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Das Aquarium oder Was kostet ein Goldfisch?

„Was heißt hier plus? Semmelbrösel kosten doch nichts!"

Mit einer Lausfrau soll man nicht streiten.

„Semmelbrösel kosten nichts?" fuhr sie auf, „geh einmal
in ein Geschäft und verlange Semmelbrösell Da wirst du schon
sehen, was sie kosten! Siebzig Pfennige das Pfund."

Paul gab nach. Er sagte: „Also gut — rechnen wir noch
für siebzig Pfennige Semmelbröseln dazu, dann kostet uns die
Fütterung des Goldfisches genau vier Mark und zweiundfünf-
zig Pfennige — da ist aber alles dabei! Auch dein Geburts-
tagsgeschenk, Pauline." — „Welches Geburtstagsgeschenk?"

„Du hast mir doch vor zwei Jahren zum Geburtstag für
fünfzehn Pfennige Ameiseneier geschenkt."

Pauline war sich ihrer Wohltat wohl bewußt.

„Für fünfzehn Pfennige Eier und das Aquarium!"

Jetzt ärgerte sich wieder Paul.

„So kannst du das nicht rechnen. Pauline," sagte er, „das
ist doch kein Aquarium, sondern ein einfaches Einkochglas."

„Genügt das etwa nicht?"

„Natürlich genügt es. Aber wenn du mir ein Einkochglas
überläßt, weil dir dazu der Deckel fehlt und es oben am Rand
eine Lippe hat, es also füglich zum Einkochen nicht mehr zu
verwenden ist, kannst du es mir doch nicht gut als Geburts-
tagsgeschenk anrechnen."

So schnell hatte Pauline selten ihre Antwort gewußt.

„Aber du kannst mir die umgearbeitete Pelzboa als Ge-
burtstagsgeschenk anrechnen, nicht wahr?" fragte sie.

Paul begann, im Zimmer hin und her zu laufen.

(Fortsetzung Seite 25)

Der eiserne Bestand

Rohrbruch ist zu Dengler gekommen, weil er ihm eine
Bitte vortragen möchte. Aber er scheut sich, gleich damit
herauszurücken; es ist ihm zu peinlich; er will lieber noch
warten, ob sich nicht eine passende Anknüpfung ergibt.

Dengler freut sich über den Besuch, denn er hat gerade
Langeweile gehabt. Er schenkt Schnäpschen ein und bietet
eine Zigarre an, und dann redet man von dem und jenem.
Irgendwie — vielleicht hat Rohrbruch nachgeholfen — kommt

„Da liegt ja 'ne Schnapsflasche auf dem Grund! Ist ja
gefährlich — — warum hat denn der Bademeister die nicht
'rausgeholt?" — „Wird kein Schnaps mehr drin sein!"

man auf die neue Einrichtung der Postsparkasse zu sprechen.

„Sehr angenehm!" meint Dengler. „Ich werde mir nächstens auch
ein Konto anlegen. Ich habe ja ein Postamt ganz in der Nähe,
nur drei Läufer weit. Da kann ich mir, wenn es mal nötig ist,
gleich etwas Geld holen."

/-

>Au, Emil, du hast ja dein Boot vergessen!"

„Ah, Sie haben nie einen größeren Betrag im Lause?" fragt
Rohrbruch mit etwas gepreßter Stimme.

„Das kommt darauf an, was man einen größeren Betrag nennen
will. Ich Habemir zum Grundsatz gemacht, stets einen eisernen Bestand
von 200 Mark im Lause zu haben. Sehen Sie: Jetzt haben wir
5 Ahr; da schließen bei uns die Banken. Ich würde also heute
kein Geld mehr kriegen. Nun könnte aber vielleicht ein Tele-
gramm kommen, das mich zwingt, noch am Abend abzureisen; es
mag ja bei Verwandten etwas passiert sein. Für solchen Fall
habe ich eben immer eine Geldreserve im Laus."

„Sehr richtig!" sagt Rohrbruch, und seine Stimme klingt
freier.

„And eine andere Möglichkeit!" fährt Dengler fort. „Ein
guter Freund könnte doch plötzlich in Verlegenheit kommen und
sich um Lilfe an mich wenden. Für solchen Fall möchte ich
eben auch Geld im Lause haben."

„Sehr vorausschauend!" sagt Rohrbruch beinahe freudig.
And nun rückt er mit seiner Bitte heraus: „Das ermutigt mich,
bester Lerr Dengler, Ihnen mit einem Anliegen lästig zu fallen.
Ich habe heute noch eine dringende Zahlung zu machen.
Würden Sie mir mit 200 Mark aushelfen?"

„Ach so, deshalb sind Sie gekommen!" Dengler kratzt sich
den Kopf und denkt nach. Aber dann schüttelt er den ge-
kratzten Kopf und erklärt: „Nein, bester Lerr Rohrbruch, das
geht doch nicht. Dann hätte ich ja nicht mehr den grundsätz-
lich festgelegten eisernen Bestand im Lause. And was sollte
ich machen, wenn dann heute doch noch solch ein Telegramm
käme?" —«“•

23
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Au, Emil, du hast ja dein Boot vergessen!" "Da liegt ja 'ne Schnapsflasche auf dem Grund!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4902, S. 23

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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