Das praktische Mädchen
Allasch, Lerbert einen Cherry
Brandy. Lotte aber tritt nun
einen Rückzug an. „Ich will
nur ein klein wenig nippen;
die Sorte ist mir egal/'
„Schön! Dann nehmen
wir Benediktiner!" meint
Onkel Theobald. „Du nippst,
und ich trinke ihn dann aus
— — wird mir umso besser
schmecken. Schaden würde dir
aber das ganze Gläschen auch
nicht."
„Wieviel geht denn hinein,
Onkelchen?" fragt Lotte, wäh-
rend sie aber doch nur nippt.
„Ein Vierzigstel Liter. Es
ist die zweitkleinste Sorte; die
Dinger sind jetzt ja alle geeicht.
Größere wollte ich mir nicht
anschaffcn; man soll dem Teu-
fel nicht entgegenkommen. Na
Prost! And nun rechnet forsch
darauf los; ich gehe so lange
in den Garten." — —
„Die Sache ist nicht so
einfach!" überlegt jetzt Alfred.
„Sie stellt eine Rechenaufgabe
dar: Wieviele Mischungen
lassen sich aus zehn verschie-
denen Flüssigkeiten Herstellen?
Soviel ich mich erinnere, nennt
man das in der Mathematik
eine Aufgabe der Kombina-
torik, und mit irgendwelchen
Formeln ist sie auch schnell zu
lösen. Aber da weiß ich leider
nichtmehrBescheid.Duetwa?"
„Keine Ahnung!" erklärt
Lerbert. Lotte wird gar nicht
gefragt.
„Also müssen wir es ohne
Mathematik machen." Alfred
raubt einige Bogen von Onkel Theobalds Briefpapier. „Es wird
eine Menge Schreiberei geben. Zunächst sehe» wir zu, wieviele
Mischungen wir kriegen, wenn wir immer nur zwei Schnäpse mischen.
Da können wir zuerst Nummer I mit den 9 übrigen mischen, macht
9 Mischungen. Nicht wahr?"
Lerbert bestätigt das. „And wenn wir dann Nummer 2 mit den
andern mischen, gibt das 8 Mischungen, denn 2 und 1 sind ja schon
bei der ersten Serie. Bei Nummer 3 sind noch 1 Mischungen mög-
lich. bei Nummer 4 noch 6 und so weiter, bis für Nummer 9 noch
eine Mischungsmöglichkeit bleibt."
„Sehr richtig!" Alfred addiert. „Die Zahlen von l bis 9 zusammen
geben 45. Also haben wir das erste Resultat: Wenn ich von lü
verschiedenen Schnäpsen immer je 2 mische, kann ich das 45 mal
machen. Jetzt wird es aber verwickelter, wenn wir die Mischungen
von je 3 Schnäpsen vornehmen. 1 + 2 + 3, dann 2 + 3 + 4-
das wird eine Pferdearbeit! Wir müssen verdammt aufpassen, Ler-
bert! Ich werde die verschiedene» Kombinationen aufschreiben, und
du kontrollierst, ob sich nicht eine davon wiederholt."
Alfred braucht eine ganze Seite für seine Zahlen, und Lerbert
sitzt neben ihm und paßt auf wie ein Revisor, der für die Richtig-
keit der Bilanz einer Großbank verantwortlich ist. Endlich haben
sie es heraus: Aus je 3 Schnäpsen lassen sich bereits 120 Mischungen
machen. Aber sie haben noch einen weiten Weg vor sich. O, jetzt
wird die Rechnerei umständlich! Die Mischungen aus 4 Sorten
kommen heran. And dann wer-
den die von 5 und 6 Sorten
und so weiter zu erledigen
sein. Da ist noch kein Ende
abzusehen.
Lotte steht sacht auf und
verläßt leise das Zimmer.
Alfred und Lerbert kümmern
sich gar nicht darum; /wilder
Eifer hat sie gepackt.
Lotte kommt zu Onkel Theo-
bald in den Garten. „Last
du dein Notizbuch da, Onkel-
chen? Ich will nur eine Zahl
hineinschreiben. Aber du darfst
sie erst ansehn, wenn die
Iungens mit ihrer Rechnerei
fertig sind."
„And du bist schon'fertig?"
wundert sich Onkel Theobald.
„War ich schon, als die
Iungens erst anfingen. Ich
wollte nur abwarten, was sie
anstelle» würden. Das wird
noch lange dauern."
Wirklich — erst nach einer
ganzen Stunde melden sich
Alfred und Lerbert. Sie sind
erschöpft, aber sie triumphie-
ren. „1013 Mischungen sind
möglich!" verkünden sie.
Onkel Theobald sieht in
seinem Notizbuch nach. „Lotte
behauptet aber nur 197."
Alfred und Lerbert schwen-
ken ihre Bogen mit den viele»
Zahlen. Wer will diese wie-
derlegen?
Aber Lotte widerlegt sie
doch. „Ihr habt euch in die
Theorie verrannt, aber ich
bin bei der Praxis geblieben.
Bitte, worum ging die Frage?
Onkel hat 10 Flaschen mit 10
verschiedenen Schnäpsen bekommen und wollte wissen, wieviele
Mischungen sich daraus machen lassen. Er hat im ganzen 5 Liter
Likör, und da sein Likörglas ein Vierzigstel Liter faßt, kann er es
200mal füllen oder vielmehr nur »och 197mal, denn 3 Schnäpse sind
schon getrunken worden. Da er aber offenbar gerade nur so oft
mischen kann, wie sich das Glas füllen läßt, lassen sich als Löchst-
sall nur 197 Mischungen erreiche». Dann ist Schluß mit dem Stoff!"
„Stimmt! So ein Köpfchen muß belohnt werden," sagt Onkel
Theobald und holt seine Brieftasche heraus. Aber er nickt Alfred
und Lerbert tröstend zu. „Na, ihr sollt euch auch nicht verrechnet
haben-wenigstens nicht in mir!"
Seine Schuld
Der Briefträger beklagt sich bei Piepenkahl: „Das geht doch
nicht, Lerr Piepenkahl! Immer, wenn ich Ihnen was zu bestellen
habe, kommt Ihr Lund und will mich beißen."
„Ja, mein Lieber," sagt Piepenkahl, „Sie bringen mir ja auch
immer nur Mahnbriefe."
„Ahr Reisender sei eine Verkaufskanone, sagen Sie, Lerr Buch-
Holz. Aber wie ist das möglich? Der Mann stottert ja."
„Freilich, aber das macht ja gerade den Kunden Spaß. Sie lassen
ihn rede», und dann kommt er mit ihnen ins Geschäft."
„Dunnerkiel, da kann ich jetzt sitzen, bis
morgen früh meine Aufwartefrau kommt!"
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Allasch, Lerbert einen Cherry
Brandy. Lotte aber tritt nun
einen Rückzug an. „Ich will
nur ein klein wenig nippen;
die Sorte ist mir egal/'
„Schön! Dann nehmen
wir Benediktiner!" meint
Onkel Theobald. „Du nippst,
und ich trinke ihn dann aus
— — wird mir umso besser
schmecken. Schaden würde dir
aber das ganze Gläschen auch
nicht."
„Wieviel geht denn hinein,
Onkelchen?" fragt Lotte, wäh-
rend sie aber doch nur nippt.
„Ein Vierzigstel Liter. Es
ist die zweitkleinste Sorte; die
Dinger sind jetzt ja alle geeicht.
Größere wollte ich mir nicht
anschaffcn; man soll dem Teu-
fel nicht entgegenkommen. Na
Prost! And nun rechnet forsch
darauf los; ich gehe so lange
in den Garten." — —
„Die Sache ist nicht so
einfach!" überlegt jetzt Alfred.
„Sie stellt eine Rechenaufgabe
dar: Wieviele Mischungen
lassen sich aus zehn verschie-
denen Flüssigkeiten Herstellen?
Soviel ich mich erinnere, nennt
man das in der Mathematik
eine Aufgabe der Kombina-
torik, und mit irgendwelchen
Formeln ist sie auch schnell zu
lösen. Aber da weiß ich leider
nichtmehrBescheid.Duetwa?"
„Keine Ahnung!" erklärt
Lerbert. Lotte wird gar nicht
gefragt.
„Also müssen wir es ohne
Mathematik machen." Alfred
raubt einige Bogen von Onkel Theobalds Briefpapier. „Es wird
eine Menge Schreiberei geben. Zunächst sehe» wir zu, wieviele
Mischungen wir kriegen, wenn wir immer nur zwei Schnäpse mischen.
Da können wir zuerst Nummer I mit den 9 übrigen mischen, macht
9 Mischungen. Nicht wahr?"
Lerbert bestätigt das. „And wenn wir dann Nummer 2 mit den
andern mischen, gibt das 8 Mischungen, denn 2 und 1 sind ja schon
bei der ersten Serie. Bei Nummer 3 sind noch 1 Mischungen mög-
lich. bei Nummer 4 noch 6 und so weiter, bis für Nummer 9 noch
eine Mischungsmöglichkeit bleibt."
„Sehr richtig!" Alfred addiert. „Die Zahlen von l bis 9 zusammen
geben 45. Also haben wir das erste Resultat: Wenn ich von lü
verschiedenen Schnäpsen immer je 2 mische, kann ich das 45 mal
machen. Jetzt wird es aber verwickelter, wenn wir die Mischungen
von je 3 Schnäpsen vornehmen. 1 + 2 + 3, dann 2 + 3 + 4-
das wird eine Pferdearbeit! Wir müssen verdammt aufpassen, Ler-
bert! Ich werde die verschiedene» Kombinationen aufschreiben, und
du kontrollierst, ob sich nicht eine davon wiederholt."
Alfred braucht eine ganze Seite für seine Zahlen, und Lerbert
sitzt neben ihm und paßt auf wie ein Revisor, der für die Richtig-
keit der Bilanz einer Großbank verantwortlich ist. Endlich haben
sie es heraus: Aus je 3 Schnäpsen lassen sich bereits 120 Mischungen
machen. Aber sie haben noch einen weiten Weg vor sich. O, jetzt
wird die Rechnerei umständlich! Die Mischungen aus 4 Sorten
kommen heran. And dann wer-
den die von 5 und 6 Sorten
und so weiter zu erledigen
sein. Da ist noch kein Ende
abzusehen.
Lotte steht sacht auf und
verläßt leise das Zimmer.
Alfred und Lerbert kümmern
sich gar nicht darum; /wilder
Eifer hat sie gepackt.
Lotte kommt zu Onkel Theo-
bald in den Garten. „Last
du dein Notizbuch da, Onkel-
chen? Ich will nur eine Zahl
hineinschreiben. Aber du darfst
sie erst ansehn, wenn die
Iungens mit ihrer Rechnerei
fertig sind."
„And du bist schon'fertig?"
wundert sich Onkel Theobald.
„War ich schon, als die
Iungens erst anfingen. Ich
wollte nur abwarten, was sie
anstelle» würden. Das wird
noch lange dauern."
Wirklich — erst nach einer
ganzen Stunde melden sich
Alfred und Lerbert. Sie sind
erschöpft, aber sie triumphie-
ren. „1013 Mischungen sind
möglich!" verkünden sie.
Onkel Theobald sieht in
seinem Notizbuch nach. „Lotte
behauptet aber nur 197."
Alfred und Lerbert schwen-
ken ihre Bogen mit den viele»
Zahlen. Wer will diese wie-
derlegen?
Aber Lotte widerlegt sie
doch. „Ihr habt euch in die
Theorie verrannt, aber ich
bin bei der Praxis geblieben.
Bitte, worum ging die Frage?
Onkel hat 10 Flaschen mit 10
verschiedenen Schnäpsen bekommen und wollte wissen, wieviele
Mischungen sich daraus machen lassen. Er hat im ganzen 5 Liter
Likör, und da sein Likörglas ein Vierzigstel Liter faßt, kann er es
200mal füllen oder vielmehr nur »och 197mal, denn 3 Schnäpse sind
schon getrunken worden. Da er aber offenbar gerade nur so oft
mischen kann, wie sich das Glas füllen läßt, lassen sich als Löchst-
sall nur 197 Mischungen erreiche». Dann ist Schluß mit dem Stoff!"
„Stimmt! So ein Köpfchen muß belohnt werden," sagt Onkel
Theobald und holt seine Brieftasche heraus. Aber er nickt Alfred
und Lerbert tröstend zu. „Na, ihr sollt euch auch nicht verrechnet
haben-wenigstens nicht in mir!"
Seine Schuld
Der Briefträger beklagt sich bei Piepenkahl: „Das geht doch
nicht, Lerr Piepenkahl! Immer, wenn ich Ihnen was zu bestellen
habe, kommt Ihr Lund und will mich beißen."
„Ja, mein Lieber," sagt Piepenkahl, „Sie bringen mir ja auch
immer nur Mahnbriefe."
„Ahr Reisender sei eine Verkaufskanone, sagen Sie, Lerr Buch-
Holz. Aber wie ist das möglich? Der Mann stottert ja."
„Freilich, aber das macht ja gerade den Kunden Spaß. Sie lassen
ihn rede», und dann kommt er mit ihnen ins Geschäft."
„Dunnerkiel, da kann ich jetzt sitzen, bis
morgen früh meine Aufwartefrau kommt!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dunnerkiel, da kann ich jetzt sitzen..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4893, S. 295
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg