Fliegende Blätter (177.1932 (Nr. 4556-4561) = 88. Jahrg.)

Zeichnung von M. Claus

Das Zimmer und der Ofen
Gäste gekommen, als erwar-
tet werden konnten. Wenn
ich dagegen sage: Es ist zu
wenig Essen da für die Gäste!

— dann sind nur die Leute
gekommen, die kommen soll-
ten, aber ich bin ein schlechter
Wirt und habe nicht für ge-
nügend Essen gesorgt. —

Dein Beispiel gefällt mir
aber nicht. Du willst wohl
darauf anspielen, daß ich das
letzte Mal, als du zu mir
kamst, nur zwei Brötchen
und ein Endchen Wurst auf
dem Tisch hatte. Aber ich
hatte ja nicht gewußt, daß
du kommen würdest, und es
war auch nach sieben Ahr
abends; da war kein Laden
mehr auf. Es ist häßlich von
dir, so anzüglich zu sein."

„Fällt mir ja gar nicht
ein. Du willst jetzt bloß ab-
schweifen,weildu Angst kriegst
vor meinen Beispielen. Ich
habe also gesagt: Das Zim-
mer ist zu groß für den Ofen!

— Ebensogut kann ich sagen:

Das Theater ist zu groß für
die Stimme des Sängers."

„Nein, das kannst du nicht
sagen, das wäre vollkomme-
ner Quatsch. Es muß heißen:

Die Stimme des Sängers
ist zu klein für das Theater.

— Denn die Direktion oder
die Intendanz wird doch
nicht so blödsinnig sein, das
Theater für den Sänger ver-
kleinern zu lassen. Sie wird
den Kerl mit der piepsigen
Stimme eben nicht engagie-
ren und sich einen Sänger
holen, der ordentlich brüllen
kann."

„Das mag sie ja tun,
wen» sie die Gage zahlen
kann. Aber man kann doch
beides sagen. Wenn du nach

Amerika fährst und bist auf ein kleines Schiff gestiegen, und
nachher ist furchtbarer Sturm, und das kleine Schiff schaukelt ganz

entsetzlich-dann wirst du, wenn du auf die riesigen Wogen

schaust, jedenfalls rufen: O weh, o weh - der Atlantik ist zu
groß für das Schiffchen!"

„Nein, das rufe ich nicht. Solch ein Ochse bin ich nicht. Ich
sage: Das Schiff ist für den Atlantik zu klein. — Denn das Meer
ist eben so, wie es ist, und wenn du es als zu groß tadeln woll-
test, dann wäre das eine Frechheit gegen die Schöpfung. Willst
du es etwa kleiner machen? Zur Äälste aussaufen — — mit
deinem großen Maul?"

Wahke geht hieraus nicht ein; er zittert zwar schon vor Wut,
aber er muß noch etwas zur Sache bemerken. „Du versteifst dich
also darauf, daß der Ofen in das Zimmer hineingckommen ist

„Teure Sache! Die erste Steuermarke kostet 50, die zweite 100 und die dritte 150 Mark."
„Bobby bekommt die letzte. Der ist der Dümmste, zahlt also am meisten Steuer."

und deshalb als nicht paffend getadelt werden muß. Schön
ich bringe in einen Käfig einen Löwen. Der Löwe kann sich nicht
mal umdrehen in dem Käfig. Dann soll ich also nach deiner Mei-
nung sagen: Der Löwe paßt nicht für den Käfig. — Das wäre
doch verrückt; jeder vernünftige Mensch wird sagen: Der Käfig
paßt nicht für den Löwen."

Kriegler fährt sich wild ins Laar. „Aber das ist doch ganz
was anderes. Wenn dir in einem Gasthof das Bett zu klein ist,
dann sagst du doch nicht: Ich bin zu lang! Nein, du sagst: Das
Bett ist zu kurz!"

Auf dem Tisch steht der kleine Kaktus, den Kriegler so liebe-
voll für Wahke ausgesucht hat. Watzke zeigt darauf: „Bitte, ich
kann sagen: Der Topf ist zu klein für den Kaktus. - And ebenso
auch: Der Kaktus ist für den Topf zu groß."

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