Zeichnung von E. Croissant
Diskretion Ehrensache!
etwas auf ihr Lochgefühl zu drücken vermochte, so
war es einzig und allein das sozusagen bitter-süße
und nicht eigentlich aus Entzückung geborene Lächeln
ihres Gemahls, mit dem er die Silbergraue etwas
zeremoniell, wie ihr schien, in die Arme schloß und
ihre Beteuerung anhörte, daß die umgetauschte
Pelzjacke auch nicht um eine einzige Reichsmark
den ursprünglichen Preis von neunhundert über-
schreite.
Lerr Machendanz konnte somit wenigstens nicht
Mehr lebensgefährdend von dem Brief des übrigens
Mit ihm persönlich bekannten Pelzhändlers Prusius
überrascht werden, der ihm noch vor Neujahr eine
Nachrechnung auf Reichsmark 810 zugehen ließ.
Immerhin verbrachte er aber die nächsten Wochen
in einer Art von Trübsinn oder Melancholie, die
sich jedesmal »och zu vertiefen drohte und dennoch
nur insgeheim, nämlich durch seelische Wallungen,
bekämpft werden durste, so oft er sich gezwungen sah,
an der Seite seiner in Silbergrau doppelt lieb-
reizenden Gattin zu lustwandeln.
Warum? Weshalb? Wieso? Ja-wenn ich
es schon sagen soll: Lerr Machendanz hatte, um den
Weihnachtszauber für die Gattin zu erhöhen, dem
ursprünglich nur aus 60 Reichsmark lautenden
Preisschildchen der Firma Prusius durch An-
hängung einer weiteren Null eine so nachhaltige
Retusche zu verleihen gewußt, daß nicht bloß die
Festfreude der bildhübschen Frau Lotte ins Ange-
messene sich steigerte, sondern er selbst gewisser-
maßen lebenslänglich in der eigenen Verstrickung
sich gefangen hatte. Mit einer Aufzahlung von
810 Reichsmark nämlich, über die der Pelz-
händler Prusius höflich, doch ohne ein Wort
zu verlieren, quittierte, über die aber ich meinen
Bericht nicht schließen möchte ohne die eindring-
lichste Mahnung: Diskretion, nicht wahr, Ehren-
sache! Denn die Verantwortung für eine Bloß-
stellung des edlen Lerrn Machendanz wäre mir
denn doch zu groß.
Q3d Peter Schlorre trudeln
öfter Verwandte ein, die allerlei
Wünsche haben. Einer möchte gern
eine Nacht auf dem Diwan über-
nachten, dem andern ist das Reise-
geld knapp geworden, der dritte
sucht eine Position für seinen
Sohn.
Peter Schlorre hat das nun satt.
Eines Tages wird wieder einer
gemeldet. Peter schickt seine Laus-
dame vor. „
„Wen darf ich melden?"
„Sagen Sie, ein naher Ver-
wandter ist da."
„Und der Name, bitte?"
„Das genügt, ein naher Ver-
wandter — wissen Sie, ich möchte
ihn überraschen."
Die Lausdame geht und kommt zurück.
„.Lerr Schlorre läßt Sie bitten, eine Viertelstunde oder eine halbe
Stunde weit zu gehen-"
„Ja, und dann?"
„Dann möchten Sie ihn eventuell vom nächsten Telephonhäuschen
aus anrufen. Entfernte Verwandte sind Lerrn Schlorre die
liebsten."
Äib Von Io Lanns Röster
Der Lerr stand unschlüssig zwischen den Wagen.
„Wie gefällt Ihnen dieser Wagen, mein Lerr?"
„Ganz nett, aber —"
„Oder das braune Kabriolett?"
„Ich möchte lieber —"
„Der weiße Sportwagen mit Kompressor,?"
„Ich hätte doch gein —"
„Unsere Zwei-Liter-Limusine?"
„Ich weiß nicht recht —"
„Eine Probefahrt wird Sie überzeugen."
„Man könnte es versuchen."
„Bitte — steigen Sie ein."
Der unschlüssige Lerr stieg ein. Die Probefahrt
begann.
Der unschlüssige Lerr hatte schon mit allen
Wagen aller Fabrikate eine Probefahrt gemacht.
Er war gewillt, einen Wagen zu kaufen. Der Entschluß
stand fest. Aber welchen Wagen sollte er wählen?
Alle schienen gleich gut, alle sahen gleich elegant aus,
alle hatten den gleichen geringen Benzinverbrauch,
die gleiche wunderbare Straßenlage, alle versprachen
das Blaue vom Limmel und den Limmel auf Erden.
So verlief eine Probefahrt wie die andere. Es gab
keine Pannen, es gab keine Nebengeräusche; wenn
man wollte, hielt der Wagen, und wenn man wollte,
fuhr der Wagen. And wieder schien die neue Fahrt
den gleichen Verlauf nehmen zu wollen. Der un-
schlüssige Lerr kam von seiner Anschlüssigkeit nicht
los. Er sprach es auch offen aus. Der Werkingenieur
nickte und hielt den Wagen an.
Eine schöne junge Dame stand auf der Straße
und winkte.
„Wollen Sie mich,bitte,mitnehmen?" fragtesie.
„Ist es Ihnen recht?" fragte der Werkinge-
nieur.
Der unschlüssige Lerr nickte diesmal rasch ent-
schlossen.
„Selbstverständlich. Gern."
Die schöne junge Dame stieg ein, lächelte
freundlich und bedankte sich.
„In einem so eleganten Wagen bin ich noch
nie gefahren," sagte sie überrascht,
„ich getraute mich erst kaum. Sie
anzuhalten."
„Warum?" fragte der unschlüs-
sige Lerr verwundert.
„Sie kamen von weitem so
schnell dahergebraust, der Wagen
sieht auf der Straße so groß und
gewaltig aus — die Lerren mit den
Achtzylindern sind nicht immer sehr
gefällig."
„Der Wagen ist ein Vierzy-
linder, meine Dame," bemerkte
sachlich der Werkingenieur, „braucht
nur acht Liter Benzin."
Die schöne junge Dame schüttelte
den Kopf.
„Nein, nein, von Autos verstehe
ich etwas. Bei der großen Geschwindigkeit und der breiten, bequemen
Karosserie braucht er mindestens seine fünfzehn Liter."
Der Werkingenieur sah den Lerrn an.
„Sie können es der Dame bestätigen — Sie haben ja vorhin
selbst den Verbrauch kontrolliert."
Der unschlüssige Lerr bestätigte es. Er tat sogar, als wäre er
stolz auf den fremden Wagen.
21
Diskretion Ehrensache!
etwas auf ihr Lochgefühl zu drücken vermochte, so
war es einzig und allein das sozusagen bitter-süße
und nicht eigentlich aus Entzückung geborene Lächeln
ihres Gemahls, mit dem er die Silbergraue etwas
zeremoniell, wie ihr schien, in die Arme schloß und
ihre Beteuerung anhörte, daß die umgetauschte
Pelzjacke auch nicht um eine einzige Reichsmark
den ursprünglichen Preis von neunhundert über-
schreite.
Lerr Machendanz konnte somit wenigstens nicht
Mehr lebensgefährdend von dem Brief des übrigens
Mit ihm persönlich bekannten Pelzhändlers Prusius
überrascht werden, der ihm noch vor Neujahr eine
Nachrechnung auf Reichsmark 810 zugehen ließ.
Immerhin verbrachte er aber die nächsten Wochen
in einer Art von Trübsinn oder Melancholie, die
sich jedesmal »och zu vertiefen drohte und dennoch
nur insgeheim, nämlich durch seelische Wallungen,
bekämpft werden durste, so oft er sich gezwungen sah,
an der Seite seiner in Silbergrau doppelt lieb-
reizenden Gattin zu lustwandeln.
Warum? Weshalb? Wieso? Ja-wenn ich
es schon sagen soll: Lerr Machendanz hatte, um den
Weihnachtszauber für die Gattin zu erhöhen, dem
ursprünglich nur aus 60 Reichsmark lautenden
Preisschildchen der Firma Prusius durch An-
hängung einer weiteren Null eine so nachhaltige
Retusche zu verleihen gewußt, daß nicht bloß die
Festfreude der bildhübschen Frau Lotte ins Ange-
messene sich steigerte, sondern er selbst gewisser-
maßen lebenslänglich in der eigenen Verstrickung
sich gefangen hatte. Mit einer Aufzahlung von
810 Reichsmark nämlich, über die der Pelz-
händler Prusius höflich, doch ohne ein Wort
zu verlieren, quittierte, über die aber ich meinen
Bericht nicht schließen möchte ohne die eindring-
lichste Mahnung: Diskretion, nicht wahr, Ehren-
sache! Denn die Verantwortung für eine Bloß-
stellung des edlen Lerrn Machendanz wäre mir
denn doch zu groß.
Q3d Peter Schlorre trudeln
öfter Verwandte ein, die allerlei
Wünsche haben. Einer möchte gern
eine Nacht auf dem Diwan über-
nachten, dem andern ist das Reise-
geld knapp geworden, der dritte
sucht eine Position für seinen
Sohn.
Peter Schlorre hat das nun satt.
Eines Tages wird wieder einer
gemeldet. Peter schickt seine Laus-
dame vor. „
„Wen darf ich melden?"
„Sagen Sie, ein naher Ver-
wandter ist da."
„Und der Name, bitte?"
„Das genügt, ein naher Ver-
wandter — wissen Sie, ich möchte
ihn überraschen."
Die Lausdame geht und kommt zurück.
„.Lerr Schlorre läßt Sie bitten, eine Viertelstunde oder eine halbe
Stunde weit zu gehen-"
„Ja, und dann?"
„Dann möchten Sie ihn eventuell vom nächsten Telephonhäuschen
aus anrufen. Entfernte Verwandte sind Lerrn Schlorre die
liebsten."
Äib Von Io Lanns Röster
Der Lerr stand unschlüssig zwischen den Wagen.
„Wie gefällt Ihnen dieser Wagen, mein Lerr?"
„Ganz nett, aber —"
„Oder das braune Kabriolett?"
„Ich möchte lieber —"
„Der weiße Sportwagen mit Kompressor,?"
„Ich hätte doch gein —"
„Unsere Zwei-Liter-Limusine?"
„Ich weiß nicht recht —"
„Eine Probefahrt wird Sie überzeugen."
„Man könnte es versuchen."
„Bitte — steigen Sie ein."
Der unschlüssige Lerr stieg ein. Die Probefahrt
begann.
Der unschlüssige Lerr hatte schon mit allen
Wagen aller Fabrikate eine Probefahrt gemacht.
Er war gewillt, einen Wagen zu kaufen. Der Entschluß
stand fest. Aber welchen Wagen sollte er wählen?
Alle schienen gleich gut, alle sahen gleich elegant aus,
alle hatten den gleichen geringen Benzinverbrauch,
die gleiche wunderbare Straßenlage, alle versprachen
das Blaue vom Limmel und den Limmel auf Erden.
So verlief eine Probefahrt wie die andere. Es gab
keine Pannen, es gab keine Nebengeräusche; wenn
man wollte, hielt der Wagen, und wenn man wollte,
fuhr der Wagen. And wieder schien die neue Fahrt
den gleichen Verlauf nehmen zu wollen. Der un-
schlüssige Lerr kam von seiner Anschlüssigkeit nicht
los. Er sprach es auch offen aus. Der Werkingenieur
nickte und hielt den Wagen an.
Eine schöne junge Dame stand auf der Straße
und winkte.
„Wollen Sie mich,bitte,mitnehmen?" fragtesie.
„Ist es Ihnen recht?" fragte der Werkinge-
nieur.
Der unschlüssige Lerr nickte diesmal rasch ent-
schlossen.
„Selbstverständlich. Gern."
Die schöne junge Dame stieg ein, lächelte
freundlich und bedankte sich.
„In einem so eleganten Wagen bin ich noch
nie gefahren," sagte sie überrascht,
„ich getraute mich erst kaum. Sie
anzuhalten."
„Warum?" fragte der unschlüs-
sige Lerr verwundert.
„Sie kamen von weitem so
schnell dahergebraust, der Wagen
sieht auf der Straße so groß und
gewaltig aus — die Lerren mit den
Achtzylindern sind nicht immer sehr
gefällig."
„Der Wagen ist ein Vierzy-
linder, meine Dame," bemerkte
sachlich der Werkingenieur, „braucht
nur acht Liter Benzin."
Die schöne junge Dame schüttelte
den Kopf.
„Nein, nein, von Autos verstehe
ich etwas. Bei der großen Geschwindigkeit und der breiten, bequemen
Karosserie braucht er mindestens seine fünfzehn Liter."
Der Werkingenieur sah den Lerrn an.
„Sie können es der Dame bestätigen — Sie haben ja vorhin
selbst den Verbrauch kontrolliert."
Der unschlüssige Lerr bestätigte es. Er tat sogar, als wäre er
stolz auf den fremden Wagen.
21
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aus den Wolken kommt das Glück"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4745, S. 21
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg