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Zeichnung von M. Claus

Die Bank vorm Haus

Von Thaddea von Gidlewska

Lans und Erich sind zwei unzertrennliche
Freunde. Lans und Erich haben sich ein ge-
meinsames Weekendhaus gebaut, in dem sie
sich ausnehmend wohl fühlen. Kein Streit,
kein Neid, ein Lerz und eine Seele.

Zu Ostern fuhren sie wieder zusammen
zum erstenmal im Zahr in ihr Weekend-
Haus. Es gab allerhand zu richten, auszu-
beffern, zu hämmern und zu streichen. Erich
rührte die Farbe, Erich fegte die Stuben,
Erich sägte Lolz, Erich schuftete und schwitzte.
Lans hingegen saß auf der Bank vorm
Laus, Lans ließ sich die Sonne auf den
Rücken scheinen, Lans las ein Buch.

„Lans I Mensch I"

Lans blickte sekundenlang vom Buch auf,
nickte mit dem Kopf und las weiter. Erich war
empört, dann aber erhellten sich seine Mienen.

„Was liest du da, Lans?" — „Ein Buch!"

„Wohl sehr interessant?" — „Sehrl"

„Bald fertig?" — „MorgenI"

Am nächsten Morgen ging dasselbeTheater
wieder an. Lans stand spät auf, setzte sich auf

die Bank vorm Laus, nahm sein Buch und
las. Aber heute war Erich nicht empört. Im
Gegenteil, er kam zur Bank geschlendert,
schob sich einen Lolzklotz hinzu und nahm
darauf Platz. Lans las und las.

Erich musterte belustigt den Freund.

„Schönes Wetter heute!" meinte er
endlich. — Lans nickt. Liest weiter.

„Das Buch ist wohl sehr interessant?"

Lans nickt. Aus ihm ist heute keine Silbe
herauszubringen. Sonst bemüht sich Erich
nicht darum, diesmal aber muß er etwas
ganz Besonderes im Schilde führen, denn
er läßt nicht locker.

„Sitzt dugut,Lans?" — „Ausgezeichnet."

Mehr ist aus ihm nicht herauszubringen.

„Aber gestern bist du doch besser gesessen,
Lans?"

Lans blickt vom Buch aus und meint
langsam: „Nein. Ich sitze heute besser."

Dann liest er weiter. Erich rutscht
auf seinem Lolzklotz herum und beißt an
seiner Pfeife, er scheint wie ein Vulkan ge-
laden. Bereits zum dritten Male ist ihm die
Pfeife ausgegangen, was sonst nicht vor-
zukommen pflegt.

„Sag mal, Lans —"

„Ja?"

„Wie mag es wohl sein, wenn man auf
einer frischgestrichenen Bank sitzt?"

Lans sagt, ohne vom Buch aufzusehen:

„Das mag nickt angenehm sein."

„Glaubst du?" gröhlt jetzt Erich los.

Lans nickt: „Besonders, wenn man eine
neue Lose anhat!"

Erich schlägt sich auf die Schenkel vor
Vergnügen.

„Da magst du recht haben," meint Lans
ruhig.

Da kann es Erich nicht länger bei sich
behalten. Er schlägt einen richtigen Purzel-
baum vor Freude im Gras und ruft:

„Du, Lans! Ich habe heute morgen —
die Bank, auf der du sitzt — frisch gestrichen!"

Er tanzt lachend vor Vergnügen um
Lans herum.

Doch Lans blickt wieder kaum vom Buch
auf und meint: „Das weiß ich doch."

„And trotzdem hast du dich auf die noch
nasse Bank gesetzt?"

Lans nickt: „Warum nicht? Ich habe
doch deine neue Lose angezogen!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Gänzlich abgewöhnt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4746, S. 39

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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