Zeichnung von I. Mauder
Das amerikanisch-englische Kasperltheater
für brave kleine Völker
Da lachen dle Lühneri
„Sehen Sie! Und deshalb geht man am besten zur Quelle! Wer
steht dem Luhn näher als der Bauer?"
Meine Frau blickte sich beobachtend um:
„Im Vertrauen, Frau Steueroberinspektor. Sie müssen einfach
einmal so ein Luhn versuchen. Sehr gerne will ich es Ihnen vermitteln."
Auch die Frau Steueroberinspektor war begeistert. Auch sie
empfing nun pro Woche ein Luhn vom Lande.
Aber dabei blieb es nicht.
Auch die Frau des Friseurs uns gegenüber, die Frau Spengler-
meister, Frau Doktor Iura und noch einige Damen unserer Be-
kanntschaft waren meiner Frau aus tiefstem Kerzen dankbar, als
sie ihnen ihr Geheimnis verraten hatte.
Eines Abends gab es gebratene Tauben.
„Du ißt doch Tauben gar nicht gern?" fragte ich meine Frau
verwundert.
„Ich hatte ein schlechtes Gewissen, und deshalb kaufte ich bei
Krähmann diese Tauben" gestand sie. „Aber! Ich habe dabei seine
Kühner gesehen, ich wollte zwar gar nicht Hinschauen. Kühner,
sage ich dir. Nichts als Knochen! And jetzt bin ich wieder beruhigt.
Sollen ruhig alle Leute an seinem Laden vorbeilaufen. Ich weiß es,
ich sehe es ja, fast niemand mehr kauft bei ihm. And er verdient
es nicht anders!"
Warum sollte ich widersprechen? Die Kühner, die meine Frau
mir vorsetzte, waren gut, und außerdem war der Bauer schon seit
langem dazu übergegangen, die Kühner vollkommen bratfertig zu
liefern, so daß ich selbst sie nicht mehr rupfen brauchte, wie dies bei
dem ersten, das wir stolz im Säckchen nach Lause getragen hatten,
noch der Fall gewesen war.
Wie es dann noch weiter ging?
Wir waren bei Tante Theodolinde zu Tisch geladen: Es gab
Luhn. „Was hast du heute zu Mittag gegessen?" fragte ich meiner
Freund Karl. „Natürlich Kuhn, wie gestern abend und wie vor-
gestern zum Frühstück; wo wir doch so eine prima Bezugsquelle
haben!" Meine Frau wollte unserer langjährigen, braven Zugehfrau
eine Freude machen, da das neue Luhn, auf Eis gelegt, schon auf
uns wartete. „Nehmen Sie sich diesen Rest mit nach Lause, Anna!"
Anna dankte, lehnte dankend ab. Sie hatte selbst, vom letzten halben
Wochenlohn gekauft, noch zwei Kühner zu Lause.
Ich ging durch die Straße und hob meine Nase. Es duftete nach
Lühnersuppe. Ich hielt mir die Ohren zu: Aus jedem offenen
Fenster hörte ich Gackern und Krähen, Krähen und Gackern.
„So, da hast du es! Eine ganze Familie um Brot und Ver-
dienst gebracht, ins Anglück gestürzt!" schrie ich eines Vormittags
meine Frau an.
Meine Frau war darauf vorbereitet:
„Last du also auch schon das Schild gelesen: „Laden wegen Ge-
schäftsaufgabe geschlossen? Nun, verdient so ein Wucherer, wie
dieser Krähmann, etwas anderes? Warum war er nicht reell? Wa-
rum hat er uns arme Kausfrauen mit seinen elend mageren Lüh'
nern immerzu betrogen?"
Wie eine Göttin der Gerechtigkeit stand meine Frau vor mir.
Sieg und Triumph lagen im strengen Blick ihrer Augen.
Ich liebe keine ehelichen Auseinandersetzungen.
Ich gehe lieber ins Wirtshaus.
„Ahai" dachte ich. „Dort sitzt er schon, der so tragisch an den
Bettelstab Gebrachte, und ersäuft seinen Kummer."
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Das amerikanisch-englische Kasperltheater
für brave kleine Völker
Da lachen dle Lühneri
„Sehen Sie! Und deshalb geht man am besten zur Quelle! Wer
steht dem Luhn näher als der Bauer?"
Meine Frau blickte sich beobachtend um:
„Im Vertrauen, Frau Steueroberinspektor. Sie müssen einfach
einmal so ein Luhn versuchen. Sehr gerne will ich es Ihnen vermitteln."
Auch die Frau Steueroberinspektor war begeistert. Auch sie
empfing nun pro Woche ein Luhn vom Lande.
Aber dabei blieb es nicht.
Auch die Frau des Friseurs uns gegenüber, die Frau Spengler-
meister, Frau Doktor Iura und noch einige Damen unserer Be-
kanntschaft waren meiner Frau aus tiefstem Kerzen dankbar, als
sie ihnen ihr Geheimnis verraten hatte.
Eines Abends gab es gebratene Tauben.
„Du ißt doch Tauben gar nicht gern?" fragte ich meine Frau
verwundert.
„Ich hatte ein schlechtes Gewissen, und deshalb kaufte ich bei
Krähmann diese Tauben" gestand sie. „Aber! Ich habe dabei seine
Kühner gesehen, ich wollte zwar gar nicht Hinschauen. Kühner,
sage ich dir. Nichts als Knochen! And jetzt bin ich wieder beruhigt.
Sollen ruhig alle Leute an seinem Laden vorbeilaufen. Ich weiß es,
ich sehe es ja, fast niemand mehr kauft bei ihm. And er verdient
es nicht anders!"
Warum sollte ich widersprechen? Die Kühner, die meine Frau
mir vorsetzte, waren gut, und außerdem war der Bauer schon seit
langem dazu übergegangen, die Kühner vollkommen bratfertig zu
liefern, so daß ich selbst sie nicht mehr rupfen brauchte, wie dies bei
dem ersten, das wir stolz im Säckchen nach Lause getragen hatten,
noch der Fall gewesen war.
Wie es dann noch weiter ging?
Wir waren bei Tante Theodolinde zu Tisch geladen: Es gab
Luhn. „Was hast du heute zu Mittag gegessen?" fragte ich meiner
Freund Karl. „Natürlich Kuhn, wie gestern abend und wie vor-
gestern zum Frühstück; wo wir doch so eine prima Bezugsquelle
haben!" Meine Frau wollte unserer langjährigen, braven Zugehfrau
eine Freude machen, da das neue Luhn, auf Eis gelegt, schon auf
uns wartete. „Nehmen Sie sich diesen Rest mit nach Lause, Anna!"
Anna dankte, lehnte dankend ab. Sie hatte selbst, vom letzten halben
Wochenlohn gekauft, noch zwei Kühner zu Lause.
Ich ging durch die Straße und hob meine Nase. Es duftete nach
Lühnersuppe. Ich hielt mir die Ohren zu: Aus jedem offenen
Fenster hörte ich Gackern und Krähen, Krähen und Gackern.
„So, da hast du es! Eine ganze Familie um Brot und Ver-
dienst gebracht, ins Anglück gestürzt!" schrie ich eines Vormittags
meine Frau an.
Meine Frau war darauf vorbereitet:
„Last du also auch schon das Schild gelesen: „Laden wegen Ge-
schäftsaufgabe geschlossen? Nun, verdient so ein Wucherer, wie
dieser Krähmann, etwas anderes? Warum war er nicht reell? Wa-
rum hat er uns arme Kausfrauen mit seinen elend mageren Lüh'
nern immerzu betrogen?"
Wie eine Göttin der Gerechtigkeit stand meine Frau vor mir.
Sieg und Triumph lagen im strengen Blick ihrer Augen.
Ich liebe keine ehelichen Auseinandersetzungen.
Ich gehe lieber ins Wirtshaus.
„Ahai" dachte ich. „Dort sitzt er schon, der so tragisch an den
Bettelstab Gebrachte, und ersäuft seinen Kummer."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das amerikanisch-englische Kasperltheater für brave klein Völker"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Atlantik-Charta
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5121, S. 148
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg