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Kleine Feriengeschichten V°» -v-c-r R°btns°»
Zuflucht
Wobbes sind ans Kurische Lass gefahren. Dort auf der Nehrung
zwischen den gewaltigen Dünen, den größten Europas, liegt die
seltsame nordische Wüste. Da wandert man nach der Toten Düne,
nach dem-aber nein, greifen wir nicht vorl
Wobbes sind also gestern in Nidden angekommen und früh
schlafen gegangen. Jetzt sitzen sie bei Blöde beim Frühstück. Frau
Wobbe ist dann immer sehr gesprächig, aber der Gatte ist, wie viele
Männer am Morgen, zu einer Unterhaltung nicht aufgelegt. Frau
Wobbe redet von der Reise, die umständlich war, und zufälligen Reise-
genoffen, die teils nett,
teils gräßlich waren;
sie redet davon, wie es Zeichnung von M. Claus
jetzt wohl zu Lause aus-
sehen mag, ob die Laus-
meisterin wohl die Blu-
men begießt und die
Semmeln beim Bäcker,
was man vergessen
hatte, auch abbestellt
hat; sie redet von den
Nachbarn, wo Meiers
wohl hingefahren sein
mögen,und ob Depplers
sich wieder vertragen ha-
ben — — sie redet und
redet, und Wobbe sitzt
stillergeben daundkriegt
allmählich Kopfweh.
So — jetzt ist man
mit dem Frühstück fer-
tig. Was wird man nun
unternehmen?
Da Frau Wobbe diese
Frage mit ziemlich lau-
ter Stimme aufgewor-
fen hat, gestattet sich
der fremde Lerr am
Nebentisch eine Anre-
gung. „Zuerst sollten die
Lerrschaften doch nach
der Toten Düne gehen
oder nach dem Tal des
Schweigens oder-"
Da springt Wobbe
auf. „Tal des Schwei-
gens? Dagehenwir hin,
Lermine — da gehen
wir gleich hin!"
Natürliche Unterkunft
„Ein stilles, kleines Zimmer!" wünscht der Lerr, dem man ein
etwas eigentümliches Aeußere nicht absprechen kann.
„Mit Verpflegung, nicht wahr?" meint der Oberkellner des
„Schwarzen Schwans". Denn der „Schwarze Schwan" ist als einer
der besseren Gasthöfe eines angenehmen Luftkurorts eigentlich mehr
ein Fremdenheim für Kurgäste.
„O nein — ohne Verpflegung!" erklärt der Lerr. „Ohne alle
Verpflegung, sogar ohne Frühstück. Ich genieße nur Rohkost, und
die besorge ich mir selbst."
Der Oberkellner ist dem Fall nicht gewachsen, er holt den Wirt
herbei. „Der Lerr wünscht lediglich ein Zimmer; er hat seine
eigene Rohkost."
„Jawohl, ich bin näm-
lich Naturmensch. Nur
eine Stätte zum Schla-
fen brauche ich."
Der Wirt ist abge-
neigt. „Naturmensch?
Ja, dann werde ich
Ihnen eine Decke geben,
und Sie können im Gar-
ten auf dem Rasen
schlafen."
Grenzen der Suggestion
„Sie haben in der Küche einen Braten auf dem Feuer. Sie haben nicht aufgepaßt —
der Braten ist angebrannt. Riechen Sie es?" — „Nee, ich Hab' 'nen Schnupfen!"
Ersparnis
Rudolf und Else
Kampfer, die jungen
Eheleute, besuchen Ost-
preußen. Das ist sehr
lohnend, und außerdem
wird man ja dringend
dazu eingeladen.
Jetzt fahren sie von
Elbing in das Oberland,
zu Schiff.Erst geht es den
Elbingfluß hinauf, dann
durch den Drausensee,
durch die kanalisierte
Kleppine und dann bei
dem Orte mit dem schö-
nen Namen Neu-Kuß-
feld-ja, da fährt
das Schiff nicht selber
weiter, da wird es ge-
fahren, nämlich über
Land. Erst geht es hinauf
und dann hinunter und
schließlich wieder ins
Wasser. «Forts- S. 100)
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Kleine Feriengeschichten V°» -v-c-r R°btns°»
Zuflucht
Wobbes sind ans Kurische Lass gefahren. Dort auf der Nehrung
zwischen den gewaltigen Dünen, den größten Europas, liegt die
seltsame nordische Wüste. Da wandert man nach der Toten Düne,
nach dem-aber nein, greifen wir nicht vorl
Wobbes sind also gestern in Nidden angekommen und früh
schlafen gegangen. Jetzt sitzen sie bei Blöde beim Frühstück. Frau
Wobbe ist dann immer sehr gesprächig, aber der Gatte ist, wie viele
Männer am Morgen, zu einer Unterhaltung nicht aufgelegt. Frau
Wobbe redet von der Reise, die umständlich war, und zufälligen Reise-
genoffen, die teils nett,
teils gräßlich waren;
sie redet davon, wie es Zeichnung von M. Claus
jetzt wohl zu Lause aus-
sehen mag, ob die Laus-
meisterin wohl die Blu-
men begießt und die
Semmeln beim Bäcker,
was man vergessen
hatte, auch abbestellt
hat; sie redet von den
Nachbarn, wo Meiers
wohl hingefahren sein
mögen,und ob Depplers
sich wieder vertragen ha-
ben — — sie redet und
redet, und Wobbe sitzt
stillergeben daundkriegt
allmählich Kopfweh.
So — jetzt ist man
mit dem Frühstück fer-
tig. Was wird man nun
unternehmen?
Da Frau Wobbe diese
Frage mit ziemlich lau-
ter Stimme aufgewor-
fen hat, gestattet sich
der fremde Lerr am
Nebentisch eine Anre-
gung. „Zuerst sollten die
Lerrschaften doch nach
der Toten Düne gehen
oder nach dem Tal des
Schweigens oder-"
Da springt Wobbe
auf. „Tal des Schwei-
gens? Dagehenwir hin,
Lermine — da gehen
wir gleich hin!"
Natürliche Unterkunft
„Ein stilles, kleines Zimmer!" wünscht der Lerr, dem man ein
etwas eigentümliches Aeußere nicht absprechen kann.
„Mit Verpflegung, nicht wahr?" meint der Oberkellner des
„Schwarzen Schwans". Denn der „Schwarze Schwan" ist als einer
der besseren Gasthöfe eines angenehmen Luftkurorts eigentlich mehr
ein Fremdenheim für Kurgäste.
„O nein — ohne Verpflegung!" erklärt der Lerr. „Ohne alle
Verpflegung, sogar ohne Frühstück. Ich genieße nur Rohkost, und
die besorge ich mir selbst."
Der Oberkellner ist dem Fall nicht gewachsen, er holt den Wirt
herbei. „Der Lerr wünscht lediglich ein Zimmer; er hat seine
eigene Rohkost."
„Jawohl, ich bin näm-
lich Naturmensch. Nur
eine Stätte zum Schla-
fen brauche ich."
Der Wirt ist abge-
neigt. „Naturmensch?
Ja, dann werde ich
Ihnen eine Decke geben,
und Sie können im Gar-
ten auf dem Rasen
schlafen."
Grenzen der Suggestion
„Sie haben in der Küche einen Braten auf dem Feuer. Sie haben nicht aufgepaßt —
der Braten ist angebrannt. Riechen Sie es?" — „Nee, ich Hab' 'nen Schnupfen!"
Ersparnis
Rudolf und Else
Kampfer, die jungen
Eheleute, besuchen Ost-
preußen. Das ist sehr
lohnend, und außerdem
wird man ja dringend
dazu eingeladen.
Jetzt fahren sie von
Elbing in das Oberland,
zu Schiff.Erst geht es den
Elbingfluß hinauf, dann
durch den Drausensee,
durch die kanalisierte
Kleppine und dann bei
dem Orte mit dem schö-
nen Namen Neu-Kuß-
feld-ja, da fährt
das Schiff nicht selber
weiter, da wird es ge-
fahren, nämlich über
Land. Erst geht es hinauf
und dann hinunter und
schließlich wieder ins
Wasser. «Forts- S. 100)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Grenzen der Suggestion"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4750, S. 98
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg