Türrahmen stehen: Der Verbrecher. Noch
hatte jener ihn in der stockdunklen Hütte
nicht erblickt. Aber Fclir sah gegen den
lichten Hintergrund die Silhouette des
Menschen. Sah, wie er in den Taschen
suchte. Wahrscheinlich nach Licht. Fand
keines. Tastete sich in die Hütte. ^
Felir hielt den Atem an. Nur sich nicht
verraten!
Er hörte, wie des Kerls Hand über die
rauhe Tischplatte fuhr. Hörte, wie diese
Hand etwas erfaßte: Streichhölzer . . .
Da taumelte er auf. Nur fort von hier!
Sonst war er verloren. Waffenlos wie er
war, ohne Hilfe in dieser menschenleeren
Wildnis, konnte nur die Flucht retten . . .
Er schlich gegen den Hüttenausgang. Gerade als drinnen ein
Licht ausflammte, hatte Felir das Freie erreicht.
Nun lief er mit bebenden Knien über das Firnfeld hin. Schon
glaubte er sich gerettet; hoffte, daß der Mensch ihn nicht werde ge-
sehen haben. Hielt mit keuchender Lunge im Lause ein. Da hörte er
hinter sich eine heisere Stimme: Hohohoho . . .!
Der Schweiß rann ihm kitzelnd über den Rücken. Weiter! Nur
weiter! Er lief. Der Weg ging sanft bergab, dann um eine Wand
herum. Lief ein Stück geradeaus und bog dann gegen den Gletscher
zu. Wieder blieb Felix stehen. Horchte. Da hörte er schon die schweren
Stiefel des anderen über das Eis knirschen.
Besinnungslos fast lief Felir weiter. In den Gletscher hinein.
Rutschte ab. Kollerte ein paar Meter tief. Fand Halt. Kroch weiter.
Weiter, mit fliegendem Atem. Sah sich um: Der Kerl war hinter
ihm her. Dielt etwas in der erhobene» Hand. Ein
Gewehr. . . Weiter! Weiter! Er stöhnte leise auf.
Biß die Zähne zusammen. Eine Böe verfing sich in
seinem Mantel und zerrte daran. Er glitt aus, griff
ins Leere. Sauste ein Stück auf der Eiswand hin-
unter. Fiel auf Geröll. Warm floß das Blut über
die zerschlagene Hand.
Er konnte doch nimmer weiter. Seine Lunge pfiff
den Atem heraus.
Gebrochen sank er zusammen. Da hörte er die
Stimme: Hohohoho!
Der Kerl hinter ihm her. Ganz nahe sckon. Wie-
der aus! Mit der letzten Kraft! Weiter! Weiter! Bei
jedem Schritt rutschte er tiefer. Felix wußte, wie das
Terrain war: Jetzt der Eishang, dann die unend-
liche Schlucht . . .
Er hoffte nur, daß der Mensch die Verfolgung auf-
geben werde. Aber da hörte er schon wieder die heisere
Stimme: Hohohoho . . .
Krampfig faßte Felir nach einem Riff. Der Stein
bröckelte sich los. Sausend ging es hinunter. . .
Endlich wieder ein Halt. Der letzte. Denn nun
lag die violettschimmerige Tiefe vor ihm . . .
Was nun? Vor ihm der Abgrund. Hinter ihm der
Verfolger, wahrscheinlich schon weißglühend vor Wut
über die lange Verfolgung.
WaS nun?! Was nun!!!
Die Schuldige
„Bei meiner Frau ist alles in den Wind
gesprochen! Seit Monaten predige ich ihr, daß
wir uns in der Lebenshaltung einschränken
müssen - und jetzt habe ich schon wieder drei
Pfund zugenommen!
Da biegt der Kerl schon »m eine Fels-
zacke. Ganz nahe ist er.
Sein Gesicht ist rot und verzerrt vor
Wut. Und er brüllt und schreit.
Keinen Ausweg mehr. Vor ihm der
Tod. Hinter ihm der Mörder, von deffen
Wut er die entsetzlichsten Martern zu er-
warten hat.
Noch zaudert Felix vor dem Sprung in
die unendliche Tiefe. Aber da kommt der
Kerl immer näher. Und brüllt sein hei-
seres, dumpfes Hohohoho . . .
Noch einen Augenblick, der letzte . . .
Und da kommt, gerade als der furcht-
bare Kerl nur noch drei Schritte weit ist,
ein rettender Gedanke . . .
Seine letzte Kraft nimmt Felir zusammen und mit einem ge-
waltigen Sprung, wie ihn nur die Todesangst vermag, springt er
hinüber in den — — —
H.Ungcrsbach (jasgrim ,uaoa uaa ,,lp>chjrA )>g ,IA u,j), '»»>&)
Bildung
„Meine Frau ist derartig gebildet, daß es mich schon anekelt."
„Nanu?" - „Stell dir vor, gestern zu Kolumbus Geburtstag
hat sie mir als Mittageffen nur ein gekochtes Ei vorgesetzt . . .!"
Faul
„Der Arzt hat mir empfohlen, ich soll Holz hacken." — „Das
kann er bei mir, gottseidank, nicht. Wir feuern nämlich nur mit Gas."
„Sie sind schon vierundzwanzig Mal vorbestraft. Was sollen wir denn dies-
mal mit Ihnen machen?"
„Vielleicht eine kleine Jubiläumsfeier, Herr Richter?"
7
hatte jener ihn in der stockdunklen Hütte
nicht erblickt. Aber Fclir sah gegen den
lichten Hintergrund die Silhouette des
Menschen. Sah, wie er in den Taschen
suchte. Wahrscheinlich nach Licht. Fand
keines. Tastete sich in die Hütte. ^
Felir hielt den Atem an. Nur sich nicht
verraten!
Er hörte, wie des Kerls Hand über die
rauhe Tischplatte fuhr. Hörte, wie diese
Hand etwas erfaßte: Streichhölzer . . .
Da taumelte er auf. Nur fort von hier!
Sonst war er verloren. Waffenlos wie er
war, ohne Hilfe in dieser menschenleeren
Wildnis, konnte nur die Flucht retten . . .
Er schlich gegen den Hüttenausgang. Gerade als drinnen ein
Licht ausflammte, hatte Felir das Freie erreicht.
Nun lief er mit bebenden Knien über das Firnfeld hin. Schon
glaubte er sich gerettet; hoffte, daß der Mensch ihn nicht werde ge-
sehen haben. Hielt mit keuchender Lunge im Lause ein. Da hörte er
hinter sich eine heisere Stimme: Hohohoho . . .!
Der Schweiß rann ihm kitzelnd über den Rücken. Weiter! Nur
weiter! Er lief. Der Weg ging sanft bergab, dann um eine Wand
herum. Lief ein Stück geradeaus und bog dann gegen den Gletscher
zu. Wieder blieb Felix stehen. Horchte. Da hörte er schon die schweren
Stiefel des anderen über das Eis knirschen.
Besinnungslos fast lief Felir weiter. In den Gletscher hinein.
Rutschte ab. Kollerte ein paar Meter tief. Fand Halt. Kroch weiter.
Weiter, mit fliegendem Atem. Sah sich um: Der Kerl war hinter
ihm her. Dielt etwas in der erhobene» Hand. Ein
Gewehr. . . Weiter! Weiter! Er stöhnte leise auf.
Biß die Zähne zusammen. Eine Böe verfing sich in
seinem Mantel und zerrte daran. Er glitt aus, griff
ins Leere. Sauste ein Stück auf der Eiswand hin-
unter. Fiel auf Geröll. Warm floß das Blut über
die zerschlagene Hand.
Er konnte doch nimmer weiter. Seine Lunge pfiff
den Atem heraus.
Gebrochen sank er zusammen. Da hörte er die
Stimme: Hohohoho!
Der Kerl hinter ihm her. Ganz nahe sckon. Wie-
der aus! Mit der letzten Kraft! Weiter! Weiter! Bei
jedem Schritt rutschte er tiefer. Felix wußte, wie das
Terrain war: Jetzt der Eishang, dann die unend-
liche Schlucht . . .
Er hoffte nur, daß der Mensch die Verfolgung auf-
geben werde. Aber da hörte er schon wieder die heisere
Stimme: Hohohoho . . .
Krampfig faßte Felir nach einem Riff. Der Stein
bröckelte sich los. Sausend ging es hinunter. . .
Endlich wieder ein Halt. Der letzte. Denn nun
lag die violettschimmerige Tiefe vor ihm . . .
Was nun? Vor ihm der Abgrund. Hinter ihm der
Verfolger, wahrscheinlich schon weißglühend vor Wut
über die lange Verfolgung.
WaS nun?! Was nun!!!
Die Schuldige
„Bei meiner Frau ist alles in den Wind
gesprochen! Seit Monaten predige ich ihr, daß
wir uns in der Lebenshaltung einschränken
müssen - und jetzt habe ich schon wieder drei
Pfund zugenommen!
Da biegt der Kerl schon »m eine Fels-
zacke. Ganz nahe ist er.
Sein Gesicht ist rot und verzerrt vor
Wut. Und er brüllt und schreit.
Keinen Ausweg mehr. Vor ihm der
Tod. Hinter ihm der Mörder, von deffen
Wut er die entsetzlichsten Martern zu er-
warten hat.
Noch zaudert Felix vor dem Sprung in
die unendliche Tiefe. Aber da kommt der
Kerl immer näher. Und brüllt sein hei-
seres, dumpfes Hohohoho . . .
Noch einen Augenblick, der letzte . . .
Und da kommt, gerade als der furcht-
bare Kerl nur noch drei Schritte weit ist,
ein rettender Gedanke . . .
Seine letzte Kraft nimmt Felir zusammen und mit einem ge-
waltigen Sprung, wie ihn nur die Todesangst vermag, springt er
hinüber in den — — —
H.Ungcrsbach (jasgrim ,uaoa uaa ,,lp>chjrA )>g ,IA u,j), '»»>&)
Bildung
„Meine Frau ist derartig gebildet, daß es mich schon anekelt."
„Nanu?" - „Stell dir vor, gestern zu Kolumbus Geburtstag
hat sie mir als Mittageffen nur ein gekochtes Ei vorgesetzt . . .!"
Faul
„Der Arzt hat mir empfohlen, ich soll Holz hacken." — „Das
kann er bei mir, gottseidank, nicht. Wir feuern nämlich nur mit Gas."
„Sie sind schon vierundzwanzig Mal vorbestraft. Was sollen wir denn dies-
mal mit Ihnen machen?"
„Vielleicht eine kleine Jubiläumsfeier, Herr Richter?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Schuldige" "Vorstrafen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 168.1928, Nr. 4326, S. 7
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg