Was das kleine Veferl dem Pater Augustinus antat
„Veferl! -- — - Veferl!!!" Keine Antwort. Die Mutter
batte den ganzen Garten abgesucht; ihr kleines Mädel war nirgends
zu sehn. Jetzt ging sie wieder ins Haus. „Veferl!"
Endlich entdeckte sie das sechsjährige Mädelchen in einer Ecke unter
der Treppe. Wie ein Häuflein Elend sasi das Kind da, blasi und das
Näslein rot vom Weinen. Die Mutter erkannte ihr luftiges Veferl
nicht wieder. „Ja um Gotteswillcn, Kind, was hast denn, so komm
doch her!" Zögernd und schluchzend kroch das Veferl aus ibrem
Schlupfwinkel; die Mutter nahm sie in ibre Arme und wischte ihr
die Tränen ab. „Jetzt - - - des is wirklich nimmer zum An-
schaun, so kör' doch aus mit dem Geschluchz'. Was Haft denn?"
„I — i — — — i kab' so viel Angst!" — „Vor wem denn?"
„I- i - soll doch morgen in die Beicht' gehn!"-„Na z'wegn
dem brauchst doch kein Angst haben!"
„Und i — i bab' doch so viel Böses tan, und — — und — —
da kommt der Teufel und — frißt mi auf!!"
„Wer bar dir den» des g'sagt?" - „Der O- O-Oberauer -
Toni hat 's g'sagt!" - „Wart, dem komm' i, dem Hallodri!"
„Na, Mutterl, na, des derfst net, sonst baut er mi." Die Mutter
»ahm das »och immer heftig weinende Kind auf den Schoß. „Jetzt
gib obaäit, was i dir sag', Veferl. Das mit der Beicht, des is doch
net schlimm; schau, der Pater Augustin is dock' so a lieber, braver
Mann, wie viele schöne Bilderln bat er dir schon g'schenkt, gel?"
Veferl nickte und schluchzte leiser vor sich hin.
„Also schau, Kindel, morgen gehst halt
zur Beicht, und da redft mit dem guten
Pater grad so, wie du mit dein Mutterl
immer gredt hast abends, wenn du dein
Nachtgebet hergsagt hast und wann du ein
Unrecht tan hast-nachher wird er di
schon fragen; da brauchst blos zu antworten,
und Angst brauchst z'wegen dem gar nie
net z'haben. Und jetzt kriegt das kleine
Goscherl a Kindsmus mit viel Zucker und
Zimmet drauf - - - gel, da lachst?"
Und Veferl lachte schon ein bißchen, ließ
sich 's schmecken und ging schlafen.
- - - Am nächsten Tag am Nach-
mittag war die Beicht. Das Veferl kniete
mit klopfendem Herzen vor dem Gitter und
der Pater Augustin sprach in gütigem Ton
aus sie ein, weil er das Veferl kannte und
lieb hatte. Und wenn er fragte und sie Ant-
wort gab, dachte sie immer geschwind: „Und
was ich noch Böses getan - - - und
was noch - - - Und plötzlich stieg es
siedend heiß in ihr auf: „Himmel — Herr-
gott — Sapperment" — — — hat sie
neulich geschrien, der Sepp hat 's gar so
schön herausgebrachk, und da bat sie 's kalt
auch versucht!
Der Pater lächelte: „Ja, daöistschlimm,
mein liebes Kind, aber du wirst es nicht
wieder tun, nicht wahr?"
„G'wiß net, Herr Pater, g'wiß net" be-
teuerte Veferl und die Tränen kugelten
wieder über das runde Gesicht, und in ihrer
Aufregung rieb sie ihre Finger an einan-
der, und diese bekamen plötzlich etwas zu
fasten - - - das war des Paters lan-
ger Bart, der sich zum Gitter binausge-
schoben hatte. Nun war das Veferl daran
gewöhnt ihrer „Docken" (so werden bier
die Puppen genannt) die langen Haar« in
Zöpfe zu flechten und so fing sie eifrig an
die ihr in die Finger gekommenen Haare
-
Gattin: „Du hast ja, wie ich sebe, den Einschreibbrief, den die Post schon beute
vormittag gebracht hat, noch gar nicht geöffnet."
Gatte: „Ist überflüssig. Der Inhalt ist allemal der gleiche, nur immer etwas gröber.
„Veferl! -- — - Veferl!!!" Keine Antwort. Die Mutter
batte den ganzen Garten abgesucht; ihr kleines Mädel war nirgends
zu sehn. Jetzt ging sie wieder ins Haus. „Veferl!"
Endlich entdeckte sie das sechsjährige Mädelchen in einer Ecke unter
der Treppe. Wie ein Häuflein Elend sasi das Kind da, blasi und das
Näslein rot vom Weinen. Die Mutter erkannte ihr luftiges Veferl
nicht wieder. „Ja um Gotteswillcn, Kind, was hast denn, so komm
doch her!" Zögernd und schluchzend kroch das Veferl aus ibrem
Schlupfwinkel; die Mutter nahm sie in ibre Arme und wischte ihr
die Tränen ab. „Jetzt - - - des is wirklich nimmer zum An-
schaun, so kör' doch aus mit dem Geschluchz'. Was Haft denn?"
„I — i — — — i kab' so viel Angst!" — „Vor wem denn?"
„I- i - soll doch morgen in die Beicht' gehn!"-„Na z'wegn
dem brauchst doch kein Angst haben!"
„Und i — i bab' doch so viel Böses tan, und — — und — —
da kommt der Teufel und — frißt mi auf!!"
„Wer bar dir den» des g'sagt?" - „Der O- O-Oberauer -
Toni hat 's g'sagt!" - „Wart, dem komm' i, dem Hallodri!"
„Na, Mutterl, na, des derfst net, sonst baut er mi." Die Mutter
»ahm das »och immer heftig weinende Kind auf den Schoß. „Jetzt
gib obaäit, was i dir sag', Veferl. Das mit der Beicht, des is doch
net schlimm; schau, der Pater Augustin is dock' so a lieber, braver
Mann, wie viele schöne Bilderln bat er dir schon g'schenkt, gel?"
Veferl nickte und schluchzte leiser vor sich hin.
„Also schau, Kindel, morgen gehst halt
zur Beicht, und da redft mit dem guten
Pater grad so, wie du mit dein Mutterl
immer gredt hast abends, wenn du dein
Nachtgebet hergsagt hast und wann du ein
Unrecht tan hast-nachher wird er di
schon fragen; da brauchst blos zu antworten,
und Angst brauchst z'wegen dem gar nie
net z'haben. Und jetzt kriegt das kleine
Goscherl a Kindsmus mit viel Zucker und
Zimmet drauf - - - gel, da lachst?"
Und Veferl lachte schon ein bißchen, ließ
sich 's schmecken und ging schlafen.
- - - Am nächsten Tag am Nach-
mittag war die Beicht. Das Veferl kniete
mit klopfendem Herzen vor dem Gitter und
der Pater Augustin sprach in gütigem Ton
aus sie ein, weil er das Veferl kannte und
lieb hatte. Und wenn er fragte und sie Ant-
wort gab, dachte sie immer geschwind: „Und
was ich noch Böses getan - - - und
was noch - - - Und plötzlich stieg es
siedend heiß in ihr auf: „Himmel — Herr-
gott — Sapperment" — — — hat sie
neulich geschrien, der Sepp hat 's gar so
schön herausgebrachk, und da bat sie 's kalt
auch versucht!
Der Pater lächelte: „Ja, daöistschlimm,
mein liebes Kind, aber du wirst es nicht
wieder tun, nicht wahr?"
„G'wiß net, Herr Pater, g'wiß net" be-
teuerte Veferl und die Tränen kugelten
wieder über das runde Gesicht, und in ihrer
Aufregung rieb sie ihre Finger an einan-
der, und diese bekamen plötzlich etwas zu
fasten - - - das war des Paters lan-
ger Bart, der sich zum Gitter binausge-
schoben hatte. Nun war das Veferl daran
gewöhnt ihrer „Docken" (so werden bier
die Puppen genannt) die langen Haar« in
Zöpfe zu flechten und so fing sie eifrig an
die ihr in die Finger gekommenen Haare
-
Gattin: „Du hast ja, wie ich sebe, den Einschreibbrief, den die Post schon beute
vormittag gebracht hat, noch gar nicht geöffnet."
Gatte: „Ist überflüssig. Der Inhalt ist allemal der gleiche, nur immer etwas gröber.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gattin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4325, S. 306
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg