Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der junge Mann wandte ihm lang-
sam das Gesicht zu, blickte ihn mit leiser
Verachtung an und antwortete: „Kusch!"

Grenzenlos verblüfft vergaß Lerr
Riesling für einen Augenblick den Mund
zu schließen, während die Dame vergnügte
Katzenaugen bekam.

»3ch glaube, ich habe nicht ganz rich-
tig verstanden," meinte der Meister und
legte die Land an das Ohr.

„Doch," meinte der junge Mann un-
willig, „ich spreche wohl nicht undeutlich."

„Dann gestatten Sie nochmals," stellte
sich der Schwergewichtler zum zweiten-
mal vor, „August Riesling!"

„Kusch, August!" kam es zurück.

Die Dame lachte hell auf, der Meister
ließ nur die Zigarette fallen und landete
die blitzschnell geballte Faust mit kurzem
aber kräftigem Schlag auf dem nachbar-
lichen Kinn. Der junge Mann verdrehte
die erstaunten Augen und sank in die
Ecke, wie wenn er schlafen gehen wollte.
Die Dame rief,AH" und hielt sich die
Lände vor die Ohren.

Das „Fahrkarten bi—" des Schaff-
ners in der Tür war im Keim erstorben,
angesichts dieser schrecklichen Vorgänge.

„Lallo, Sie da!" ertönte gleich darauf
seine amtliche Stimme. „Wir sind nicht
in Amerika. Was geht hier vor? Sie
haben den Mann geschlagen!"

„Er hat mich schwer beleidigt," recht-
fertigte sich der Meister und erhob sich
zu seiner ganzen Größe.

Der beschädigte junge Mann kehrte
eben wieder auf die Erde zurück, wackelte
ein paarmal mit dem Kinn, richtete sich
langsam auf und blickte gequält um sich.

„Ich nannte dem Kerl meinen Namen,"
erklärte der Boxer dem Schaffner, „und
die Figur sagte ,Kusckfl zu mir. Ich
traute meinen Ohren nicht und stellte
mich nochmals als August Riesling vor,
und was glauben Sie, was das Insekt
darauf antwortet? ,Kusch, Augusts, ge-
traute sich der kümmerliche Zwerg zu mir
zu sagen."

„Ich kann doch nichts dafür," kam es
gebrochen aus der Ecke, „daß ich August
Kusch heiße!"

Der schönste Teil

„Lat er schon um dich angehalten,
Olga?" — „Teilweise!"

„Wie verstehe ich das?"

„Er sagte gestern, meine schöne Rase
möchte er haben!"

Doch

Voll war von einem Auto überfahren
worden. Voll kam ins Krankenhaus.
„Ra," meinte der untersuchende Arzt, „das ist ja nicht schlimm
geworden!"

Knurrte Voll: „Was heißt nicht schlimm, wenn meine Frau mit
dem Mittagessen warten muß?"

„Solch eine Klamm ist also durch Erosion entstanden,
hat der Doktor gestern an der Loteltafel gesagt.
Was bedeutet das. Albert?"

„Ja, Paula, das weiß ich auch nicht." — „Aber Albert,
du hast doch dazu genickt und gesagt: Ja freilich!"

Drama in der Eisenbahn

Von Ralph Urban

Eisenbahnabteil zweiter Klasse. Am
Fenster, Richtung Fahrt, saß eine junge
Dame. Blond, dunkle lange Seidenwim-
pern, rassige Nüstern, feingeschwungener
Mund. Verboten hübsch. Dazu Beine
unterhalb des etwas kurz geratenen Röck-
chens, hauchdünn bestrumpfte Beine, die
selbst einem Stein einen Seufzer entlockt
hätten. Kein Wunder also, daß der glatt-
gescheitelte Jüngling, der eben das Abteil
betrat, einen Augenblick wie gebannt stehen
blieb und nach der Krawatte griff. Dann
nahm er dem Mädchen gegenüber Platz.

Gleich darauf kam ein sehr großer
und breiter Mann mit einer Sport-
mütze. Er warf seinen schweren Land-
koffer wie ein Federkissen ins Netz, er-
blickte die Schönheit, griff ebenfalls nach
der Krawatte, betrachtete den Jüngling
flüchtig, wie man einen häßlichen Käfer
betrachtet, und setzte sich neben ihn, der
Schönen gegenüber.

Der Zug fuhr ab. Der Jüngling sah
starr auf das rechte Bein des Mädchens,
sein Nachbar auf das linke. Als einer
des andern unlautern Blick bemerkte,
schauten sie einander zurechtweisend und
feindselig an.

„Der Zug hat Verspätung," bemerkte
der Glattgescheitelte im Vollgefühl seiner
älteren Rechte-Richtung-Dame.

Die Schönheit wandte langsam das
Laupt, nahm von der Feststellung Kennt-
nis, indem sie die Brauen um fünf Milli-
meter hob, und blickte dann wieder zum
Fenster hinaus. Zwei Männerherzen be-
gannen mit Lochdruck zu pumpen und
den dazugehörigen Blutkreislauf zu be-
schleunigen.

„Gestatten Sie, daß ich rauche?" fragte
der große Mann.

Wieder nickte die Dame, zog aber
selbst eine Zigarettendose aus der Land-
tasche. Die beiden Lerren gaben ihr
gleichzeitig Feuer.

Während die Männer fanden, daß
einer zuviel im Abteil wäre, begann sich
das Weibchen wohlznfühlen. Es eröff-
nete daher das Reisegespräch. Man unter-
hielt sich notgedrungen zu dritt.

„Zurück fahre ich im Wagen," prahlte
der Jüngling, „ich habe mir nämlich einen
neuen gekauft, den ich jetzt vom Werk
abhole."

Die Nüstern der jungen Dame wur-
den freundlich.

„And ich fahre zu den Ausscheidungs-
kämpfen in der Europameisterschaft,"
trumpfte der große Mann.

„Ach," rief die junge Dame interessiert,

„dann sind Sie vielleicht gar Boxer?"

„Tja," sprach der Meister mit ver-
haltenem Kämpferstolz, „ich bin Riesling!" und verbeugte sich vor
der Schönen. Da es nicht gut anders ging, stellte er sich auch dem
Nachbarn vor, indem er kurz mit dem Kopf nickte und sagte: „Ries-
ling! Riesling, August!"

7
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Solch eine Klamm ist also durch Erosion entstanden..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Traub, Gustav
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4901, S. 7
 
Annotationen