Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeichnung von M. Bauer

Polderjahn erkundet einen Weg

„Er kanns nicht abwarten — er will durchaus seinen

neuen Fensterplatz ausprobieren."

Sein größtes Glück

Ein Bettler zog mit seiner Drehorgel durch unsern Markt, blieb
da und dort vor einem Laus stehen und spielte auf seinem Leier-
kasten ein paar Gassenhauer herunter. Lernach sammelte er mit
dem Lut in der Land die Gaben ein. Mitfühlend erkundigte sich
eine Frau, wie es ihm denn so gehe.

„Ja, mei Frau," sagte der Bettelmusikant, „mir gang 's ganz
miserabi, wenn i net a Musi glernt hält. Dös is mei größts Glück."

bn die Apotheke trat ein neuer Provisor ein. Er besah den
Laden von oben bis unten. Vor einer großen, grauen Flasche blieb
er stehen. „Was ist denn in dieser Flasche?"

Der Apotheker antwortete:

„Ich weiß nicht — sie ist noch von meinem Vorbesitzer — ich
nehme sie immer, wenn ich auf einem Rezept etwas nicht lesen kann."

^inokel dreht Pillen. Spezialpillen Santissima. Diese Pillen
helfen gegen Schnupfen, gegen Lartleib, gegen Fieber, gegen Blut-
armut, gegen Blutandrang, gegen Schlaflosigkeit, gegen Müdigkeit,
gegen Sonnenbrand, gegen Mückenstiche, gegen Lühneraugen und
gegen Laarausfall. So steht es wenigstens im Prospekt, in dem
Pinokel seine Spezialpillen anpreist.

Ein Fachmann fragte: „Wie machen Sie die Pillen?"

„Die Lülle ist reiner Kakao — in das Innere kommt die Medizin."

„Was wird dabei hineingelegt?" Pinokel flüsterte: „Die Käufer."

„Dafür bin ich nich' angestelltl Was geht mich
das an, wo Sie hier 'rumstrolchen wollen!"

Jetzt wollte es Polderjahn versuchen. „Ich bitte

Sie, lieber Mann-"

Den Schofför hatte der Postagent angesehen, als
wollte er ihn beißen. Jetzt schaute er auf Polder'
jahn, als wollte er ihn fressen. „Der Deiwel is Ihr
lieber Mann!"

Polderjahn fühlte sich gekränkt und das mit
Recht. Aber er zeigte es nicht. „Das mag ja sein,
aber da der Deiwel leider grade nicht hier ist, haben
wir uns an Sie gewendet. Vielleicht haben Sie also
doch die außerordentliche Güte, uns über den Weg
nach Klein-Pöttchendorp Bescheid zu sagen."

Der Mann sagte gar nichts mehr. Er drehte sich
um und begab sich ins Laus. Dann allerdings hörte

man einige Flüche.-

Run, man hatte ja Zeit; es war immer noch
zwei Stunden vor Mittag. Polderjahn ging mit
dem Schofför über die Straße ins Wirtshaus und
bestellte erst einmal Bier. Dann erkundigte er sich
bei dem Gastwirt. „Der Postagent da drüben ist ja
ein merkwürdiger Mann. Wir wollten von ihm den
Weg nach Klein-Pöttchendorp wissen, und da ist er
grob geworden. Ist er immer so?"

„Ach nee — bloß, weil Sie mit 'nem Auto ge-
kommen sind. Leute, die Auto fahren, kann er nicht
mehr ausstehn. Er ist neulich verknackst worden,
weil seinetwegen ein Auto gegen 'nen Baum fuhr.

Er fuhr auf 'm Rad, aber auf der falschen Seite."

Polderjahn merkte auf. „Aha, er fährt Rad!

Wohl manchmal im Dienst?"

„Ra ja, wenn hier ein Telegramm zu besorgen
ist oder ein Eilbrief."

„And das muß er immer selbst machen?"

„Ra ja-is doch kein andrer da. Aufs Ge-

schäft und den Postschalter paßt dann die Frau auf.

Aber Sie wollten doch den Weg nach Klein-Pött-
chendorp wissen. Da müssen Sie also zuerst-“

„Rein — danke, Lerr Wirt!" wehrte Polder-
jahn ab. „Aber könnten Sie mir einen Briefumschlag geben?"

Das konnte der Wirt. Polderjahn legte eine Visitenkarte in den
Amschlag, klebte zu und schrieb die Adresse: „Lerrn Gutsbesitzer
Tobias Kluck, Klein-Pöttchendorp, Post Riebelswalde." And dazu,
dick unterstrichen: „Durch Eilboten zu bestellen!" Dann schickte er
den Brief durch das mit einem Markstück — „der Rest ist für
Bonbons, mein Kind!" — ausgerüstete kleine Mädchen des Gast-
wirts hinüber an den Postschalter, —

Zehn Minuten später fuhr ein Radfahrer, der so wild auf die
Pedale trat, als wollte er die ganze Welt zertrampeln, aus Riebels-
walde nach Klein-Pöttchendorp zu. And der alte Polderjahn ließ
sich behaglich im Auto hinterherfahren und war ganz ungemein
vergnügt.

Der Arzt fühlte den Puls. „Er geht heute aber sehr, sehr
langsam," sagte er betrübt.

„Ist das schlimm?"

„Für Sie weniger," antwortete der Arzt, „aber für mich. Ich
habe nämlich heute wenig Zeit."

Der Friedensstifter

Richter: „Die andern Raufenden haben sich wenigstens nur mit
Fäusten bearbeitet. Aber Sie haben sich zum Zuschlägen sogar eines
Stuhlbeines bedient!"

Angeklagter: „Ja, allerdings; aber ich Hab halt auch Frieden
gestiftet, Lerr Richter."

231
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Er kanns nicht abwarten - er will durchaus seinen neuen Fensterplatz ausprobieren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4758, S. 231
 
Annotationen