Fliegende Blätter (185.1936 (Nr. 4744-4770) = 92. Jahrg.)

Weiblicher Scharfsinn

nahmen und sie dann erst auf den Aschen-
becher legten, während Irma die ihre
in der Land behielt."

„Donnerwetter, das stimmt!" rief
der Doktor begeistert aus. „Ich be-
wundere Ihren Scharfsinn, gnädige Frau,
der schon an Leüsichtigkeit grenzt. Ich
muß gestehen, kein Kriminalbeamter
der Welt hätte aus diesem ins Tisch-
tuch gebrannten Loch so verblüffend
richtige Schlußfolgerungen zu ziehen
vermocht!"

„Doch!" entgegnete Frau Müller
bescheiden. „Er hätte nur durchs Schlüs-
selloch zu schauen gebraucht!"

Äas kommt so mit dem Alter:

Frau Grapentien hat sich nun doch eine
Brille «»schaffen müssen. Aber Albert
Grapentien, der früher immer eine Weit-
brille getragen hat, kann jetzt gerade
darauf verzichten. „Merkwürdig!" meint
er, „ich bin ganz froh, Emma, daß ich

nicht auch eine Nahbrille brauche; mit dem Alter sind meine Augen
grade recht geworden."

„Nun ja, Albert, du warst doch kurzsichtig, als wir heirateten."

Garantie

Leute bekommt man auf alles Garantie.

Auf Autos ein Jahr. — Auf Radios zwei Jahre.

Auf Eisschränke drei Jahre.

Malwine ließ sich porträtieren.

„Garantieren Sie mir auch die Aehnlichkeit, Lerr Professor?"
„Ich garantiere." — „Auf wieviel Jahre?"

„Gut zudeckcn, Kinder, es könnten Sternschnuppen fallen!"

„Ä)eil Sie nicht selber kommen konnten, haben Sie uns gestern
Ihren Vetter zum Skat geschickt, Lerr Dippelfing. Ich muß aber
sagen: kein sehr angenehmer Lerr. Als er etwas im Verlust war,
wurde er unerträglich. And Sie sagten doch, daß er nur zum Ver-
gnügen spiele."

„Freilich-es macht ihm nur Vergnügen, wenn er gewinnt."

Die Kehrseite

„Sie haben Glück, Frau Mulack, daß Ihr Zimmerherr Geschäfts-
reisender ist. Da werden doch die Sachen geschont, wenn der Mann
so oft aus Reisen ist." — „Ach ja — — aber leider ist er gewöhn-
lich am Ersten am weitesten weg."

Begabung

Osing ist ein weltentlegenes Gebirgsdorf, Lerr Gruber ist der
Lehrer dort und Toni ein Lolzknecht.

Der kam unlängst zum Lehrer, setzte sich neben das offene Klavier
und brachte sein Anliegen vor. Dabei streifte er aus Versehen über
ein paar Tasten, so daß mehrere Töne erklangen.

„Ah, da schau," sagte der Lehrer heiter, „kannst du auch
Klavier spielen?"

Darauf der Toni freudig überrascht: „Io, grad siech i, daß i's aa ko!"

„Als ideale Sommerfrische hat sich Ihr Ort empfohlen-

ich bin enttäuscht." — „Dös hat unser Schullehrer auch gesagt:
wenn einer sein Ideal kennen lernt, nachher ist er enttäuscht."

Tradition

Lerr Luber führt seinen nicht sonderlich großen, jungen Lund
spazieren, der ein Lalsband trägt, das für einen großen Lund gerade
recht wäre, für den jungen Köter aber nicht paßt.

„Ja, warum denn," fragt ein Bekannter den Lerrn Luber, „ein
solches Riesenhalsband für einen jungen Lund?"

„Ja," sagt der Lerr Luber, „der soll nur gefälligst die Sachen
von seinem Vater auftragen. Ich hab's seinerzeit auch so machen
müssen."

Äer in weitesten Kreisen unbekannte Dramatiker Brunnenfisch
schickte dem berühmten Dichter ein Drama. Er schrieb dazu:

„. . . und selbst, wenn Sie finden sollten, daß mein Werk nichts
taugt, so bitte ich Sie, mir das zu sagen. Von einem Manne wie
Ihnen adelt selbst die allerherbste Kritik. Ihr ergebener Brunnenfisch."

Zwei Tage später kam ein Paketchen mit der Post. Es enthielt
nichts als das Manuskript, ohne jedes Begleitschreiben.

Verdutzt musterte der Dichter den Amschlag. Da stand als
Adreffe: Lerrn von Brunnenfisch — Lier.

Das Gleiche

Kleehahn schreibt Kurzgeschichten. Davon will er leben.

Sein Vetter Bockelberg betreibt eine ärztliche Praxis. Davon
will er auch leben.

Kleehahn klagt dem Vetter: „Es ist ein schweres Leben! Meine
Geschichten sind ja schnell geschrieben, aber es dauert so lange, bis
ich fie bezahlt kriege."

Der Arzt seufzt. „Grade so ist das mit meinen Rechnungen."

167