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Ein Faß Madeira

bitte: sie haben das Zeug ehrlicher Weise nachher auch ganz
billig abgegeben. Für die übrige Ladung — man weiß nicht
mehr, was dabei gewesen sein mag — fanden sich nach und
nach zögernde Bewerber, und dann war Schluß. Aber nein —
Auktionator Karschen hatte etwas übersehen. Da lag ja noch
ein Faß, das laut Konossement für einen Weinhändler im
Binnenlande bestimmt war und Madeira enthielt. Dry Madeira.

And nach diesem Faß hatte der alte Stojentin schon längst
geschielt und schließlich hatte er sich darauf gesetzt, so daß
Karschen es nicht bemertt hatte. Jetzt mußte er es Stojentin
für einen Taler zuschlagen; es war ja niemand mehr da, der
höher hätte bieten können.

Der alte Stojentin lebte von seinen Renten, nachdem er
vor ein paar Jahren das Geschäft — Daniel Stojentin, Lager
für Schiffsausrüstung — seinem Sohne übergeben hatte. Aber
er machte ganz gern noch kleine Gelegenheitsgeschäfte, denn
er war ein sparsamer Mann, und auf die Weise konnte er
die manchmal nicht kleine Zeche hereinbringen, die er allabend-
lich in den „Sieben Provinzen" machte, wo er mit den alten
Kapitänen und Lotsen zusammensaß. Freilich — seit einigen
Wochen war diese Zeche leider nur gering; Stojentin trank
zur Zeit nur Tee, denn Doktor Freymuth, der Kreisphysikus,
hatte ihm alles Alkoholische verboten. „Aber nicht für lange;
wir werden schon wieder ein bißchen picheln können," hatte
er beruhigend gesagt.

Stojentin nahm sich einen Schauermann, der gerade nichts
zu tun hatte und ihm das Faß nach Lause karren konnte —
für 5V Pfennig oder vielmehr: für 5 Dittchen. Denn so heißt
es dortzulande. Da kam Skibbe an, der ehemalige Strand-
vogt. Dem gefiel das Faß. „Mensch, das hast du wohl billig
gekriegt?" Direkt nach dem Preise fragte er nicht; er wußte,
den würde Stojentin doch nicht nennen.

„Ra, es geht!" gab Stojentin denn auch ausweichend zur
Antwort.

„Zs' er wohl noch gut? Madeira is' was Feines!"

„Warum soll er nich' mehr gut sein?" Stojentin haute gegen
das Faß. „So'n strammes Lolz!"

„Schade, daß ich nich' dabei war!" bedauerte Skibbe. „Ich hätt'
mehr geboten. Kein Geschäft zu machen? Was willst du jetzt haben
für das Faß? Du trinkst ja doch bloß Tee."

„Wird auch wieder anders! sagt der Kreisphysikus. Ich werd'
gleich heut' mal wieder zu ihm hingehn." Stojentin, schmatzte, klopfte
sich behaglich auf den Bauch und zog weiter mit seinem Faß. Zu
Lause arbeitete er an dem einen der beiden Spunde herum, längere
Zeit, denn das mutzte auf alle Fälle sehr sorgfältig geschehen. Dann
füllte er mit dem Leber ein Gläschen. Na, etwas trübe sah der

Der Mantel auf Zuwachs „Gerät der Junge nach mir,

dann ist ihm der Mantel bald zu eng; gerät er nach meinem Mann,
dann ist er ihm bald zu kurz und zu weit. Bitte, raten Sie uns!"

Madeira aus, aber schließlich-Wein kann man wieder klären.

Mal probieren! Stojentin nahm — an den Kreisphysikus dachte er
jetzt nicht — einen tüchtigen Schluck. Pfui Deiwel! Stojentin spuckte
den Schluck wieder aus, aber nicht etwa, weil ihm der Kreisphysikus
eingefallen wäre — nein, wegen verdammt schlechten Geschmacks.
Ja, mit Seewaffer ist das doch so eine Sache; es hat eine üble
Neigung, sich einzudrängen und andere, wertvollere Flüssigkeiten
hinauszuschmeißen. Stojentin schlug den Spund wieder hinein, mit
der gleichen Sorgfalt. So — das war in Ordnung und nichts zu
merken. Aber sollte nun der Taler verloren sein? And die fünf
Dittchen für den Schauermann? Das müßte ja mit dem Deiwel
zugehn! Stojentin steckte sich eine Pfeife an und dachte nach.

Am Abend saß er dann in den „Sieben Provinzen", sah traurig

„Setzen Sie sich ruhig hin, Fräulein, da ist nicht besetzt, da ist Platz
für sieben Fahrgäst, und vier sitzen erst dort!"

aus und trank Tee.

„And dabei hat der Mensch Madeira
im Lause!" brüllte Strandvogt Skibbe.
„Was hat denn der Kreisphysikus heut'
gesagt?"

Stojentin zog ein wehleidiges Gesicht.
„Es dauert noch ein Weilchen, hat er
gesagt. Aber was weiß ich! Wie die

Doktors so sind-die reden einem oft

was vor."

„Na also — dann kauf' ich das Faß!"
schlug Skibbe vor. „Ich zahl' dir das
Doppelte."

Der Wirt zu den „Sieben Provinzen"
hatte auch Lust zu dem Geschäft. „Ich zahl'
das Dreifache. Aber ich muß vom Auktio-
nator wissen, was das Faß gebracht hat."

Stojentin schüttelte den Kopf. „Nee,
so billig geb' ich das Faß nich' her. Wo
ich jetzt den Aerger Hab', daß ich Tee
trinken muß!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Mantel auf Zuwachs" "Setzen Sie sich ruhig hin, Fräulein..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4987, S. 99

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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