Zeichnung von T. Bichl
Hhpno^e Von I. L. Rösler
Der berühmte Lypnotiseur
hielt sein Mittagsschläfchen.
Leider wurde er geweckt.
„Ein Lerr möchte Lerrn
Professor sprechen."
„Jetzt?"
„Er sagt, es eilt."
Professor Stechblick wischte
sich den Schlaf aus den
Augen.
„Ich lasse bitten."
Der Diener führte einen
Mann in das Arbeitszimmer,
der rundlich, sehr behende,
aber auffällig schlecht geklei-
det war. Sein Rock war ihm
einen halben Meter zu lang,
aber was er in der Länge zu-
viel hatte, wurde weit wett-
gemacht von dem, was ihm
an der Breite fehlte.
„Labe ich die Ehre mit
Lerrn Professor Stechblick?"
fragte er.
„Jawohl."
„Dem weltberühmten Lyp-
notiseur?"
„Jawohl."
„Das freut mich. Das freut
mich aufrichtig."
„Womit kann ich Ihnen
dienen?" fragte der Professor.
Der Fremde lächelte ein
wenig verlegen vor sich hin.
„Das ist schwer zu sagen,"
begann er dann, „ich müßte
einen ganzen Roman erzählen
— zunächst möchte ich gern
eine Karte kaufen."
„Eine Karte?"
„Ja. Zu Ihrem heutigen
Experimentalabe d."
„Aber Karten bekommen
Sie doch an der Kasse!" fuhr
der Professor unwillig auf.
„Ich weiß. Ich weiß. Aber
eine Karte an der Kasse nützt
mir nichts."
„Warum nützt sie Ihnen
denn nichts?"
„Weil ich von Ihnen eine
Karte haben muß. Ich will sie
nicht geschenkt, beileibe nein! Ich will sie gut und teuer bezahlen.
Aber die Karte muß in der ersten Reihe sein, und Sie müssen
wissen, wo ich sitze!"
„Wo Sie sitzen?"
„Nicht ich!" (
„Aber Sie sagten doch soeben -"
Der Behende seufzte:
„Ich wußte es ja, es wird ein ganzer Roman! Ich sitze nicht auf
dem Platz, ich will die Karte verschenken."
„Verschenken?"
„Ja. Einem hochfeinen Lerrn. Er kann ruhig in der ersten Reihe
sitzen. Dort paßt er hin. Er ist gut angezogen, sieht ausgezeichnet
aus und benimmt sich auch entsprechend."
„Dann will ich Ihnen gerne eine Karte geben."
„De Schulzen Ham uns von ihren Kartoffeln abgegeben,
da mußte 'n paar Aeppel dafor aussuchen."
„Mach ich »ich gerne. Die sin ja alle noch tadellos!"
„Das nützt mir auch wie-
der nichts," meinte der andere
bedächtig, „da muß ich zunächst
noch Verschiedenes wissen.
Erstens: wie weit können Sie
sehen?"
„Wie weit ich sehen kann?"
fragte der Professor belustigt.
„Ja. Sehen Sie bis zur
ersten Reihe? And dann: kön-
nen Sie auch einen Menschen,
der in der ersten Reihe sitzt,
hypnotisieren?"
.Aha!"
Der Professor betrachtete
mißtrauisch seinen Besucher.
„Aha!" sagte er nochmals.
Der Andere fühlte den
Verdacht und schüttelte den
Kopf.
„Ich will nichts Anrecktes,"
sagte er bescheiden, „ich bin
ein ehrlicher und anständiger
Mensch — ich heiße Fritz
Faden und bin von Beruf
Lerrenschneider. And der
Mann, dem ich die Karte
schenken will, hat heute Ge-
burtstag. Er ist ein Kunde
von mir. Ein alter Kunde,
aber leider kein guter Kunde,
sondern ein fauler Kunde.
Er zahlt nämlich nicht. Er ist
mir schon drei Anzüge schuldig.
Seit Monaten mahne ich ihn.
Es ist alles vergeblich. And
da weiß ich kein Mi.tel mehr,
als —"
„Als?"
Der Schneider seufzte tief:
„Als Sie zu bitten, ihm in
der Lypnose zu befehlen, daß
er zahlt."
Belohnung
„Wer wi-d gleich heulen,
wenn ihm etwas weh tut —
sei ein Mann, Junge — du
kriegst auch etwas Schönes
zum spielen von mir!"
Arischan, der Seefahrer, läßt sich vom alten Schiffsarzt seine
Briefe diktieren.
„Wat Sie for rührende Liebesbriefe diktieren können, Doktor!
Sie müssen 'ne Menge Brautens gehabt haben."
„Keine einzige, mein Junge!"
„Ach nee! Da bin ick Ihnen im Mündlichen aber mächtig über."
Aeulengast ist der Mann, der ohne Beruf und ohne feststellbares
Einkommen immer ganz gut lebt.
Zwei Bekannten schien dieser Amstand bemerkenswert.
„Wovon lebt eigentlich Keulengast?"
„Wovon andere sterben."
„Verstehe ich nicht?"
„Na, er ist schon dreimal von einem Auto überfahren worden."
84
Hhpno^e Von I. L. Rösler
Der berühmte Lypnotiseur
hielt sein Mittagsschläfchen.
Leider wurde er geweckt.
„Ein Lerr möchte Lerrn
Professor sprechen."
„Jetzt?"
„Er sagt, es eilt."
Professor Stechblick wischte
sich den Schlaf aus den
Augen.
„Ich lasse bitten."
Der Diener führte einen
Mann in das Arbeitszimmer,
der rundlich, sehr behende,
aber auffällig schlecht geklei-
det war. Sein Rock war ihm
einen halben Meter zu lang,
aber was er in der Länge zu-
viel hatte, wurde weit wett-
gemacht von dem, was ihm
an der Breite fehlte.
„Labe ich die Ehre mit
Lerrn Professor Stechblick?"
fragte er.
„Jawohl."
„Dem weltberühmten Lyp-
notiseur?"
„Jawohl."
„Das freut mich. Das freut
mich aufrichtig."
„Womit kann ich Ihnen
dienen?" fragte der Professor.
Der Fremde lächelte ein
wenig verlegen vor sich hin.
„Das ist schwer zu sagen,"
begann er dann, „ich müßte
einen ganzen Roman erzählen
— zunächst möchte ich gern
eine Karte kaufen."
„Eine Karte?"
„Ja. Zu Ihrem heutigen
Experimentalabe d."
„Aber Karten bekommen
Sie doch an der Kasse!" fuhr
der Professor unwillig auf.
„Ich weiß. Ich weiß. Aber
eine Karte an der Kasse nützt
mir nichts."
„Warum nützt sie Ihnen
denn nichts?"
„Weil ich von Ihnen eine
Karte haben muß. Ich will sie
nicht geschenkt, beileibe nein! Ich will sie gut und teuer bezahlen.
Aber die Karte muß in der ersten Reihe sein, und Sie müssen
wissen, wo ich sitze!"
„Wo Sie sitzen?"
„Nicht ich!" (
„Aber Sie sagten doch soeben -"
Der Behende seufzte:
„Ich wußte es ja, es wird ein ganzer Roman! Ich sitze nicht auf
dem Platz, ich will die Karte verschenken."
„Verschenken?"
„Ja. Einem hochfeinen Lerrn. Er kann ruhig in der ersten Reihe
sitzen. Dort paßt er hin. Er ist gut angezogen, sieht ausgezeichnet
aus und benimmt sich auch entsprechend."
„Dann will ich Ihnen gerne eine Karte geben."
„De Schulzen Ham uns von ihren Kartoffeln abgegeben,
da mußte 'n paar Aeppel dafor aussuchen."
„Mach ich »ich gerne. Die sin ja alle noch tadellos!"
„Das nützt mir auch wie-
der nichts," meinte der andere
bedächtig, „da muß ich zunächst
noch Verschiedenes wissen.
Erstens: wie weit können Sie
sehen?"
„Wie weit ich sehen kann?"
fragte der Professor belustigt.
„Ja. Sehen Sie bis zur
ersten Reihe? And dann: kön-
nen Sie auch einen Menschen,
der in der ersten Reihe sitzt,
hypnotisieren?"
.Aha!"
Der Professor betrachtete
mißtrauisch seinen Besucher.
„Aha!" sagte er nochmals.
Der Andere fühlte den
Verdacht und schüttelte den
Kopf.
„Ich will nichts Anrecktes,"
sagte er bescheiden, „ich bin
ein ehrlicher und anständiger
Mensch — ich heiße Fritz
Faden und bin von Beruf
Lerrenschneider. And der
Mann, dem ich die Karte
schenken will, hat heute Ge-
burtstag. Er ist ein Kunde
von mir. Ein alter Kunde,
aber leider kein guter Kunde,
sondern ein fauler Kunde.
Er zahlt nämlich nicht. Er ist
mir schon drei Anzüge schuldig.
Seit Monaten mahne ich ihn.
Es ist alles vergeblich. And
da weiß ich kein Mi.tel mehr,
als —"
„Als?"
Der Schneider seufzte tief:
„Als Sie zu bitten, ihm in
der Lypnose zu befehlen, daß
er zahlt."
Belohnung
„Wer wi-d gleich heulen,
wenn ihm etwas weh tut —
sei ein Mann, Junge — du
kriegst auch etwas Schönes
zum spielen von mir!"
Arischan, der Seefahrer, läßt sich vom alten Schiffsarzt seine
Briefe diktieren.
„Wat Sie for rührende Liebesbriefe diktieren können, Doktor!
Sie müssen 'ne Menge Brautens gehabt haben."
„Keine einzige, mein Junge!"
„Ach nee! Da bin ick Ihnen im Mündlichen aber mächtig über."
Aeulengast ist der Mann, der ohne Beruf und ohne feststellbares
Einkommen immer ganz gut lebt.
Zwei Bekannten schien dieser Amstand bemerkenswert.
„Wovon lebt eigentlich Keulengast?"
„Wovon andere sterben."
„Verstehe ich nicht?"
„Na, er ist schon dreimal von einem Auto überfahren worden."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"De Schulzen ham uns von ihren Kartoffeln abgegeben, ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 188.1938, Nr. 4828, S. 84
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg