Zeichnung von M. Clan»
Vernieur hält sein Eselchen am Lalfter, verneint noch
höflicher und gibt seinerseits das Zeichen, zuerst durch-
zufahren. Jean Montpellier zuckt liebenswürdig mit den
Schultern. „Auf keinen Fall vor Ihnen. S’il vous plait,
Monsieur. Bitte, fahren Sie mit Ihrem Eselchen. Ich
warte."
Bater Vernieur lächelt und fuchtelt verneinend
zurück.
„Nach Ihnen!"
„Aber nicht doch! Nach Ihnen!" mimt Montpellier.
Das alles wird durch eine Flut liebenswürdiger
Gesten ausgedrückt, die kein Ende nehmen wollen. End-
lich große Ratlosigkeit von beiden. Einer muß doch zu-
erst fahren. Aber weder Jean Montpellier, noch Vater
Vernieur wollen dies, denn keiner will seiner Löslichkeit
Abbruch tun. Endlich kommt beiden zugleich eine Er-
leuchtung. Sie grüßen einander noch einmal sehr höflich,
dann fährt Vater Vernieur nach rechts weiter, Mont-
pellier nach links, die enge Gasse bleibt unbefahren.
Beide mußten durch diese Lösung einen riesigen Amweg
machen — wenn nicht Montpellier ein paar Schritte
weiter gehalten hätte und nach dem Verschwinden Vater
Vernieurs flott die enge Gasse durchgefahren wäre
„Ja, Frau Schlenzig, wir gründen nu nächste Woche 'n eignen
„Jratuliere! Gas- oder Spirituskocher?"
Die enge Gaffe
„Du glaubst also, daß ich umkehren werde?"
„Yes, Sir."
„Du willst aus keinen Fall umkehren?"
„No, Sir."
Schweigen. Dann wendet sich der Autofahrer zu seinem Begleiter.
„Wie lange fahren wir schon den Wagen, Ted?"
„Fünf Jahre, Opa."
„Well. Er war gut ausgenützt. Steig aus, mein Junge."
Worauf beide ausstiegen, den Wagen stehen ließen und sich
trollten. Billy Iuvan dachte eine Weile nach, spuckte einmal kräftig,
machte „hüh" zu seinem Pferdchen, fuhr zurück, spannte den Ford
hinter sein Fuhrwerk und rasselte davon. Seit diesem Tage fährt
Billy Iuvan im Auto Gemüse liefern, und sein Pferd-
chen hat im Stall ein friedliches Ableben.
Die Berliner Gasse
„Mensch, drehen Sie doch um! Sie sehn doch, daß
ich hier nicht vorbei kann!"
„Bei Ihnen piept es wohl!"
„Laben Sie denn keene Augen im Kopp? Sie sahen
doch, daß ich hier rein fuhr?"
„Ich war zuerst hier. Lätten Sie gewartet!"
„Lätten Sie doch gewartet, Mensch!"
„Wie ein Mensch heutzutache überhaupt noch mit
nem Pferd fahren kann!"
Ein Lerr mischt sich ein.
„Det is doch hier eine Einbahnstraße!"
„Nee, eben nich, sind ja keine Zeichen anjebracht!"
„Nette Schlamperei, diese enge Gasse nicht als Ein-
bahngasse zu bezeichnen!"
„Also, Mensch, hau ab, fahr zurück!"
„Icke? Als wie ich!"
Ein Schupo schreitet heran. Intervention. Keiner will nachgeben.
Da richtet sich der Schupo stramm und schnarrt: „Wenn keener von
die Lerren umdrehen will, wird der Gaul an Ort und Stelle not-
jeschlachtet und das Auto verschrotet!"
Die Wiener Gasse
In einer engen Gasse ein Knäuel von drängenden, schiebenden
Menschen, geballt um irgend etwas. Immer neue Menschen kommen,
arbeiten sich mit dem Ellbogen vor.
„Is was g'schehn? Was is denn g'schehn? Gehns, Frau, was
is denn g'schehn?"
Die Pariser Gasse
Eine ähnliche Gasse in einer Vorstadt von Paris.
Jean Montpellier ist eben im Begriff, mit seinem
Taxi in die enge Gasse einzubiegen, als er am ande-
ren Ende Vater Vernieur mit seinem Milchwagen
erblickt, vor dem ein Eselchen gespannt ist. Vater
Vernieur will ebenfalls in die Gasse einbiegen. Jean
Montpellier stoppt. Vater Vernieur ebenso. Es ist
klar, daß nur einer durch kann. Der Andere muß
warten.
Der Taxichauffeur steigt ab, salutiert zu Vater
Vernieur am anderen Ende der Gasse und gibt ihm
höflich das Zeichen, zuerst durchzufahren. Vater
296
„Papi, steht das ooch schon in der Zeitung, daß
sie eben unfern Wagen weggestohlen haben!"
Vernieur hält sein Eselchen am Lalfter, verneint noch
höflicher und gibt seinerseits das Zeichen, zuerst durch-
zufahren. Jean Montpellier zuckt liebenswürdig mit den
Schultern. „Auf keinen Fall vor Ihnen. S’il vous plait,
Monsieur. Bitte, fahren Sie mit Ihrem Eselchen. Ich
warte."
Bater Vernieur lächelt und fuchtelt verneinend
zurück.
„Nach Ihnen!"
„Aber nicht doch! Nach Ihnen!" mimt Montpellier.
Das alles wird durch eine Flut liebenswürdiger
Gesten ausgedrückt, die kein Ende nehmen wollen. End-
lich große Ratlosigkeit von beiden. Einer muß doch zu-
erst fahren. Aber weder Jean Montpellier, noch Vater
Vernieur wollen dies, denn keiner will seiner Löslichkeit
Abbruch tun. Endlich kommt beiden zugleich eine Er-
leuchtung. Sie grüßen einander noch einmal sehr höflich,
dann fährt Vater Vernieur nach rechts weiter, Mont-
pellier nach links, die enge Gasse bleibt unbefahren.
Beide mußten durch diese Lösung einen riesigen Amweg
machen — wenn nicht Montpellier ein paar Schritte
weiter gehalten hätte und nach dem Verschwinden Vater
Vernieurs flott die enge Gasse durchgefahren wäre
„Ja, Frau Schlenzig, wir gründen nu nächste Woche 'n eignen
„Jratuliere! Gas- oder Spirituskocher?"
Die enge Gaffe
„Du glaubst also, daß ich umkehren werde?"
„Yes, Sir."
„Du willst aus keinen Fall umkehren?"
„No, Sir."
Schweigen. Dann wendet sich der Autofahrer zu seinem Begleiter.
„Wie lange fahren wir schon den Wagen, Ted?"
„Fünf Jahre, Opa."
„Well. Er war gut ausgenützt. Steig aus, mein Junge."
Worauf beide ausstiegen, den Wagen stehen ließen und sich
trollten. Billy Iuvan dachte eine Weile nach, spuckte einmal kräftig,
machte „hüh" zu seinem Pferdchen, fuhr zurück, spannte den Ford
hinter sein Fuhrwerk und rasselte davon. Seit diesem Tage fährt
Billy Iuvan im Auto Gemüse liefern, und sein Pferd-
chen hat im Stall ein friedliches Ableben.
Die Berliner Gasse
„Mensch, drehen Sie doch um! Sie sehn doch, daß
ich hier nicht vorbei kann!"
„Bei Ihnen piept es wohl!"
„Laben Sie denn keene Augen im Kopp? Sie sahen
doch, daß ich hier rein fuhr?"
„Ich war zuerst hier. Lätten Sie gewartet!"
„Lätten Sie doch gewartet, Mensch!"
„Wie ein Mensch heutzutache überhaupt noch mit
nem Pferd fahren kann!"
Ein Lerr mischt sich ein.
„Det is doch hier eine Einbahnstraße!"
„Nee, eben nich, sind ja keine Zeichen anjebracht!"
„Nette Schlamperei, diese enge Gasse nicht als Ein-
bahngasse zu bezeichnen!"
„Also, Mensch, hau ab, fahr zurück!"
„Icke? Als wie ich!"
Ein Schupo schreitet heran. Intervention. Keiner will nachgeben.
Da richtet sich der Schupo stramm und schnarrt: „Wenn keener von
die Lerren umdrehen will, wird der Gaul an Ort und Stelle not-
jeschlachtet und das Auto verschrotet!"
Die Wiener Gasse
In einer engen Gasse ein Knäuel von drängenden, schiebenden
Menschen, geballt um irgend etwas. Immer neue Menschen kommen,
arbeiten sich mit dem Ellbogen vor.
„Is was g'schehn? Was is denn g'schehn? Gehns, Frau, was
is denn g'schehn?"
Die Pariser Gasse
Eine ähnliche Gasse in einer Vorstadt von Paris.
Jean Montpellier ist eben im Begriff, mit seinem
Taxi in die enge Gasse einzubiegen, als er am ande-
ren Ende Vater Vernieur mit seinem Milchwagen
erblickt, vor dem ein Eselchen gespannt ist. Vater
Vernieur will ebenfalls in die Gasse einbiegen. Jean
Montpellier stoppt. Vater Vernieur ebenso. Es ist
klar, daß nur einer durch kann. Der Andere muß
warten.
Der Taxichauffeur steigt ab, salutiert zu Vater
Vernieur am anderen Ende der Gasse und gibt ihm
höflich das Zeichen, zuerst durchzufahren. Vater
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„Papi, steht das ooch schon in der Zeitung, daß
sie eben unfern Wagen weggestohlen haben!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"'n eignen Herd" "Papi, steht das ooch schon in der Zeitung ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4736, S. 296
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg