o
Der änigmatische Mann
Von Curry
Dorette hätte eigentlich abreisen können. Sie fühlte sich erholt,
und es gab nichts, was ihr das kleine Bad noch hätte bieten können.
Sie wurde auch eigentlich zu Lause erwartet, aber sie gab noch einen
Tag zu und dann allerdings noch einen, um noch einmal an der
Bank oben am Waldrand vorbeizugehen. Sie war mit sich selber
böse darüber, aber es zog sie doch.
Nicht als ob sie erwartet hätte, daß sie angesprochen würde, o
nein, das natürlich kam gar nicht in Frage, aber das sonderbare,
das ihn umgab, übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie
aus. And dann war vielleicht auch eine kleine versteckte Eitelkeit da-
bei. Denn so genau hatte sie trotz allem beobachtet, daß sie wußte:
er hatte sich um niemand gekümmert, hatte nur sie jeden Morgen
gegen zehn Ahr, wenn sie an der Bank vorbei ging, tief und ein-
dringend angesehen und sich dann wieder in seine Arbeit vertieft.
War er Zeichner oder Maler, der Skizzen machte, schnelle Skizzen,
wobei man den Block einfach auf die Knie lege» konnte. Doch wohl
nicht I Denn dann hätte er doch einmal den Platz gewechselt.
Nein, das wahrscheinlichste war doch: Schriftsteller. Romanschrift-
steller, jawohl — oder halt. Dichter.
Ob er sich wohl für sie interessierte? Es schien so, es war wahr-
scheinlich. Aber warum war er dann neulich im menschenleeren Bib-
liothekzimmer des Lotels, wo sie beide wohnten, mit einer knappen
Verbeugung an ihr vorbeigegangen? Sie hatte ihm das ein ganz
klein wenig übel genommen.
Dorette ging den ihr nun schon vertrauten Fußweg hinauf,
aber kurz vor der Biegung, hinter der die Bank stand, machte sie
kehrt, sie wußte selbst nicht, warum. Sie zögerte. Amkehren? Nein!
Nun, weshalb war sie also nicht heute mit dem einzigen guten Fern-
zug abgereist? Lächerlich I
Sie ging mißmutig ins Lote! zurück, las in alten Magazinen,
um die Zeit irgendwie herumzubringen. Aber nach einer sehr langen
Zeit, als sie auf die Ahr sah, war es doch erst elf. Da fiel ihr ein,
daß sie in dem Laden an der Lauptstraße, wo es alles gab, ein
paar Geschenke mitnehmen könnte. Langsam stieg sie die Treppe
hinunter. Als sie unten am Billardzimmer vorbei ging, sah sie ihn
drin am Fenster stehen. Sie war noch fünf Schritte von der Portier-
löge entfernt, da schallten hinter ihr auf dem Steinpflaster Tritte.
Sie konnte nicht helfen, sie mußte sich umsehen. Er stieg die Treppe
Zeichnung von I. Mauder
18
Die Elektro-Melkmaschine als Taschentuchersatz
Der änigmatische Mann
Von Curry
Dorette hätte eigentlich abreisen können. Sie fühlte sich erholt,
und es gab nichts, was ihr das kleine Bad noch hätte bieten können.
Sie wurde auch eigentlich zu Lause erwartet, aber sie gab noch einen
Tag zu und dann allerdings noch einen, um noch einmal an der
Bank oben am Waldrand vorbeizugehen. Sie war mit sich selber
böse darüber, aber es zog sie doch.
Nicht als ob sie erwartet hätte, daß sie angesprochen würde, o
nein, das natürlich kam gar nicht in Frage, aber das sonderbare,
das ihn umgab, übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie
aus. And dann war vielleicht auch eine kleine versteckte Eitelkeit da-
bei. Denn so genau hatte sie trotz allem beobachtet, daß sie wußte:
er hatte sich um niemand gekümmert, hatte nur sie jeden Morgen
gegen zehn Ahr, wenn sie an der Bank vorbei ging, tief und ein-
dringend angesehen und sich dann wieder in seine Arbeit vertieft.
War er Zeichner oder Maler, der Skizzen machte, schnelle Skizzen,
wobei man den Block einfach auf die Knie lege» konnte. Doch wohl
nicht I Denn dann hätte er doch einmal den Platz gewechselt.
Nein, das wahrscheinlichste war doch: Schriftsteller. Romanschrift-
steller, jawohl — oder halt. Dichter.
Ob er sich wohl für sie interessierte? Es schien so, es war wahr-
scheinlich. Aber warum war er dann neulich im menschenleeren Bib-
liothekzimmer des Lotels, wo sie beide wohnten, mit einer knappen
Verbeugung an ihr vorbeigegangen? Sie hatte ihm das ein ganz
klein wenig übel genommen.
Dorette ging den ihr nun schon vertrauten Fußweg hinauf,
aber kurz vor der Biegung, hinter der die Bank stand, machte sie
kehrt, sie wußte selbst nicht, warum. Sie zögerte. Amkehren? Nein!
Nun, weshalb war sie also nicht heute mit dem einzigen guten Fern-
zug abgereist? Lächerlich I
Sie ging mißmutig ins Lote! zurück, las in alten Magazinen,
um die Zeit irgendwie herumzubringen. Aber nach einer sehr langen
Zeit, als sie auf die Ahr sah, war es doch erst elf. Da fiel ihr ein,
daß sie in dem Laden an der Lauptstraße, wo es alles gab, ein
paar Geschenke mitnehmen könnte. Langsam stieg sie die Treppe
hinunter. Als sie unten am Billardzimmer vorbei ging, sah sie ihn
drin am Fenster stehen. Sie war noch fünf Schritte von der Portier-
löge entfernt, da schallten hinter ihr auf dem Steinpflaster Tritte.
Sie konnte nicht helfen, sie mußte sich umsehen. Er stieg die Treppe
Zeichnung von I. Mauder
18
Die Elektro-Melkmaschine als Taschentuchersatz
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Elektro-Melkmaschine als Taschentuchersatz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1934
Entstehungsdatum (normiert)
1929 - 1939
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 180.1934, Nr. 4615, S. 18
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg