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Spektakel um ein Fahrrad Von Pet.rn°-ins»n

Ort der Landlung: Berlin NO., ziemlich am Ende der Stadt.
Schauplatz: die „Restauration zum strammen Kater/ Inhaber August
Knobbe. Zeit: II'/, Ahr vormittags an einem schönen Sommertage.

Zn dem kleinen Vorgarten
der kleinen Kneipe sitzt als ein-
ziger Gast beim dritten Glase
Bier ein Mann, der sich zwar
nachher vorstellen, aber dabei
nicht seinen richtigen Namen an-
geben wird, den man auch nie
erfahren wird. Er muß deshalb
der unbekannte Mann heißen. Er
summt schöne, aber vulgäre Me-
lodien vor sich hin und ist an-
scheinend sehr guter Laune. Viel-
leicht hat er ein vorteilhaftes Ge-
schäft gemacht, vielleicht liebt er
glücklich — — auch das wird
man nie erfahren.

Da kommt auf einem Fahr-
rade ein anderer Mann an, der
nachher als seinen Namen Emil
Schnafftitz angeben wird, und
damit hat es auch seine Richtig-
keit. Schnafftitz gelangt von der
Seite, wo eine Lücke in der aus
Kübeln aufgesproßten Lecke ist,
in den Vorgarten und lehnt sein
Rad an die Lausmauer. Da er von
der Seite gekommen ist und nicht
durch den richtigen, vom Innern
des Lokals aus zu überblickenden
Eingang, nimmt er mit Recht an,
daß er lange würde warten können,
bis er bedient wird. Er geht des-
halb gleich in die Kneipe hinein,
wo August Knobbe hinter der
Theke hockt, läßt sich von ihm
eine kleine Weiße einschenken, die
er gleich bezahlt, und trägt sie
selbst in den Vorgarten. So, da
sitzt er nun.

Der unbekannte Mann hat
aufgehört, zu summen. Er sieht
nach Emil Schnafftitz, er blickt
nach dem Fahrrad, und dann ver-
zieht er das Gesicht zu einem
leichten Grinsen. Dieses Grinsen
geht als Folge einer Aeberlegung
178

„Also denn —

allmählich in ein Strahlen über, das auf großes stilles Vergnügen
deutet; es flaut dann ebenso allmählich zu einer Miene völliger
Gleichgültigkeit ab — der unbekannte Mann scheint sich zu beherrschen.

Er trinkt sein Bier aus, steht auf und geht an das Rad heran.
„Famose Karre! Moll janz neu?"

„Iestern jekooft!" erklärt Emil Schnafftitz.

„Iratulierel Ballonreifen sind doch det Wahre, nich'? Und wie
leicht det Ding is'I" Der unbekannte Mann hebt prüfend das Rad
und stellt es dann wieder an die Mauer; aber er schiebt es dabei
etwas zur Seite — so, daß nun das Linterrad zur Lälfte in den
offenen Eingang zum Lokal hineinragt. August Knobbe hinter der
Theke bekommt jetzt erst das Rad zu sehen und nimmt auch wahr,
daß der unbekannte Mann damit hantiert. Der kommt nun zu ihm
in das Lokal. „Wann jibt's bei Ihnen zu essen, Lerr Wirt?"

„Am Zwölfe. Karbenaden, piekfein, und Eisbeen mit Sauerkohl,
aber prima. Ick Hab' immer 'ne Masse Iäste hier aus de Iejend."

„Scheen — werd' ick ooch hier essen. Aber erst um halb Eens;
ich Hab' noch 'ne Besorjung. Ick möchte mein Rad inzwischen hier
stehn laffen. Bockfuß is mein Name."

„Is jut, Lerr Bockfuß; ich werd' uffpaffen."

- - i&t 4*^/

Beruhigung

„Wenn nur der Laken aushält l"

„Sei doch nicht so ängstlich! Da bricht doch eher die Stuhllehne."

uff Wiedersehn, Lerr Wirt!"

„Wiedersehn, Lerr Bockfuß I"

Der unbekannte Mann geht ab; er ver-
schwindet um die nächste Straßenecke, und

dann hat Berlin ihn verschlungen.-

Emil Schnafftitz sitzt noch etwa 20 Minuten
bei seiner kleinen Weißen. Dann ermuntert er
sich: „Na, nu man wieder los!" steht auf und
packt sein Rad. Aber eine halbe Minute später
wird er selber gepackt — von August Knobbe,
der hinter der Theke hervorgeschoffen ist. „Sie
— davon steht nischt drin!" Ihm fehlen noch
weitere Worte.

Emil Schnafftitz versteht das falsch. „Wat
wollen Se denn? Ick habe doch jleich bezahlt."

„Iawoll! 'ne kleene Weiße bezahlen und
det Rad mitnehmen — det wär'n Ieschäft l
Scheibe, Männecken!"

Einige Mittagsgäste, die
sich inzwischen eingefunden ha-
ben, nehmen regen Anteil.
„Schupo holen!" wird ge-
rufen.

Aber August Knobbe
wünscht keine polizeiliche Mit-
wirkung in seinem Lokal. Er
entwindet Schnafftitz das
Rad und stellt sich schützend
davor. „So — nu danzen Se
ab! Aber 'n bißchen dalli!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Beruhigung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Niemeyer-Moxter, E.
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 182.1935, Nr. 4703, S. 178
 
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