Fliegende Blätter (185.1936 (Nr. 4744-4770) = 92. Jahrg.)

Offenherzig „Das Meer macht mich furchtbar melancholisch! Geht es Ihne»
auch so, Fräulein Lotte?"

„Mir nicht, aber Mutti, weil ich immer noch nicht verlobt bin!"

Berlin ohne Polizeistunde

(In den Monaten Juli und August gibt es in Berlin wegen der Olympiade
keine Polizeistunde.)

Die kleinen Städte halten sich
Für die soliden, guten, braven.

Sie sagen stolz: „Nicht lüderlich
Sind wir und gehn um Zehne schlafen.
Und gibt der Mensch ein Stündchen zu,
Mal länger im Lokal zu hocken,
Schickt ihn die Polizei zur Ruh‘
Und läßt ihn still nach Hause socken."

Drum ist die kleine Stadt geneigt,
Die Großstadt anzusehn verächtlich,
Weil der Betrieb da noch nicht schweigt,
Wenn es schon lange mitternächtlich.
Und gar Berlin! Wie da sich doch
Die Leute in der Nacht oft tummeln!
Statt daß er längst ins Bette kroch,
Fängt mancher da erst an zu bummeln.

Und nun? Die Polizei gibt frei
Jetzt ganze zweiundsechzig Nächte.

In dem Lokal die Hockerei
Steht jedem frei, solang* er möchte.
KeinSchupo kommt und fordert: Schluß!

Und das Bedürfnis nur, zu pennen,
Zwingtjetzt den Menschen zum Entschluß,
Sich von dem Kneipensitz zu trennen.

Was der Berliner dazu meint?

Er sagt wohl: „Det kann mir jefallen!
Wie scheen Berlin ooch nachts erscheint,
Det zeijen wir nu jrindlich allen.

Da wundert sich der Fremde hoch,
Kann er so frei sich amesieren.
Betrieb muß sind! Drum werd* ick ooch
Mal so ‘ne janze Nacht riskieren.

Doch det is klar: Die Sache is
For uns Berliner Ehrensache,

Und keener brooche etwa miß
Mit Zicken und besoffnem Krache,

Wat uns de Pollezei so jlatt
Bewillijt hat als Freiheitsjabe!

Berlin sei eene Musterstadt
Und der Berliner Musterknabe!" -on.

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