Der Kaffee
Wie also drehte man die Sache
an?
Mister Lindsay überlegte viele
Stunden und fand dann eine sehr
vernünftige Lösung. Er ging zum
Herausgeber des Lokalblättchens,
der ein alter Schulfreund von
ihm war und zur Not auch mal
schweigen konnte, und gab diese
Zeitungsanzeige auf:
„Gestern wurden in einem
hiesigen Laden einem Käufer
soviel Steine im Kaffee mit-
gegeben, daß sich eine Anzeige
wegen Betrugs nötig machen
wird, falls nicht bis Mittwoch
vormittags zehn Uhr beim Ver-
lag dieser Zeitung drei Pfund
reiner Kaffee abgeliefert sind."
„So," nickte der Verleger, als
er den Text notiert hatte, „den
werden wir kriegen — wer war
denn der Schurke?"
„Falls du schweigen kannst:
Brown!" brüllte Lindsay ihm in
das halbtaube Ohr.
Der Verleger nickte abermals.
„Lab' ich mir gedacht," knurrte
er, „Brown war immer ein Schurke. Also, komme morgen pünktlich
und hole dir deine drei Pfund ab. Brown ist zwar ein Schurke, aber
dennoch ist Greentown eine ehrliche Stadt. Daran wollen wir unseren
Glauben aufrichten, Macdonald!" Die beiden Männer schauten sich,
als würde die Nationalhymne gespielt, in die langen Britengesichter.
Sie waren in diesem Augenblick sehr stolz auf ihre Vaterstadt. Auf
ihr Britentum waren sie es sowieso, das braucht nicht betont zu werden.
Za, und am nächsten Vormittag ist dann Macdonald Lindsay hin-
gegangen zum Büro der Lokalzeitung und hat seine drei Pfund Kaffee
abholen wollen. Er hatte seine alte, ehrliche Aktentasche dabei. „Wo
hast du denn den Korb?" fragte ihn der Verleger.
Lindsay riß die Augen auf. „Welchen Korb?"
„Ra, für den Kaffee!"
„Dafür habe ich die Aktentasche mit! Du siehst sie doch!"
„Die genügt aber nicht."
„Für drei Pfund Kaffee?"
„Für drei Pfund Kaffee würde sie genügen. Es
sind aber sieben mal drei Pfund Kaffee von sieben ver-
schiedenen Ländlern auf deine Anzeige hin abgegeben
worden." Die beiden Greentowner schauten sich in die
Augen. „Und wie sollen wir von nun an die Ehrlich-
keit unserer Vaterstadt beurteilen?" fragte Lindsay,
während er sehr gewiffenhaft alle sieben Riesentüten
Kaffee einpackte, sich im letzten Augenblick aber besann
und seinem Freund, dem Verleger, auch eine hinschob.
Da wurde der enthusiastisch. „Wie wir sie beurteilen
sollen, fragst du?" rief er. „Na, ich als Mann der Presse
kann da nur sagen: Nie war Greentown ehrlicher
als in dieser Stunde, denn wie wären sonst volle sieben
Geschäfte auf deine anonyme Zeitungsanzeige herein-
gefallen?"
„Ja," sagte Lindsay andächtig, „mit Gott fürs
Recht, das war ja immer unsere Devise!"
„Aber mein Lerr, Sie müssen doch Ihren Ueberzieher oblegen!"
„Mir müssen Sie eine Ausnahme gestatten: ich bin Rheumatiker,
und der heutige Schwank soll doch ein starkes Zugstück sein."
Bedauerlich
„Was haben Sie in der letzten
Zeit gearbeitet?"
„Ein Werk für großes Orchester
und Chor."
„Na, das läßt sich hören!"
„Leider nicht; niemand führt
es auf."
Im Eifer
Schönfink ist Eigentümer eines
Mietshauses, auf dem Büchsler
eine Lypothek hat. Zur dritten
Stelle freilich, aber das macht
nichts, denn Schönfink ist ein or-
dentlicher Mann und wird die
Zinsen immer pünktlich zahlen.
Jetzt aber fühlt sich Büchsler
veranlaßt, Schönfink auf etwas
vorzubereiten. „Ja, lieber Lerr
Schönfink, Sie dürfen es nicht
übelnehmen: ich werde Ihnen die
Lypothek kündigen müssen."
Schönfink ist etwas betroffen.
Das Paßt ihm gar nicht; das
würde ja allerlei Amstände ge-
ben; da würde er herumlaufen und Geld suchen müssen, und überflüssige
Kosten würden dabei auch entstehen. „Aber warum denn, Lerr
Büchsler?" fragt er. „Warum denn?"
„Za, ich möchte mir selber ein Laus kaufen, und da brauche ich
das Geld zur Anzahlung."
„Ein Laus wollen Sie kaufen? Laden Sie sich doch das nicht auf!
Der Aerger mit den Mietern, die Reparaturen, die Steuern! And
die Lypothekenzinsen wollen auch Pünktlich bezahlt sein." Schönfink
findet beschwörende Töne.
„Das wird schon gehn; ein Mietshaus bringt ja auch was ein."
Schönfink beschwört noch stärker. „Lassen Sie 's bleiben, Lerr
Büchsler! Sie haben so 'n schönes, friedliches Leben. Sie find an
gar keine Scherereien gewöhnt. Aber die würden Sie kriegen. And
wenn's auch ein paar Jahre ohne Amstände abgegangen ist-pah,
eines Tages kündigt Ihnen so 'n Schafskopf eine Lypothek."
Die großen Ohren
„Lören Sie auf mit Ihren Schmeicheleien! Ich
halte mir die Ohren zu!"
„Mit Ihren reizenden kleinen Länden? Anmög-
lich, Fräulein!"
„Wie steht die Sache mit Franz?"
„Ach, alte Lose!" — „Wieso?" — „Ausgefranzt!"
291
Wie also drehte man die Sache
an?
Mister Lindsay überlegte viele
Stunden und fand dann eine sehr
vernünftige Lösung. Er ging zum
Herausgeber des Lokalblättchens,
der ein alter Schulfreund von
ihm war und zur Not auch mal
schweigen konnte, und gab diese
Zeitungsanzeige auf:
„Gestern wurden in einem
hiesigen Laden einem Käufer
soviel Steine im Kaffee mit-
gegeben, daß sich eine Anzeige
wegen Betrugs nötig machen
wird, falls nicht bis Mittwoch
vormittags zehn Uhr beim Ver-
lag dieser Zeitung drei Pfund
reiner Kaffee abgeliefert sind."
„So," nickte der Verleger, als
er den Text notiert hatte, „den
werden wir kriegen — wer war
denn der Schurke?"
„Falls du schweigen kannst:
Brown!" brüllte Lindsay ihm in
das halbtaube Ohr.
Der Verleger nickte abermals.
„Lab' ich mir gedacht," knurrte
er, „Brown war immer ein Schurke. Also, komme morgen pünktlich
und hole dir deine drei Pfund ab. Brown ist zwar ein Schurke, aber
dennoch ist Greentown eine ehrliche Stadt. Daran wollen wir unseren
Glauben aufrichten, Macdonald!" Die beiden Männer schauten sich,
als würde die Nationalhymne gespielt, in die langen Britengesichter.
Sie waren in diesem Augenblick sehr stolz auf ihre Vaterstadt. Auf
ihr Britentum waren sie es sowieso, das braucht nicht betont zu werden.
Za, und am nächsten Vormittag ist dann Macdonald Lindsay hin-
gegangen zum Büro der Lokalzeitung und hat seine drei Pfund Kaffee
abholen wollen. Er hatte seine alte, ehrliche Aktentasche dabei. „Wo
hast du denn den Korb?" fragte ihn der Verleger.
Lindsay riß die Augen auf. „Welchen Korb?"
„Ra, für den Kaffee!"
„Dafür habe ich die Aktentasche mit! Du siehst sie doch!"
„Die genügt aber nicht."
„Für drei Pfund Kaffee?"
„Für drei Pfund Kaffee würde sie genügen. Es
sind aber sieben mal drei Pfund Kaffee von sieben ver-
schiedenen Ländlern auf deine Anzeige hin abgegeben
worden." Die beiden Greentowner schauten sich in die
Augen. „Und wie sollen wir von nun an die Ehrlich-
keit unserer Vaterstadt beurteilen?" fragte Lindsay,
während er sehr gewiffenhaft alle sieben Riesentüten
Kaffee einpackte, sich im letzten Augenblick aber besann
und seinem Freund, dem Verleger, auch eine hinschob.
Da wurde der enthusiastisch. „Wie wir sie beurteilen
sollen, fragst du?" rief er. „Na, ich als Mann der Presse
kann da nur sagen: Nie war Greentown ehrlicher
als in dieser Stunde, denn wie wären sonst volle sieben
Geschäfte auf deine anonyme Zeitungsanzeige herein-
gefallen?"
„Ja," sagte Lindsay andächtig, „mit Gott fürs
Recht, das war ja immer unsere Devise!"
„Aber mein Lerr, Sie müssen doch Ihren Ueberzieher oblegen!"
„Mir müssen Sie eine Ausnahme gestatten: ich bin Rheumatiker,
und der heutige Schwank soll doch ein starkes Zugstück sein."
Bedauerlich
„Was haben Sie in der letzten
Zeit gearbeitet?"
„Ein Werk für großes Orchester
und Chor."
„Na, das läßt sich hören!"
„Leider nicht; niemand führt
es auf."
Im Eifer
Schönfink ist Eigentümer eines
Mietshauses, auf dem Büchsler
eine Lypothek hat. Zur dritten
Stelle freilich, aber das macht
nichts, denn Schönfink ist ein or-
dentlicher Mann und wird die
Zinsen immer pünktlich zahlen.
Jetzt aber fühlt sich Büchsler
veranlaßt, Schönfink auf etwas
vorzubereiten. „Ja, lieber Lerr
Schönfink, Sie dürfen es nicht
übelnehmen: ich werde Ihnen die
Lypothek kündigen müssen."
Schönfink ist etwas betroffen.
Das Paßt ihm gar nicht; das
würde ja allerlei Amstände ge-
ben; da würde er herumlaufen und Geld suchen müssen, und überflüssige
Kosten würden dabei auch entstehen. „Aber warum denn, Lerr
Büchsler?" fragt er. „Warum denn?"
„Za, ich möchte mir selber ein Laus kaufen, und da brauche ich
das Geld zur Anzahlung."
„Ein Laus wollen Sie kaufen? Laden Sie sich doch das nicht auf!
Der Aerger mit den Mietern, die Reparaturen, die Steuern! And
die Lypothekenzinsen wollen auch Pünktlich bezahlt sein." Schönfink
findet beschwörende Töne.
„Das wird schon gehn; ein Mietshaus bringt ja auch was ein."
Schönfink beschwört noch stärker. „Lassen Sie 's bleiben, Lerr
Büchsler! Sie haben so 'n schönes, friedliches Leben. Sie find an
gar keine Scherereien gewöhnt. Aber die würden Sie kriegen. And
wenn's auch ein paar Jahre ohne Amstände abgegangen ist-pah,
eines Tages kündigt Ihnen so 'n Schafskopf eine Lypothek."
Die großen Ohren
„Lören Sie auf mit Ihren Schmeicheleien! Ich
halte mir die Ohren zu!"
„Mit Ihren reizenden kleinen Länden? Anmög-
lich, Fräulein!"
„Wie steht die Sache mit Franz?"
„Ach, alte Lose!" — „Wieso?" — „Ausgefranzt!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aber mein Herr, Sie müssen doch Ihren Ueberziehr ablegen!" "Wie steht die Sache mit Franz?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4977, S. 291
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg