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o

Ein Ehepaar

Von Peter Robinson

Die kleine Gesellschaft in der Glasveranda des „Fremdenheims
Stranddistel" hatte bereits mit dem Abendessen begonnen, als noch
zwei eben erst angelangte Gäste hinzukame», zweifellos ein Ehepaar.
Der Lerr war sicherlich schon über die Mitte der Vierzig hinaus,
die Dame mochte zehn Jahre jünger sein. Sie grüßten stumm mit
der Zurückhaltung der in eine schon vertraulich gewordene Tafelrunde
frisch Lineingeschneiten und nahmen dann eng zusammen am Ende
des Tisches Platz, während sie doch bequemer einander gegenüber
hätten sitzen können. Allerdings hätte dann nicht hin und wieder
ein verstohlener Ländedruck erfolgen können, den die neugierig auf-
merkende Gesellschaft mehr
erriet als erschaute, und auch
einige zärtliche Blicke wären
wohl nicht ausgetauscht wor-
den, wenn sie über den Tisch
hinüber hätten geschickt wer-
den müssen, Amsomehr war
es begreiflich, daß die Neuen
nach dem Essen nicht im Gäste-
kreis zu der dann einsetzenden
Schwatzkvnversation sitzen blie-
ben. Sie standen sofort auf,
grüßte» wieder stumm und
gingen dann aus der Glas-
veranda hinaus auf die Dünen-
promenade, die sie, eingehakt
und eng aneinander gekuschelt,
langsam hinunterschritten.

Frau Brienitzer aus Ber-
lin war begeistert. „Wie schön
ist es doch, wenn die Liebe
so lange anhält!" Aber dann
seufzte sie. Ihr Gatte kam
nur an jedem Sonnabend
nachmittag mit dem Stroh-
wilwerzuge aus Berlin, ver-
darb sich dann sofort an Flun-
dern oder Räucheraal den
Magen, war darauf am Sonn-
tag übler Laune, und wenn
er am Montag in der Frühe
wieder fortmußte, schwor er,
das wäre das letzte Mal ge-
wesen, daß er sich auf solche
Verrücktheit einließe.

„Merkwürdige Leute!" sagte
der Iustizrat Gallenkamp. Er
hatte kürzlich erzählt, daß er
seine hundertste Ehescheidung

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(iCA/u./V'-

„Sie fürchten wohl, daß ich mich ungeschickt anstellen werde."
„Fürchten? Nee, Fräulein, ich freue mir ja druff!"

hinter sich hätte — selbstverständlich als Anwalt, nicht als Ehe-
mann. „Weiße Naben! Da scheint sich wirklich der Wunsch erfüllt zu
haben, daß sie ewig grünen bliebe, die schöne Zeit der jungen Liebe."

„Wissen Sie denn, daß diese Liebe schon alt ist?" fragte die
muntere kleine Frau Lewelke.

„Na, die Leute sind doch mindestens zehn Jahre verheiratet,"
meinte der Polizeirat Wendehals.

„Wenn nicht noch länger!" stimmte der Rendant Siebenroth
bei, aber nur halbwegs interessiert, denn er mischte sich gerade einige
Verdauungstropfen. Er war Lypochonder und suchte hier an der
See Leitung von einem halben Dutzend Leiden, aber natürlich ver-
geblich, wie er öfter nicht ohne Befriedigung feststellte.

„Sie werden sich heute auf
der Reise, wie das ja oft vor-
kommt, gezankt haben," ver-
mutete Frau Siebenroth. „And
dann haben sie sich vertragen,
und deshalb waren sie zärtlich."

„So sah das eigentlich
nicht aus," überlegte der Po-
lizeirat. „Wenn es sich um eine
Einigung nach einem Streit
gehandelt hätte, dann hätte
die Frau ein mehr überlegenes
Wesen gezeigt. Ich nehme eher
an, daß die beiden lange von
einander getrennt waren. Der
Mann mag ja mehrere Jahre

„Laha, der Polizeimann
meldet sich!" lachte der Iu-
stizrat dazwischen. „Mehrere
Jahre gesessen haben, nicht
wahr?"

„Ansinn I Er kann ja in
Geschäften im Auslande ge-
wesen sein, in Südamerika
oder sonstwo."

„Vielleicht ist er schwer
krank gewesen," meldete sich
der Lypochonder Siebenroth.
„Er mag eine schlimme Ope-
ration hinter sich haben; da
fühlt man sich einander neu
geschenkt."

Frau Brienitzer ging jetzt
von ihrer Meinung ab, daß
es sich um eine stetig glühende
Zuneigung handeln könnte;
etwas Aufgewärmtes schien
(Fortsetzung Sette 4>
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Sie fürchten wohl, daß ich mich ungeschickt anstellen werde"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Macon, Julius
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4901, S. 2
 
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