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Trost

Niebusch fcat Schmerzen; er jammert: „Ich habe
ein ekelhaftes Lühnerauge am rechten Fuß. Nieder-
trächtiger Weise sitzt es unten auf der Sohle, so daß
ich immer darauf trete."

Zemke tröstet ihn: „Seien Sie doch froh! Da kann
Ihnen kein anderer darauf treten."

„Ä)!ensch, was trinken Sie so viel?"

„Ich trinke nur, um zu vergessen."

„Was wollen Sie denn vergessen?"

„Ja — ja daran kann ich mich nicht erinnern."

Schillers „Handschuh" — VonAifr-d Richter

Der Moppenstiels Leinerich ist ein Lausejunge. Zum
Beispiel: wie steht der Bengel bloß mit seinen Schul-
arbeiten da? Da braucht man nur den Dr. Rührmus
zu fragen! Seinen Deutschlehrer! Sie sprechen gerade
Schillers „Landschuh" durch. Mit wem von uns ist er nicht
durchgesprochen worden? Warum soll also ausgerechnet
Moppenstiels Leinerich da eine Ausnahme machen? —
Die Ausnahme macht er aus eigene Faust: Er lernt
die Strophen einfach nicht. „Äeinerich," sagt Dr. Rühr-
.nus, „sage du nun den Schluß auf!" — And da muß
man nun den Leinerich die Augen verdrehen und herum-
stottern hören: „And er — er wirft ihr — er wirft ihr
den Landschuh ins Gesicht-"

„Weiter?"

Der Leinerich klappert mit den Augendeckeln und
schweigt. „Setz dich," sagt der Dr. Rührmus und klappt
mit seinen großen, haarigen Länden das Buch zu,
„heute abend treffe ich deinen Vater. Dem werde ich
es sagen. Vielleicht erinnerst du dich dann später an den
Schluß des Gedichtes, wenn du an die Prügel denkst,
die du hoffentlich — wie ich deinen Vater kenne —
kriegst, nämlich: „Den Dank, Dame, begehr ich nicht." —

Qualität

„Die Zigarre ist zwar miserabel, doch für Einnebelung
gegen meine eifersüchtige Alte, da ist sie ganz ausgezeichnet."

„Du sollst doch nicht meine Gesichtskrem nehmen, Lotte!
Das ist viel zu früh für dich." — „Aber Mama, du hast
doch neulich geklagt, daß du zu spät damit angefangen hast."

Die Klasse grinst, und Dr. Rührmus läßt hinter der goldenen Brille die
großen grauen Augen funkeln.

Der Dr. Rührmus hat abends nach dem Tarock mit Lerrn Moppenstiel
auf dem Leimweg wegen Leinerich gesprochen. Der Leinerich hat hernach seine
Prügel bekommen und war erstaunt zu sehen, daß Schiller ein Lumorist war;
denn wie hätte er sonst zu den im Leben immer wieder grassierenden Prügel-
gelegenheiten das Zitat dichten können: „Den Dank, Dame, begehr ich nicht!" —?

Die Rührmusens haben mit den Moppenstiels überhaupt viel verkehrt.
And der Dr. Rührmus ist mit dem Leinerich gerade deshalb so streng gewesen,
damit es in der Schule nicht heißen sollte, er ziehe den Leinerich aus Familien-
freundschaft vor. Der Leinerich hat für diese Begründung aber kein Verständ-
nis gehabt. Dazu war er wohl noch zu unreif.

Am Sonntag nach den Prügeln wegen Schillers „Landschuh" sind die
beiden Familien am Nachmittag gemeinsam in den Augarten gewandelt, wo
es den guten Kuchen gibt und eine pfundige Kapelle spielt. Auf dem großen
Teich sollte überdies ein Wasserballspiel starten. Dr. Rührmus behauptete,
er wäre für Sport begeistert und übe ihn bloß nicht mehr aus, weil er zu dick
geworden wäre. Aber ansehen müsse er sich alles. Na, und Papa Moppen-
stiel war ähnlicher Ansicht. Für die Kinder Leinerich und Lisa — Rührmusens
waren kinderlos — war es, wie immer, wenn sie mit den Erwachsenen am
Tische hocken mußten, mordslangweilig. Erst als die Großen sich erhoben, um
dem schon angepfiffenen Wasserballspiel zuzuschauen, wurde es etwas gemüt-
licher. „Ihr bleibt hier und beobachtet unsere Sachen auf dem Tisch," befahl die
Mutter, „paßt auf unsere Schirme und Mäntel auf!"

Der Dr. Rührmus hatte in seinem Sporteifer auch seine Glacehandschuhe
auf dem Tische liegen lassen. Es waren mächtig ausgearbeitete Röhrenfinger
daran, wie bei Ritterhandschuhen, und der Leinerich dachte lange nach, was
für eine Viecherei man wohl mit diesen Landschuhen anstellen könne, um sich
wegen Schillers „Landschuh" und anderer Gemeinheiten zu rächen. Da kam
ihm eine Wespe zu Lilfe. Das Tierle kroch auf dem Tisch herum und schleckte
an verlorenen Zuckerkörnern. „Lai" sagte der Leinerich, „ich hab's!" und streute
die Körner so, daß sie der Wespe den Weg in den Mittelfingerling des einen
Landschuhs hineinwiesen. Sie folgte eifrig der Zuckerspur und verschwand im

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Du sollst doch nicht meine Gesichtskrem nehmen, Lotte!" "Qualität"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Blömer, Hermann
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Mutter <Motiv>
Tochter <Motiv>
Schlafzimmer <Motiv>
Gespräch <Motiv>
Hautpflege
Schlagfertigkeit
Eifersucht
Zigarre <Motiv>
Rauch <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4958, S. 63

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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