Der merkwürdige Krankheitsfall
kerngesund. Kopfschüttelnd meinte
die Mutter, daß ihr so ein merk-
würdiger Krankheitsfall noch nicht
vorgekommen wäre. Der Vater
aber führte den Sohn in fein Ar-
beitszimmer, schloß die Tür und
sprach: „Wir wollen die Sache unter
uns Männern bereinigen und da-
rüber schweigen wie das Grab. Auch
wir zwei wollen nicht mehr darüber
sprechen. Wenn du aber nochmals
in meinem Schreibtisch herumkramst
und mir über meinen Likör gehst,
dann verhaue ich dich, daß du die
Engel singen hörst."
Neues von Tante Paula
Von Peter Robinson
Ottomar macht sich neuerdings
in der ganzen Verwandtschaft be-
liebt durch seine wohlgelungenen
Porträts, für die er noch dazu keine
Entlohnung beansprucht. Denn Otto-
mar übt die Kunst der Malerei nicht
beruflich aus, sondern als ein durch
angenehme Lebensstellung gesicherter
Amateur, und ein Amateur darf sich
nicht bezahlen lassen.
Jetzt ist Tante Paula an der
Reihe, und es soll ein besonders schönes Bild werden. Ottomar
muß aber schnell arbeiten, denn für Tageslicht hat er nur die Sonn-
tage zur Verfügung. Tante Paula freut sich, wie flink das geht. Sie
ist auch wißbegierig. „Das machst du also mit Oelfarbe», nicht wahr?"
„Jawohl, Tantchen, das sind Oelfarben."
„Und was ist das für Stoff, worauf du das Bild malst?"
„Das ist Leinwand, Tantchen."
Da lächelt Tante Paula mißtrauisch. „Leinwand? Na, mein
Zunge, wer weiß, was sie dir da als Leinwand verkauft haben!
Da wird wohl die Lälfte Baum-
wolle zwischen sein."
Aebrigens: einige Wochen später
hat sich Ottomar durch Tante Paula
gekränkt gefühlt. Sie hat es aber
nicht böse gemeint, und bei ihrer
Bemerkung hat sie gar nicht an ihn
gedacht.
Irgend jemand hatte über irgend-
was gesagt, das ginge ja über die
Lutschnur. Das hatte Veranlassung
gegeben, nach einer Erklärung dieser
merkwürdigen Redensart zu suchen.
Lat sie etwas mit einer Schnur am
Lut zu tun? Aber nein! berichtete
Fritz, der Primaner. Die Lutschnur
— das war jene Schnur, die in mittel-
alterlichen Feldlagern oder bei länger
dauernden Tagungen im Freien um
das Zelt einer prominenten Per-
sönlichkeit gezogen war; diese hütende
Schnur durste kein Angerufener
überschreiten.
Dadurch kam man auf andere
Redensarten. „Es geht wie ge-
schmiert!" — wo kommt das her?
68
„Warum hat denn Ihr Lund so'n weites Lalsband?"
„Der soll gefälligst die Sachen von seinem Vater auftragenI"
Das Fräulein und die Feuerwehr
„Vor feuersprühenden Blicken Hamm wir vom Löschzug 1
keine Angst, Fräulein!"
Das stammt von den Fuhrleuten:
der Wagen fuhr leichter, wenn die
Achsen ordentlich geschmiert waren.
Run wunderte sich Tante Paula.
„Daran hätte ich nicht gedacht. Ich
meinte immer, das käme von Malern
her oder Schriftstellern."
Der Vetter Waldemar, der seit
!5 Jahren in Brasilien viel Geld
verdient, ist nun wieder zurückge-
fahren — mit dem Zeppelin. Schade,
daß er nicht länger in der alten
Leimat bleiben konnte. Sein Besuch
fiel gerade in eine so ungünstige
Zeit; es war allerhand los bei den
Verwandten: hier war die Grippe,
dort hatte man eine Blinddarmope-
ration, anderwärts war man durch
einen Prozeß in Anspruch genom-
men usw.
„Ach ja!" seufzte Tante Paula.
„And zu mir kam er grade, als ich
große Wäsche hatte."
Begreiflich
Die „Allgemeine Stadtzeitung"
führt eine Spalte „Aerztliche Rat-
schläge". Dort war kürzlich von einem
Abonnenten um die Mitteilung vor
Mitteln gebeten worden, wodurch Tätowierungen wieder beseitigt
werden können. „Es handelt sich," hieß es dann weiter, „um einen
jungen Mann, der auf jedem Arm zwei Jungfrauen trägt. Er möchte
sie jetzt, nach seiner Verheiratung, gern wieder los sein."
Richtigstellung
„Komisch! Den Lehmann scheinen Sie nur deshalb nicht leiden
zu können, weil er Ihnen mal Geld geliehen hat?"
„Ansinn; weil er's wieder haben
will!"
Mißverständnis
„Endlich ist der neue Vorstand
unseres Vereins gebildet!"
„War der früher so ungebildet?"
Das verschwundene Denkmal
„Stand nicht auf diesem Markt-
platz früher Schiller?"
„Kann sein! Womit hat er ge-
handelt?"
Geht schneller
Am Postschalter herrscht großer
Andrang.
„Laben Sie viel zu erledigen?"
fragt Pepusch seinen Vordermann.
„Eine Zwölfermarke brauche ich,"
antwortet der Gefragte.
„Da lassen Sie mich, bitte, vor
Ihnen ran, ich möchte nur eine zu
sechs haben."
kerngesund. Kopfschüttelnd meinte
die Mutter, daß ihr so ein merk-
würdiger Krankheitsfall noch nicht
vorgekommen wäre. Der Vater
aber führte den Sohn in fein Ar-
beitszimmer, schloß die Tür und
sprach: „Wir wollen die Sache unter
uns Männern bereinigen und da-
rüber schweigen wie das Grab. Auch
wir zwei wollen nicht mehr darüber
sprechen. Wenn du aber nochmals
in meinem Schreibtisch herumkramst
und mir über meinen Likör gehst,
dann verhaue ich dich, daß du die
Engel singen hörst."
Neues von Tante Paula
Von Peter Robinson
Ottomar macht sich neuerdings
in der ganzen Verwandtschaft be-
liebt durch seine wohlgelungenen
Porträts, für die er noch dazu keine
Entlohnung beansprucht. Denn Otto-
mar übt die Kunst der Malerei nicht
beruflich aus, sondern als ein durch
angenehme Lebensstellung gesicherter
Amateur, und ein Amateur darf sich
nicht bezahlen lassen.
Jetzt ist Tante Paula an der
Reihe, und es soll ein besonders schönes Bild werden. Ottomar
muß aber schnell arbeiten, denn für Tageslicht hat er nur die Sonn-
tage zur Verfügung. Tante Paula freut sich, wie flink das geht. Sie
ist auch wißbegierig. „Das machst du also mit Oelfarbe», nicht wahr?"
„Jawohl, Tantchen, das sind Oelfarben."
„Und was ist das für Stoff, worauf du das Bild malst?"
„Das ist Leinwand, Tantchen."
Da lächelt Tante Paula mißtrauisch. „Leinwand? Na, mein
Zunge, wer weiß, was sie dir da als Leinwand verkauft haben!
Da wird wohl die Lälfte Baum-
wolle zwischen sein."
Aebrigens: einige Wochen später
hat sich Ottomar durch Tante Paula
gekränkt gefühlt. Sie hat es aber
nicht böse gemeint, und bei ihrer
Bemerkung hat sie gar nicht an ihn
gedacht.
Irgend jemand hatte über irgend-
was gesagt, das ginge ja über die
Lutschnur. Das hatte Veranlassung
gegeben, nach einer Erklärung dieser
merkwürdigen Redensart zu suchen.
Lat sie etwas mit einer Schnur am
Lut zu tun? Aber nein! berichtete
Fritz, der Primaner. Die Lutschnur
— das war jene Schnur, die in mittel-
alterlichen Feldlagern oder bei länger
dauernden Tagungen im Freien um
das Zelt einer prominenten Per-
sönlichkeit gezogen war; diese hütende
Schnur durste kein Angerufener
überschreiten.
Dadurch kam man auf andere
Redensarten. „Es geht wie ge-
schmiert!" — wo kommt das her?
68
„Warum hat denn Ihr Lund so'n weites Lalsband?"
„Der soll gefälligst die Sachen von seinem Vater auftragenI"
Das Fräulein und die Feuerwehr
„Vor feuersprühenden Blicken Hamm wir vom Löschzug 1
keine Angst, Fräulein!"
Das stammt von den Fuhrleuten:
der Wagen fuhr leichter, wenn die
Achsen ordentlich geschmiert waren.
Run wunderte sich Tante Paula.
„Daran hätte ich nicht gedacht. Ich
meinte immer, das käme von Malern
her oder Schriftstellern."
Der Vetter Waldemar, der seit
!5 Jahren in Brasilien viel Geld
verdient, ist nun wieder zurückge-
fahren — mit dem Zeppelin. Schade,
daß er nicht länger in der alten
Leimat bleiben konnte. Sein Besuch
fiel gerade in eine so ungünstige
Zeit; es war allerhand los bei den
Verwandten: hier war die Grippe,
dort hatte man eine Blinddarmope-
ration, anderwärts war man durch
einen Prozeß in Anspruch genom-
men usw.
„Ach ja!" seufzte Tante Paula.
„And zu mir kam er grade, als ich
große Wäsche hatte."
Begreiflich
Die „Allgemeine Stadtzeitung"
führt eine Spalte „Aerztliche Rat-
schläge". Dort war kürzlich von einem
Abonnenten um die Mitteilung vor
Mitteln gebeten worden, wodurch Tätowierungen wieder beseitigt
werden können. „Es handelt sich," hieß es dann weiter, „um einen
jungen Mann, der auf jedem Arm zwei Jungfrauen trägt. Er möchte
sie jetzt, nach seiner Verheiratung, gern wieder los sein."
Richtigstellung
„Komisch! Den Lehmann scheinen Sie nur deshalb nicht leiden
zu können, weil er Ihnen mal Geld geliehen hat?"
„Ansinn; weil er's wieder haben
will!"
Mißverständnis
„Endlich ist der neue Vorstand
unseres Vereins gebildet!"
„War der früher so ungebildet?"
Das verschwundene Denkmal
„Stand nicht auf diesem Markt-
platz früher Schiller?"
„Kann sein! Womit hat er ge-
handelt?"
Geht schneller
Am Postschalter herrscht großer
Andrang.
„Laben Sie viel zu erledigen?"
fragt Pepusch seinen Vordermann.
„Eine Zwölfermarke brauche ich,"
antwortet der Gefragte.
„Da lassen Sie mich, bitte, vor
Ihnen ran, ich möchte nur eine zu
sechs haben."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Auftragen" "Das Fräulein und die Feuerwehr"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4748, S. 68
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg