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„Sagen Sie mal, Steuermann, was fürchten Sie bei einer Meer-
fahrt am meisten?" — „Passagiere, die solche Fragen stellen."

ÖCtttC Von Peter Robinson

Euler, Grieswurm und Nippel haben mit ihrem Nachmittags-
skat im Kaffeehause aufgehört. Sie habe» keine Lust mehr, noch
eine neue Runde anzufangen, aber es ist auch noch nicht Zeit,
zum Abendbrot nach Lause zu gehen. So hocken sie denn noch
bei einander; die Unterhaltung tut das, was gebildete Leute in
solchem Fall von ihr zu sagen pflegen: sie schleppt sich träge dahin-

Grieswurm schmeißt den wirklich nicht mehr brauchbare» elenden
Rest einer Zigarre in den Aschbecher. Er hat an dem Stummel
herumgekaut und jetzt einen unangenehmen Geschmack im Munde.
Er sucht an sich herum und holt schließlich aus dem Innentäsch-
chen der rechten Rocktasche eine Pfefferminztablekte hervor. Sie
hat dort zwischen drei Zweipfennigstücken, die Grieswurm wohl
von einem Briefmarkenautomaten herausbekommen hat, und einigen
alten Straßenbahnfahrscheinen gesteckt. Grieswurm schiebt sie aber

doch in den Mund-es gibt leider noch so viele Leute, die

sich um die simpelsten Gebote der Lygiene nicht kümmern.

Nun beschäftigt er sich mit den alten Straßenbahnfahrschcinen-
Er glättet sie auf der marmornen Tischplatte. Es sind hübsche
Scheine, rote, grüne und blaue. In manchen Städten, z. B. in
München, werden die Scheine von den Schaffnern rauh durch-
gerissen; in jener Großstadt, die den Vorzug hat, Grieswurm,
Euler und Nippel zu ihren Einwohnern zu zählen, geschieht das
aber nicht. Grieswurm zählt die Scheine: zehn Stück. Dann schiebt

er sie unter den Aschbecher-weg damit! „Daß man die Dinger

immer so lange in der Tasche behält! Jedesmal, wenn ein Kon-

✓ l\ V;,/ / ■(,

„Da kommt man einfach nicht mehr mit!"

trollör kommt, der sich dann mühsam de» richtigen herauspolken muß,
nehme ich mir vor, das nicht mehr zu tun. Aber es bleibt doch dabei."

„Ich mache das nicht," erklärt Nippel. „Man kann dadurch in
eine peinliche Lage kommen. Da reicht man vielleicht dem Kontrollör
eine» alten Fahrschein, und schon ist der Verdacht da, daß man ein
Betrüger ist, daß man schwarz hat fahren wollen."

„Na, so gefährlich ist das nicht; viele Leute haben alte Scheine
in der Tasche," meint Grieswurm. „Es kommt ja auch darauf an,
ob man wie ein Betrüger aussieht." Er denkt sich nichts Schlimmes
bei dieser Bemerkung, aber er piekt doch damit wie mit einem kleinen
Stachel in Nippels Seele, der nun gereizt wird, zu widersprechen.
„Kein Mensch macht das! Es ist bloß eine Eigentümlichkeit von Ihne»,

alten Kram in der Tasche zu haben-und Pfefferminzplätzchen

dazwischen."

Jetzt spürt Grieswurm einen kleinen Stachel — mit dem Linweis auf
das unhygienisch behandelte Pfefferminzplätzchen. „Die allermeisten Leute
machen das!"
wiederholt er.

„Wenn ich jetzt
nach Lause fahre
und in der Stra-
ßenbahndieLeute
darum bitten
würde,höflich bit-
ten — — dann
kriegte ich gleich
ein paar Dutzend
alter Fahrscheine
zusammen."

„Ausgeschlossen!

Drei oder vier
vielleicht — —
von Leuten, die
vor Ihnen aus-
steigen."

„Nein, Dutzen-
de! And wenn ich
dann an einer
Laltestelle, wo
viel ausgestiegen
wird, ein paar
Wagen abwarte

-dann kriege

ich hundert zu-
sammen. And
noch mehr! And
wenn ich mich
dahinter mache,
dann habe ich bis
morgen abend
tausend Stück.

Was gilt die
Wette? Fuffzig
Mark! Morgen
umdieseZeiltrete
ich hier mit tau-
send alten Fahrscheinen an. Also-soll's gelten?"

„Nee, ich wette nicht, wenn ich von vornherein weiß, daß der Partner
unvorsichtig ist; das wäre unmoralisch," erklärt Nippel nicht ohne Würde.
„Aeberlegen Sie doch! Sie können ja an einer Laltestelle gar nicht so
viele Leute um Fahrscheine bitten. Wenn Sie mit dem ersten unter-
handeln, dann gehen doch die ander», die auch ausgestiegen sind, inzwi-
schen weg. Sie können doch nicht schreien: Lalt, hier geblieben! And
ferner — — die aussteigenden Damen kommen schon gar nicht in Be-
tracht. Die würden das doch für freches Anquatschen halten."

„Sie unterschätzen meine Gewandtheit. Ich bin meiner Sache voll-
kommen sicher. And da ich die Wette trotzdem nicht unmoralisch finde,
brauchen Sie auch keine Bedenken zu haben. Abgemacht?"

tFortjeyung Seite 6)

Böser Trost

„And dabei lautet der Wetterbericht: beständig!"

4
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sagen Sie mal, Steuermann ..." "Böser Trost" "Da kommt man einfach nicht mehr mit!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4744, S. 4
 
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