen. Hier bietet sich Ihnen eine nie
wiederkehrende Gelegenbeit, Einkäufe zu
phantastisch billigen Preisen zu machen."
Gat war ein Stein vom Herzen gefallen.
Der Verdacht, den er in den letzten Wochen
gehabt batte, der sein Leben verbittert hatte, schien ihm jetzt kindisch
und lächerlich. Und zugleich fielen ibm hundert Beweise für die Treue
seiner schönen Frau ein. Es war also nur ein Handzettel, ein ge-
wöbnlicher Reklamezettel gewesen, den seine Frau am Tbeatereingang
empfangen hatte und im Täschchen verschwinden liest.
Ein Klingelzeichen ertönte. Gar ging auf die Tür zu, über der
„Parkett links" stand. Am Ein-
gang stiest er mit feiner Frau zu-
sammen. Sie schien sehr erregt.
Er sagte mit großer Zärtlich-
keit: „Nanu, mp dear, willst du
dochnocheineZigarette rauchen?"
„Denk dir," erwiderte sie,
„diese Unverschämtheit. Mir ist
eben meine Brillantenbrosche aus
meinem Täschchen gestohlen wor-
den. Ich hatte sie abgelegt, weil
der Verschluß entzwei gegangen
war. Ei» junger Man» . . ."
Zu ihrem Erstaunen rannte
Gat plötzlich wie ein Beseffener
durch das Foyer. Erst nach Be-
ginn des zweiten Aktes setzte er
sich wieder neben sie.
Der junge Mann war natür-
lich längst über alle Berge. Gat
streichelte ibreHändeundflüsterte:
„Last nur, ich kaufe dir eine neue."
Am nächsten Tage erhielt ein
gewiffer Herbert Füller folgenden
Brief: „Lieber Herbert! Wenn du mir wieder einmal eine Nach-
richt zukommen läßt, dann bitte nicht wieder so unvorsichtig wie
gestern Abend. Mein Mann hat natürlich gemerkt, wie dein Bote
den Zettel mir übergab. Ich hatte Mühe und Not, ihn noch recht-
zeitig mit einem Handzettel von Manaffe zu vertauschen. Stell dir
bloß vor, er hat es fertiggebracht, mir den
Zettel durch einen Taschendieb entwenden
zu laffen. Gottseldank bat der Spitzbube
nur den falschen gefunden. Ärgerlich ist da-
bei nur, daß er mir bei dieser Gelegenheit
zugleich meine Brillantbrosche gestoblen hat.
Aber die Sache hat doch ihr Gutes. Mein
Mann bat fest überhaupt keinen Verdacht
mebr und zweitens wird er mir eine neue
Brosche schenken. Wie ich ihn kenne, wird
diese neue viel wertvoller sein, als die ge-
stohlene. Heute Abend hat er Sitzung, wir treffen uns wie immer.
Ich küffe Dich!"
Hindernis
„Waren Sie in der Premiere unseres Dichterfreundes?"— „Ich
kam leider nach dem ersten Akt, wies schon aus war."
Unverfrorene Erklärung
Fremder: „Ich finde auf der Rechnung fünfzig Pfennige für eine
Kerze, Sie sagten doch, Licht sei im Zimmerpreis einbegriffen?"
Wirt: „Ja, das elektrische Licht - aber das funktioniert augen-
blicklich nicht!"
UNI) DENNOCH!
„Kommt alles, wie es kommen muli.
Geht alles so, wie’s vorbestimmt.
Und alles wird nach Schicksals Schluß,
Ob man es leicht, ob schwer man’s nimmt.“
Mag sein! Und dennoch legt kein Mann
Die Hand verzagend in den Schoß:
Geht kämpfend stolz das Schicksal an
Und wird im Kampf erst frei und groß.
Carl Müller-Rastatt
Musik. „Musik ist eigentlich nichts als bewegte Luft." — „Hm — drum leben wir Musiker
gewöhnlich von der Luft."
Tierfreunde
Tierfreund nennt so mancher sich,
Nur weil er gelegentlich,
Wenn es ihn gerade freut.
Einigen Spatien Futter streut.
Nahe und ferne
Das Nahe man nie! schwerer oft erreicht.
Als was uns liegt ganz ferne, merk' dir das:
Die Fliege an der Wand, die fängst du leicht.
Schwer aber die, die sitit auf deiner Nas’.
Hoffen und Harren
Ewig harren wir und ringen.
Was uns wohl die Zeiten bringen;
Erst wenn alt wir und entlaubt,
Seh ii wir. was sie uns geraubt.
o. E m.
o. E. w.
o. E. IV.
nächst begriff er nicht, dann aber fing er
leise und ausdauernd zu lachen an. Auf
dem Zettel standen die Worte gedruckt:
„Gnädige Frau! Versäumen Sie nicht den
Saisonausverkauf bei Manaffe & Co. zu
besuchen. Hier bietet sich Ihnen eine nie
wiederkehrende Gelegenbeit, Einkäufe zu
phantastisch billigen Preisen zu machen."
Gat war ein Stein vom Herzen gefallen.
Der Verdacht, den er in den letzten Wochen
gehabt batte, der sein Leben verbittert hatte, schien ihm jetzt kindisch
und lächerlich. Und zugleich fielen ibm hundert Beweise für die Treue
seiner schönen Frau ein. Es war also nur ein Handzettel, ein ge-
wöbnlicher Reklamezettel gewesen, den seine Frau am Tbeatereingang
empfangen hatte und im Täschchen verschwinden liest.
Ein Klingelzeichen ertönte. Gar ging auf die Tür zu, über der
„Parkett links" stand. Am Ein-
gang stiest er mit feiner Frau zu-
sammen. Sie schien sehr erregt.
Er sagte mit großer Zärtlich-
keit: „Nanu, mp dear, willst du
dochnocheineZigarette rauchen?"
„Denk dir," erwiderte sie,
„diese Unverschämtheit. Mir ist
eben meine Brillantenbrosche aus
meinem Täschchen gestohlen wor-
den. Ich hatte sie abgelegt, weil
der Verschluß entzwei gegangen
war. Ei» junger Man» . . ."
Zu ihrem Erstaunen rannte
Gat plötzlich wie ein Beseffener
durch das Foyer. Erst nach Be-
ginn des zweiten Aktes setzte er
sich wieder neben sie.
Der junge Mann war natür-
lich längst über alle Berge. Gat
streichelte ibreHändeundflüsterte:
„Last nur, ich kaufe dir eine neue."
Am nächsten Tage erhielt ein
gewiffer Herbert Füller folgenden
Brief: „Lieber Herbert! Wenn du mir wieder einmal eine Nach-
richt zukommen läßt, dann bitte nicht wieder so unvorsichtig wie
gestern Abend. Mein Mann hat natürlich gemerkt, wie dein Bote
den Zettel mir übergab. Ich hatte Mühe und Not, ihn noch recht-
zeitig mit einem Handzettel von Manaffe zu vertauschen. Stell dir
bloß vor, er hat es fertiggebracht, mir den
Zettel durch einen Taschendieb entwenden
zu laffen. Gottseldank bat der Spitzbube
nur den falschen gefunden. Ärgerlich ist da-
bei nur, daß er mir bei dieser Gelegenheit
zugleich meine Brillantbrosche gestoblen hat.
Aber die Sache hat doch ihr Gutes. Mein
Mann bat fest überhaupt keinen Verdacht
mebr und zweitens wird er mir eine neue
Brosche schenken. Wie ich ihn kenne, wird
diese neue viel wertvoller sein, als die ge-
stohlene. Heute Abend hat er Sitzung, wir treffen uns wie immer.
Ich küffe Dich!"
Hindernis
„Waren Sie in der Premiere unseres Dichterfreundes?"— „Ich
kam leider nach dem ersten Akt, wies schon aus war."
Unverfrorene Erklärung
Fremder: „Ich finde auf der Rechnung fünfzig Pfennige für eine
Kerze, Sie sagten doch, Licht sei im Zimmerpreis einbegriffen?"
Wirt: „Ja, das elektrische Licht - aber das funktioniert augen-
blicklich nicht!"
UNI) DENNOCH!
„Kommt alles, wie es kommen muli.
Geht alles so, wie’s vorbestimmt.
Und alles wird nach Schicksals Schluß,
Ob man es leicht, ob schwer man’s nimmt.“
Mag sein! Und dennoch legt kein Mann
Die Hand verzagend in den Schoß:
Geht kämpfend stolz das Schicksal an
Und wird im Kampf erst frei und groß.
Carl Müller-Rastatt
Musik. „Musik ist eigentlich nichts als bewegte Luft." — „Hm — drum leben wir Musiker
gewöhnlich von der Luft."
Tierfreunde
Tierfreund nennt so mancher sich,
Nur weil er gelegentlich,
Wenn es ihn gerade freut.
Einigen Spatien Futter streut.
Nahe und ferne
Das Nahe man nie! schwerer oft erreicht.
Als was uns liegt ganz ferne, merk' dir das:
Die Fliege an der Wand, die fängst du leicht.
Schwer aber die, die sitit auf deiner Nas’.
Hoffen und Harren
Ewig harren wir und ringen.
Was uns wohl die Zeiten bringen;
Erst wenn alt wir und entlaubt,
Seh ii wir. was sie uns geraubt.
o. E m.
o. E. w.
o. E. IV.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Musik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4304, S. 54
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg