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Salz auf dem Tisch
Von Io Lanns Röster
Bedeutet Salz auf dem Tisch Streitl Ich glaube es. Darf ich
euch überzeugen?
Paul und Pauline sind das friedlichste Ehepaar auf der Welt.
Er hat nichts, und sie will nichts. Wozu also sich streiten? Eines
Tages saßen sie bei Tisch.
„Ist es nicht wundervoll, wie gut wir zwei uns vertragen?"
„Ganz wundervoll. Pauline."
„Jetzt sind wir schon neun Jahre
verheiratet!"
„Noch nie haben wir uns ge-
stritten!"
„Laß dir dafür die Land drücken,
Paul."
„Meine Pauline!"
Sie schoben sich über dem Tisch
die Lände entgegen.
Auf dem halben Weg stand das
Salzfaß.
Es fiel um.
Pauline zog entsetzt die Land
zurück.
„Salz auf dem Tisch!" rief sie.
„Was weiter? Das können wir
doch wieder hineintun?"
„Das ist es nicht, Paul."
„Sondern?"
„Salz auf dem Tisch bedeutet
Streit."
Paul winkte vergnügt ab.
„Das ist doch nur Aberglaube,
Pauline."
„Sag das nicht, Paul, sag das
nicht!"
„Daß duso etwas glauben kannst!"
meinte Paul, „natürlich ist es ein
Aberglaube, ein ganz dummer Aber-
glaube sogar."
„Meine Mutter hat einmal —"
„Liebes Kind, deine Mutter und
du sind zwei Paar Stiefel. Deine
Mutter mag glauben, was sie will.
Mit deiner Mutter bin ich ja gott-
seidank nicht verheiratet."
„Warum Gott sei Dank, Paul?"
Paulines Stimme war schärfer
geworden.
Paul lenkte schnell ein.
„Weil ich froh bin, daß ich dich
habe! Wäre ich nämlich mit deiner Mutter verheiratet, könnte ich ja
nicht mit dir verheiratet sein. And ich bin mit dir mit großem Ver-
gnügen verheiratet. Auch wenn du abergläubisch bist."
„Ich bin nicht abergläubisch!"
„And das Salz auf dem Tisch?"
„Das ist kein Aberglaube, das ist eine alte Weisheit."
Paul lachte.
„Also müßten wir uns jetzt mit-
einander streiten?"
„Ja."
„Ich streite mich aber nicht mit
dir I"
Pauline gab nicht nach.
„Du mußt dich ja nicht mit mir
streiten. Ich könnte mich ja auch
mit dir streiten."
„Nur damit der dumme Aber-
glaube in Erfüllung geht?"
„Dumm ist der, der nicht glaubt,
was wahr ist!"
„Erlaube!"
Paul war hochgefahren.
Pauline schlug mit dem Finger
auf den Tisch.
„Was wahr ist, muß wahr
bleiben!"
Paul sah auf den Finger.
„Ja, glaubst du denn — ?" rief
er mit erhobener Stimme.
„Was?"
„Glaubst du, ich lasse mit mir
Schindluder treiben? Mit dem
Finger auf den Tisch? Nimm doch
gleich die Faust! Ich streite mich
nicht mit dir und damit basta l"
„Salz auf dem Tisch bedeutet
Streitl"
„And wenn noch mehr Salz aus
dem Tisch liegt?"
Paul ergriff das Salzfaß und
stülpte es um.
„Lier hast du es — Salz auf
dem Tisch in rauhen Mengen!"
„Das ist doch albern, Paul."
„Ich führe nur deinen Aber-
glauben ins Absurde."
Pauline löffelte das Salz wie-
der ein. (Fortsetzung Sette 165)
„Ich weiß nicht, auf der überfüllten Tribüne da unten brächte ich
das Gefühl nicht los, daß einmal leicht etwas passieren könnte!"
162
Salz auf dem Tisch
Von Io Lanns Röster
Bedeutet Salz auf dem Tisch Streitl Ich glaube es. Darf ich
euch überzeugen?
Paul und Pauline sind das friedlichste Ehepaar auf der Welt.
Er hat nichts, und sie will nichts. Wozu also sich streiten? Eines
Tages saßen sie bei Tisch.
„Ist es nicht wundervoll, wie gut wir zwei uns vertragen?"
„Ganz wundervoll. Pauline."
„Jetzt sind wir schon neun Jahre
verheiratet!"
„Noch nie haben wir uns ge-
stritten!"
„Laß dir dafür die Land drücken,
Paul."
„Meine Pauline!"
Sie schoben sich über dem Tisch
die Lände entgegen.
Auf dem halben Weg stand das
Salzfaß.
Es fiel um.
Pauline zog entsetzt die Land
zurück.
„Salz auf dem Tisch!" rief sie.
„Was weiter? Das können wir
doch wieder hineintun?"
„Das ist es nicht, Paul."
„Sondern?"
„Salz auf dem Tisch bedeutet
Streit."
Paul winkte vergnügt ab.
„Das ist doch nur Aberglaube,
Pauline."
„Sag das nicht, Paul, sag das
nicht!"
„Daß duso etwas glauben kannst!"
meinte Paul, „natürlich ist es ein
Aberglaube, ein ganz dummer Aber-
glaube sogar."
„Meine Mutter hat einmal —"
„Liebes Kind, deine Mutter und
du sind zwei Paar Stiefel. Deine
Mutter mag glauben, was sie will.
Mit deiner Mutter bin ich ja gott-
seidank nicht verheiratet."
„Warum Gott sei Dank, Paul?"
Paulines Stimme war schärfer
geworden.
Paul lenkte schnell ein.
„Weil ich froh bin, daß ich dich
habe! Wäre ich nämlich mit deiner Mutter verheiratet, könnte ich ja
nicht mit dir verheiratet sein. And ich bin mit dir mit großem Ver-
gnügen verheiratet. Auch wenn du abergläubisch bist."
„Ich bin nicht abergläubisch!"
„And das Salz auf dem Tisch?"
„Das ist kein Aberglaube, das ist eine alte Weisheit."
Paul lachte.
„Also müßten wir uns jetzt mit-
einander streiten?"
„Ja."
„Ich streite mich aber nicht mit
dir I"
Pauline gab nicht nach.
„Du mußt dich ja nicht mit mir
streiten. Ich könnte mich ja auch
mit dir streiten."
„Nur damit der dumme Aber-
glaube in Erfüllung geht?"
„Dumm ist der, der nicht glaubt,
was wahr ist!"
„Erlaube!"
Paul war hochgefahren.
Pauline schlug mit dem Finger
auf den Tisch.
„Was wahr ist, muß wahr
bleiben!"
Paul sah auf den Finger.
„Ja, glaubst du denn — ?" rief
er mit erhobener Stimme.
„Was?"
„Glaubst du, ich lasse mit mir
Schindluder treiben? Mit dem
Finger auf den Tisch? Nimm doch
gleich die Faust! Ich streite mich
nicht mit dir und damit basta l"
„Salz auf dem Tisch bedeutet
Streitl"
„And wenn noch mehr Salz aus
dem Tisch liegt?"
Paul ergriff das Salzfaß und
stülpte es um.
„Lier hast du es — Salz auf
dem Tisch in rauhen Mengen!"
„Das ist doch albern, Paul."
„Ich führe nur deinen Aber-
glauben ins Absurde."
Pauline löffelte das Salz wie-
der ein. (Fortsetzung Sette 165)
„Ich weiß nicht, auf der überfüllten Tribüne da unten brächte ich
das Gefühl nicht los, daß einmal leicht etwas passieren könnte!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich weiß nicht..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 191.1939, Nr. 4911, S. 162
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg