Das Kamel
Von
erhard Schake
Vater, Mutter und der vierjährige Sohn kommen aus dem Leip-
ziger Zoologischen Garten und fahren mit der Straßenbahn nach
Hause. Kaum haben die drei Platz genommen, entspinnt sich folgen-
des Gespräch: „Hadds dir dn gefalln, mei Cbunge?"
„Ach euah, Babbah." — „Was haddn dir am beffdn gefalln?"
„Das Gamehl, daßde egah so in Waffr rumblandschern dahd."
,,E Gamehl im Waffr? Gamehle loofn dock nich im Waffr rum,
die sinn doch wafferschei. Du meensd woh de Eisbährn?"
„Wahrn das die Diehre in Akkwahrjum? Die gleen rundn?"
„Nee, das wahrn Schildgrehdn, die Gamehle sinn doch die großn
Viecher — " — „Ich dengke, das sinn Ellefandn?"
„Du frwerelsd das. Ellefandn sinn die großn digg» Viechr
mit dähn Riffel. Gamehle
wahrn die mid die lang
Beene, die fon mechdjn
Buggel haddn. Meensd du
verleichd doch de Eisbähr?"
„Eisbährn, wahrn das
die in den gleinGäschen?"
„Das sinn doch Affn!"
„Nee, die menn 'ch nich.
Ch'meene die da wahrn,
wo die Veechl wahrn."
„Das wahrn doch richtje
Bährn, gerne Eisbährn."
„Was sindn das fier
Bährn, die gerne Eisbährn
sinn?"
„Nu das sinn ähm an-
dre Bährn, richdje Bährn,
gerne Eisbährn."
,,'ch dachde, das hädde
dr so guhd gefalln?" — „Nee, das
wahre nich, 'ch hahwe ä gantz andres
Diehr gemeend."
„Wasdn for eens?"
,,'ch weeß nich wie 's heeßd, 's wahr
so e großes digges. Eens mid lange
Haare, 's hadd geschlafn!"
„Das wahrn doch de Lebwn."
„Die Schlang» wahr» akwr ver-
leichd fein, newahr?"
„Schlang», chedsd redsde wiehdr
von Schlang, 'ch dengke, du willsd was
von Lehwn wiffn? Vohrhinsens haßde
von Gamehle geschbrochn un chedsd von
Schlangn - du weesd nich, wasde
willsd." — „Gamehle, ich habb doch »ich von Gamehle geschbrochn!
Ich weeß doch gahr nich, was das iß." - „Nu Halde ahwr de Glabbe,
du machsd een ja kantz dremänzch, du Gamehl!"
I) a s lautlose La eh e
Hast du im Traum
aus tiefstem Dickicht
lautloses Lachen
niemals gehört?
Aus türlosem Hause
schlägt seine Flügel
gespenstig ein Fenster
federschnell auf —
Bäumt sieh die blinde
Fratze der Drude
weil! in das Mondlicht,
lacht ohne Laut —
Klammeräffchen
Telegran, m-Kprzg «schichte von Borro
Wochenende. Haus in Vorstadt. Knattern von wartendem Motor-
rad. Ohne Anzahlung, kleinste Wochcnraten, drei Jahre Garantie.
Segeltuchanzug,Lederhaube, große Brille. Inhalt: IungerMann.
Ungeduld, Hupenzeichen, AuSpufftopf. Vierte Zigarette.
Kreischen von Haustor. Erscheinen von Klammeräffchen.
Rote Baskenmütze, Wafferstofflocken, Windjacke, Oberteil der
Beine von Rock etwas verdeckt, Seidenstrümpfe und Opanken.
Lederkoffer.
iOuickse» der Soziussprungfedern. Zweitausend Touren. Blauer
Dunst. — Asphalt, Hoppehopp-Pstaster, Landstraße.
Gashebel. Klammerhändchen in Lenden von jungem Mann.
Vorne Wagen. — Gashebel, Zündung. — Rrrrrrtsch! Wagen
zurück. Dafür vorne Mo-
torrad und wieder Wagen.
- Rrrrrtsch! - Rrrrrtsch!
- Hundert Kilometer.
Waffer in Augen von
Klammeräffchen. Entfüh-
rung von Wafferstofflocke
durch Wind. Vorne wie-
derWagen.Tempo,Staub-
wolke. Zusammenschrump-
fen von Segelluchanzug.
Dampfen von Motor
Atemnot unter Basken-
mütze. Aufholen. Schmale
Straße, breiter Wagen.
Rücksichtslosigkeit aufSei-
ten des Wagenlenkers.
Fluch bei jungem Mann.
Hupe, Klaron, nochmals
Fluch. Wagen hundert,
siebzig, dreißig, zehn Kilometer. Dann
stopp. Motorrad ebenfalls Stopp.
Wagenlenker Herrenfahrer. Elegant«
Erscheinung. Gelber Pullover. Faust
wie Eisen. Erwachen des Segeltuch-
anzuges in Straßengraben. Blick nach
Klammeräffchen.
Nur Motorrad.
In wieder fahrendem Wagen neben
gelbem Pullover rote Baskenmütze....
Il
Ist es das Lachen
funkelnden Hasses —
irres Gelächter
stickenden Weh's?.
Eli' du ’s besonnen,
schnellen die Flügel
zuck — wie an Gummi
schon wieder zu —
Hörtest du niemals
tief — tief im Traume
hinter dem Dickicht
lautlosen Schrei ?
Willibald K r a i n
Moderne Fassadenmalerei
Richter: „Wie kam es, Herr Schutz-
mann, daß Sie den Angeklagten nicht
an der Faffade des Hauses hochklettern
sahen, so daß er seine» freche» Raub unbehindert aussühren konnte?"
Schutzmann: „Ach wiffense, Herr Richter, det Haus is ieber und
ieber mit Fitziren bemalt, unn da dachte ick, er jehörte mit ins Freseo!"
Passive Rolle Der schone Mann als Eissportler
„Was hast du denn nun so zu deiner Frau gesagt, als du um „Wie ich sehe, gehen Sie auf die Eisbahn?" -
ihre Hand angehalten hast, alter Junge?" - „Ja." Figuren laufe» und Figur machen!"
„Stimmt!
62
Von
erhard Schake
Vater, Mutter und der vierjährige Sohn kommen aus dem Leip-
ziger Zoologischen Garten und fahren mit der Straßenbahn nach
Hause. Kaum haben die drei Platz genommen, entspinnt sich folgen-
des Gespräch: „Hadds dir dn gefalln, mei Cbunge?"
„Ach euah, Babbah." — „Was haddn dir am beffdn gefalln?"
„Das Gamehl, daßde egah so in Waffr rumblandschern dahd."
,,E Gamehl im Waffr? Gamehle loofn dock nich im Waffr rum,
die sinn doch wafferschei. Du meensd woh de Eisbährn?"
„Wahrn das die Diehre in Akkwahrjum? Die gleen rundn?"
„Nee, das wahrn Schildgrehdn, die Gamehle sinn doch die großn
Viecher — " — „Ich dengke, das sinn Ellefandn?"
„Du frwerelsd das. Ellefandn sinn die großn digg» Viechr
mit dähn Riffel. Gamehle
wahrn die mid die lang
Beene, die fon mechdjn
Buggel haddn. Meensd du
verleichd doch de Eisbähr?"
„Eisbährn, wahrn das
die in den gleinGäschen?"
„Das sinn doch Affn!"
„Nee, die menn 'ch nich.
Ch'meene die da wahrn,
wo die Veechl wahrn."
„Das wahrn doch richtje
Bährn, gerne Eisbährn."
„Was sindn das fier
Bährn, die gerne Eisbährn
sinn?"
„Nu das sinn ähm an-
dre Bährn, richdje Bährn,
gerne Eisbährn."
,,'ch dachde, das hädde
dr so guhd gefalln?" — „Nee, das
wahre nich, 'ch hahwe ä gantz andres
Diehr gemeend."
„Wasdn for eens?"
,,'ch weeß nich wie 's heeßd, 's wahr
so e großes digges. Eens mid lange
Haare, 's hadd geschlafn!"
„Das wahrn doch de Lebwn."
„Die Schlang» wahr» akwr ver-
leichd fein, newahr?"
„Schlang», chedsd redsde wiehdr
von Schlang, 'ch dengke, du willsd was
von Lehwn wiffn? Vohrhinsens haßde
von Gamehle geschbrochn un chedsd von
Schlangn - du weesd nich, wasde
willsd." — „Gamehle, ich habb doch »ich von Gamehle geschbrochn!
Ich weeß doch gahr nich, was das iß." - „Nu Halde ahwr de Glabbe,
du machsd een ja kantz dremänzch, du Gamehl!"
I) a s lautlose La eh e
Hast du im Traum
aus tiefstem Dickicht
lautloses Lachen
niemals gehört?
Aus türlosem Hause
schlägt seine Flügel
gespenstig ein Fenster
federschnell auf —
Bäumt sieh die blinde
Fratze der Drude
weil! in das Mondlicht,
lacht ohne Laut —
Klammeräffchen
Telegran, m-Kprzg «schichte von Borro
Wochenende. Haus in Vorstadt. Knattern von wartendem Motor-
rad. Ohne Anzahlung, kleinste Wochcnraten, drei Jahre Garantie.
Segeltuchanzug,Lederhaube, große Brille. Inhalt: IungerMann.
Ungeduld, Hupenzeichen, AuSpufftopf. Vierte Zigarette.
Kreischen von Haustor. Erscheinen von Klammeräffchen.
Rote Baskenmütze, Wafferstofflocken, Windjacke, Oberteil der
Beine von Rock etwas verdeckt, Seidenstrümpfe und Opanken.
Lederkoffer.
iOuickse» der Soziussprungfedern. Zweitausend Touren. Blauer
Dunst. — Asphalt, Hoppehopp-Pstaster, Landstraße.
Gashebel. Klammerhändchen in Lenden von jungem Mann.
Vorne Wagen. — Gashebel, Zündung. — Rrrrrrtsch! Wagen
zurück. Dafür vorne Mo-
torrad und wieder Wagen.
- Rrrrrtsch! - Rrrrrtsch!
- Hundert Kilometer.
Waffer in Augen von
Klammeräffchen. Entfüh-
rung von Wafferstofflocke
durch Wind. Vorne wie-
derWagen.Tempo,Staub-
wolke. Zusammenschrump-
fen von Segelluchanzug.
Dampfen von Motor
Atemnot unter Basken-
mütze. Aufholen. Schmale
Straße, breiter Wagen.
Rücksichtslosigkeit aufSei-
ten des Wagenlenkers.
Fluch bei jungem Mann.
Hupe, Klaron, nochmals
Fluch. Wagen hundert,
siebzig, dreißig, zehn Kilometer. Dann
stopp. Motorrad ebenfalls Stopp.
Wagenlenker Herrenfahrer. Elegant«
Erscheinung. Gelber Pullover. Faust
wie Eisen. Erwachen des Segeltuch-
anzuges in Straßengraben. Blick nach
Klammeräffchen.
Nur Motorrad.
In wieder fahrendem Wagen neben
gelbem Pullover rote Baskenmütze....
Il
Ist es das Lachen
funkelnden Hasses —
irres Gelächter
stickenden Weh's?.
Eli' du ’s besonnen,
schnellen die Flügel
zuck — wie an Gummi
schon wieder zu —
Hörtest du niemals
tief — tief im Traume
hinter dem Dickicht
lautlosen Schrei ?
Willibald K r a i n
Moderne Fassadenmalerei
Richter: „Wie kam es, Herr Schutz-
mann, daß Sie den Angeklagten nicht
an der Faffade des Hauses hochklettern
sahen, so daß er seine» freche» Raub unbehindert aussühren konnte?"
Schutzmann: „Ach wiffense, Herr Richter, det Haus is ieber und
ieber mit Fitziren bemalt, unn da dachte ick, er jehörte mit ins Freseo!"
Passive Rolle Der schone Mann als Eissportler
„Was hast du denn nun so zu deiner Frau gesagt, als du um „Wie ich sehe, gehen Sie auf die Eisbahn?" -
ihre Hand angehalten hast, alter Junge?" - „Ja." Figuren laufe» und Figur machen!"
„Stimmt!
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das lautlose Lachen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4305, S. 62
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg