Hi2 Aus Herr» G
t'iöttin Vikthorija nicht hat mit den Gesichte nach die Stadt
sehen dirfen und g'rade eben weil sie die armen vier Budel
vorgesbamst hat. Dieses ist freilich ein bischen zu viel verlangt
vor vier Hunde, daß sie sollen so ein mahsiefcs Frauenszimmer
in Gallob fahren, weshalb sie auch alle vier gans merkwirdig
böse Gesichter ziehe», was man besonders gut sieht, wenn man
etwas nahe von der Schohseeseide unten daran tritt, wo cs
anssieht, als wollte» die vier Bestichcn Einen auf den Halz
sbringen und zerreißen.
ES sind dieses auch die einzigtcn Budel gewesen, welche
ich in Minchen obne Maulkerbe habe gehen sehen und diese
mit ibre bissigen Gesichter sollte» zuallererst welche haben.
Weil man nicht alle Gegenftende hat in die große Jndi-
dusterieausstellung hincinbringcn kenne», so haben sie noch eine
zweite Sammlung angelegt, welche man jedoch Glickshafen
nennt und welche den Vortbeil hat, daß Einer dabei etwas ge-
winnen kan», weil alles verlohst wird.
Das Gebeidc ist in einen scbr geselligen rohmantischen
Stiele nach Art und Weise der Dirken ibre Haremsc aufgefibrt
und sehr schon angestrichen. Dbcndarauf ist ein Mench gemalt,
welcher mit Henden und Kiffen nack alle Seiden strambelt.
Das friedliche Arankschmank des Ganzen bestickt Einen so
sehr in die Augen, daß sebr viele fremde Besucher gar nickt
in den Ausstellungsballast binein wollen, wenn sic erst das
glicksbästichc Edablissimank gesehen habe». Daher kommt es
auch, baß diese hier viel bcffrc Gescheftc machen, als wie jene
dorten. Damit daß sich nun ein Jeder recht zahlreich dabei be-
thriligk, so bat man die großen Gewinnfte, welche man mit
dem Namen Lockvegel benennt, so vorne hinan an die Fenster
gestellt, welches eine solche Zauwermacht ausibt, daß Keiner
nickt Vorbeigehen kann, welcher nicht ein Loos nimmt.
as's Tagebuch.
Auch wir bearbeiteten uns durch einige tausend Menschen
hindurch, um uns einige Lohse zu kaufen. Diese befinden sich
in blauen Pabierchen, wo nichts nicht darin ist, wenn man sie
aufmacht, weshalb man sie Nieten nennt. Auch wir hatten alle
mit einander kein Glich nicht, und gewannen semmtlich Rieten.
Ich wollte schon fortgchen, allein Kohle war gans withend im
Sbielen und setzte sein letztes Geld, warum ihn Einer von
unfern Nachbarn für einen geborenen Minchner halten wollte.
Allein cs waren auch wieder lauter Nieten, welche er sich heraus-
zvg. Dadurch wurde er immer withendcr, so daß ich ihn gar
nicht mehr zurickhalten konnte. Ein um uns herum Stehender,
welcher ein Heberchcr zu sein schien, sagte zu Kohlen:
„Ich will Ihnen Ihren Rock abkaufen, denn jetzt kommt
nun das Glich gans gewiß bei Ihnen."
Ich bat zwar Kohlen fast auf die Kniee, daß er dieses
nicht thucn sollte, weil es seine Verdärbniß sein thete, allein
er ging wieder hin, kaufte für das Geld vor seinen Rock lauter
Lohse und gewann wieder nichts nicht.
Jetzt beredete ihn der jidische Kleidcrhcndler noch einmal,
doch auch die Weste und das Halstuch zu verkaufen, was Kohle
auch that für ein Lumbengeld und wieder ebensoviel gewann
wie früher.
Nun hatte er nichts mehr zum verkaufen, denn der Sol-
date, aus welchen dort die Wache bestand, sagte, daß cs nicht
erlaubt were, die Beinbekleitungen zu verkaufen, wie Kohle
dieses tbun wollte. Aber er ließ dennoch nicht nach und ver-
klobftc noch seine Stiefeln, wofür er zwelf Krei er emfing.
Damit eilte er in den Glickshafen, zog ein Lohs und juwelte
so sehr, daß er fast aretirt geworden were. Dann ließ er sick
seinen Gewinn geben, welcher nach seinen Vermuthungen min-
destens rin Schrwis von silberne Messer und Kabeln sein
mußte. Aber cs war nur ein kleines Kästchen von Pabier mit
obendarauf eine Ansicht der Stadt. Es muß also Gold oder
Goldeswert darinne fein, dachte Kohle und eilte hinter ein
Haus, wo er es ösnete und was befand sich darin? Ein Baar
Bnkskindhandschuhc für den Winter mit vierzig KaradeKclke!!!
Also für einen vollstendigcn Anzug hatte er ein baar dicke
Wintcrhandschuh gewonnen, welches allerdings für diese Hitze
im Sommer ein eben so wcrdvoller als baffcndcr Gegenstand waren.
Baarfüssig niit die notdirfligften Kleider schlich Kohle mit
niedergcschmättertem Haubt neben mir her, indem er seine Hand-
schuh anbrowiren that.
„Weinen Sie nicht, Kohle," sagte ich, „ich werde morgen
Ihre Kleider bei den Juden wieder einlescn, aber ich hoffe,
daß Sie von der Leitcnschaftlichkeit des Sbieles kuhrirt sind."
Mit Dankesbezeichnungen fiel mir Kohle um den Hals
und vcrsbrach mir dafür, mich in verdoppelter Lebcnslenglichkeit
alt keeskol, an mein Seidengebeidc zu malen, sobald als wie
wir wieder in Pirne eingerickt sein wirken.
Aber im Sommer ein Baar Buckskindhandschuhc bei dreißig
Karadc Wcrmc! Und so etwas einen Glickshafen zu nennen —
das konnte ich mir nicht zusammenrcimen und mechte es wohl
ein Mal sehen, wie es dann in einen Unglickshafen mißte
zugehen! _
t'iöttin Vikthorija nicht hat mit den Gesichte nach die Stadt
sehen dirfen und g'rade eben weil sie die armen vier Budel
vorgesbamst hat. Dieses ist freilich ein bischen zu viel verlangt
vor vier Hunde, daß sie sollen so ein mahsiefcs Frauenszimmer
in Gallob fahren, weshalb sie auch alle vier gans merkwirdig
böse Gesichter ziehe», was man besonders gut sieht, wenn man
etwas nahe von der Schohseeseide unten daran tritt, wo cs
anssieht, als wollte» die vier Bestichcn Einen auf den Halz
sbringen und zerreißen.
ES sind dieses auch die einzigtcn Budel gewesen, welche
ich in Minchen obne Maulkerbe habe gehen sehen und diese
mit ibre bissigen Gesichter sollte» zuallererst welche haben.
Weil man nicht alle Gegenftende hat in die große Jndi-
dusterieausstellung hincinbringcn kenne», so haben sie noch eine
zweite Sammlung angelegt, welche man jedoch Glickshafen
nennt und welche den Vortbeil hat, daß Einer dabei etwas ge-
winnen kan», weil alles verlohst wird.
Das Gebeidc ist in einen scbr geselligen rohmantischen
Stiele nach Art und Weise der Dirken ibre Haremsc aufgefibrt
und sehr schon angestrichen. Dbcndarauf ist ein Mench gemalt,
welcher mit Henden und Kiffen nack alle Seiden strambelt.
Das friedliche Arankschmank des Ganzen bestickt Einen so
sehr in die Augen, daß sebr viele fremde Besucher gar nickt
in den Ausstellungsballast binein wollen, wenn sic erst das
glicksbästichc Edablissimank gesehen habe». Daher kommt es
auch, baß diese hier viel bcffrc Gescheftc machen, als wie jene
dorten. Damit daß sich nun ein Jeder recht zahlreich dabei be-
thriligk, so bat man die großen Gewinnfte, welche man mit
dem Namen Lockvegel benennt, so vorne hinan an die Fenster
gestellt, welches eine solche Zauwermacht ausibt, daß Keiner
nickt Vorbeigehen kann, welcher nicht ein Loos nimmt.
as's Tagebuch.
Auch wir bearbeiteten uns durch einige tausend Menschen
hindurch, um uns einige Lohse zu kaufen. Diese befinden sich
in blauen Pabierchen, wo nichts nicht darin ist, wenn man sie
aufmacht, weshalb man sie Nieten nennt. Auch wir hatten alle
mit einander kein Glich nicht, und gewannen semmtlich Rieten.
Ich wollte schon fortgchen, allein Kohle war gans withend im
Sbielen und setzte sein letztes Geld, warum ihn Einer von
unfern Nachbarn für einen geborenen Minchner halten wollte.
Allein cs waren auch wieder lauter Nieten, welche er sich heraus-
zvg. Dadurch wurde er immer withendcr, so daß ich ihn gar
nicht mehr zurickhalten konnte. Ein um uns herum Stehender,
welcher ein Heberchcr zu sein schien, sagte zu Kohlen:
„Ich will Ihnen Ihren Rock abkaufen, denn jetzt kommt
nun das Glich gans gewiß bei Ihnen."
Ich bat zwar Kohlen fast auf die Kniee, daß er dieses
nicht thucn sollte, weil es seine Verdärbniß sein thete, allein
er ging wieder hin, kaufte für das Geld vor seinen Rock lauter
Lohse und gewann wieder nichts nicht.
Jetzt beredete ihn der jidische Kleidcrhcndler noch einmal,
doch auch die Weste und das Halstuch zu verkaufen, was Kohle
auch that für ein Lumbengeld und wieder ebensoviel gewann
wie früher.
Nun hatte er nichts mehr zum verkaufen, denn der Sol-
date, aus welchen dort die Wache bestand, sagte, daß cs nicht
erlaubt were, die Beinbekleitungen zu verkaufen, wie Kohle
dieses tbun wollte. Aber er ließ dennoch nicht nach und ver-
klobftc noch seine Stiefeln, wofür er zwelf Krei er emfing.
Damit eilte er in den Glickshafen, zog ein Lohs und juwelte
so sehr, daß er fast aretirt geworden were. Dann ließ er sick
seinen Gewinn geben, welcher nach seinen Vermuthungen min-
destens rin Schrwis von silberne Messer und Kabeln sein
mußte. Aber cs war nur ein kleines Kästchen von Pabier mit
obendarauf eine Ansicht der Stadt. Es muß also Gold oder
Goldeswert darinne fein, dachte Kohle und eilte hinter ein
Haus, wo er es ösnete und was befand sich darin? Ein Baar
Bnkskindhandschuhc für den Winter mit vierzig KaradeKclke!!!
Also für einen vollstendigcn Anzug hatte er ein baar dicke
Wintcrhandschuh gewonnen, welches allerdings für diese Hitze
im Sommer ein eben so wcrdvoller als baffcndcr Gegenstand waren.
Baarfüssig niit die notdirfligften Kleider schlich Kohle mit
niedergcschmättertem Haubt neben mir her, indem er seine Hand-
schuh anbrowiren that.
„Weinen Sie nicht, Kohle," sagte ich, „ich werde morgen
Ihre Kleider bei den Juden wieder einlescn, aber ich hoffe,
daß Sie von der Leitcnschaftlichkeit des Sbieles kuhrirt sind."
Mit Dankesbezeichnungen fiel mir Kohle um den Hals
und vcrsbrach mir dafür, mich in verdoppelter Lebcnslenglichkeit
alt keeskol, an mein Seidengebeidc zu malen, sobald als wie
wir wieder in Pirne eingerickt sein wirken.
Aber im Sommer ein Baar Buckskindhandschuhc bei dreißig
Karadc Wcrmc! Und so etwas einen Glickshafen zu nennen —
das konnte ich mir nicht zusammenrcimen und mechte es wohl
ein Mal sehen, wie es dann in einen Unglickshafen mißte
zugehen! _
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aus Herrn Graf's Tagebuch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Glückshafen <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 20.1854, Nr. 477, S. 162
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg