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„Woran denkst du eigentlich, Trude?"

„Aha — du bist wohl eifersüchtig — wegen Paul!"

Bericht über eine neue Wissenschaft

Von Peter Robinson

Der Rechnungsrat Jakob Zickmantel — er ist Postsekretär im
wohlverdienten Ruhestande, in den er mit dem Titel Rechnungsrat
entlasten wurde — hat mich kürzlich besucht, um mir eine von ihm
erfundene neue Art der Schicksalsdeutung und Aufdeckung wichtiger
Zusammenhänge bei menschlichen Beziehungen und Unternehmungen
zu erklären. Es handelt sich dabei allerdings, wie er selbst zugibt,
um eine in den ersten Kinderschuhen steckende Wissenschaft; sie scheint
ihm aber wert, tüchtig anfgepäppelt zu werden, daß sie wachsen und
gedeihen möge. Da dies das Interesse weiterer Kreise voraussetzt,
hat er mich gebeten, seine Ausführungen der Oeffcntlichkeit zu über-
geben. Ich entledige mich dieses Auftrags hiermit, indem ich einfach
über Zickmantels Besuch berichte. Alle gegen seine Theorie sehr mög-
licherweise vorzubringenden Einwände gehen also nicht mich, sondern
nur den Rechnungsrat Jakob Zickmantel an, mit dem man sich ge-
gebenenfalls in Verbindung setzen möge.

Zickmantel brachte einige Notizblätter und einen Bleistift mit;
mit einiger Feierlichkeit legte er dazu ein Kärtchen, auf dem die
26 Buchstaben des Alphabets — also auch das J — in schöner Rund-
schrift standen und daneben die ihrer Reihenfolge entsprechenden
Zahlen. „Das ist die Basis meiner Operationen," erklärte er. „Sie
ist aber mehr für Sie bestimmt; ich habe das Alphabet mit den
Zahlen nicht mehr nötig, denn nach längerer Beschäftigung damit
habe ich das jetzt natürlich fest im Kopf; ich weiß, daß O der 15. Buch-
stabe ist, U der 21. und so weiter. Aber nun hören Sie, bitte, genau zu!

Die Pythagoräer haben, wie Sie wissen werden, die Zahl für
das Wesen der Dinge erklärt. Mag das auch etwas mystisch klingen,
und ist uns auch nichts völlig Sicheres über den Sinn der pythago-
räischen Zahlenlehre überliefert, so muß doch zugegeben werden, daß
in der Natur bestimmte Gesetze walten, und daß diese Gesetze in
Maß und Zahl dargestellt werden können. Ich brauche ja nur darauf
hin zu weisen, eine wie große Rolle die Zahlen in der Physik spielen —
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nicht wahr? Persönlich möchte ich noch bemerken, daß ich in meiner
früheren Stellung bei der Post ja auch besonders viel mit Zahlen
zu tun gehabt habe. Dazu kommt, daß wie den Pythagoräer»
auch mir der Genuß von Bohnen durchaus verhaßt ist; ich kriege
gewöhnlich Bauchschmerzen danach. And doch muß ich sie manch-
mal essen, denn meine Frau schätzt sie und bringt sie gern auf
den Tisch, wobei sie dann darauf besteht, daß ich auch zugreife.
Lalten Sie mich nicht für albern, daß ich diese scheinbar belang-
lose Sache anführe; Sie werden schon noch sehen, daß sie von
Wichtigkeit ist.

Gut, über die Bedeutung der Zahlen sind wir uns also im
klaren, und so ist auch die Vermutung wohl begründet, daß sie
für das Schicksal des einzelnen Menschen von Einfluß sein müssen.
Was aber ist ferner noch von Einfluß auf das Schicksal des
Menschen? Sein Name, sicherlich sein Name, sowohl der Zuname
wie auch ganz besonders der Vorname. Wenn Napoleon Bona-
parte meinen Namen gehabt hätte, also etwa Jacques Zickmantel,
dann wäre er jedenfalls nicht Kaiser der Franzosen geworden,
sondern auch nur Postsekretär, aber bei der französischen Post.
Daß unbewußt die schicksalhafte Bedeutung des Vornamens ge-
ahnt wird, beweist ja schon der Amstand, daß viele Eltern lange
überlegen, welchen Namen sie einem Kinde geben sollen. And der
Dichter sagt: Denn ob der Nam' den Menschen macht, ob sich
der Mensch den Namen — das ist, weshalb mir oft, mein Freund,
bescheidne Zweifel kamen."

Mich freute dieses Zitat, das ich dem Rechnungsrat Zickman-
tel gar nicht zugetraut hätte. Er merkte mir das an und nahm
es für Einverständnis mit seinen Ausführungen. „Sehr gut! Ich
brauche also weiter nicht zu erklären; wir sind uns einig: der Name
wirkt auf das Geschick, und die Zahlen sind gleichfalls mit dem
Lose des Menschen verknüpft. Was liegt nun näher, als eine Ver-
bindung zwischen beiden zu suchen, zwischen Namen und Zahlen?
Ich habe sie hergestellt und damit, wie zu glauben ich vermessen
genug bin, den Grund gelegt zu einer der Schicksalsdeutung dienen-
den Wissenschaft, die ich Numerologie nennen möchte. Die Nume-
rologie, das ist mein kühner Traum, wird die Landlesekunst in

Der alte Hut „Ich muß ihn holen, ehe er versinkt!"

„Keine Sorge — Fett schwimmt doch oben."
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Woran denkst du eigentlich" "Der alte Hut"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Franz
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 186.1937, Nr. 4794, S. 372
 
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