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Fliegende Blätter — 3.1846 (Nr. 49-72)

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Nr. 50
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https://doi.org/10.11588/diglit.2125#0017
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Ein Brief Theobalds re. 1L

Cin Brief Theobalds an seine Base
Thnsnelde

im hintersten Hinterpommern.
Mitgetheilt von Carl Gaillard.

lFortsetzung.)

„Was ist das," sagte die Schwedin, „der arme Mann

scheint verloren zu haben seinen Verstand?"-Als ob ein

paar Mauersteine meinem Schädel etwas anhaben könnten?!
Ich unterdrückte die Wallung, denn daß sie eine so schlechte
Jdeh von meinem Kopfe hatte, schmerzte mich sehr und fuhr fort:
Sei mir nicht abhold meiner Farbe wegen,

Der Schattentracht — —

„Ach Madamken," unterbrach mich der Schorn-
steinfeger, „des is en vornehmer Herr, der de Schorn-
steinfegerei aus bloßer Liebhaberei bedreibt."

„Das ist abscheulich," sagte sie und verschwand.

Da kam der Hausherr und begann mit einem etwas
professormäßigen Tone: „Es ist eine ganz eigen-
thümliche Manier, durch den Schornstein den Ein-
tritt in eine Wohnung zu suchen, deren Thür ver-
schlossen ist. Die hohle Narrheit der Kunstenthu-
siasten ist für eine große Künstlerin eine weit unbe-
quemere Last, als die Angriffe des Neides und der
Bosheit. — Ich habe eine Droschke für Sie holen
laffen, und bitte Sie, mich nicht ferner zu inkom-
modiren." Ich war noch zu sehr durch die Ueber-
raschung im Schornsteine betäubt, sonst hätte ich
den Mann gefragt, was er eigentlich meinte, be-
sonders mit der Last: ich bin doch kein Last- oder
Müllerthier; doch wer ist auf solche Redensarten
gefaßt?

Die Droschke wollte mich nicht ausnehmen, meiner Schwärze
wegen. Ich war in einer fatalen Zituation. Durch die Re-
actionsversuche war mein Gesicht kenntlich geworden, während

meine Büste und mein Piedesthal schornsteinfegerisch geblieben
war. Etwas Kanallge, welche von dem Vorfall gehört haben
mußte, empfing mich mit einem Hurrah und s—kortirte mich
bis zur Jerusalemmer Kirche. Hier hielt ich es zu meinem
Malhör für avantagöser, auszureißen. Du weißt, ich kann
barbarisch laufen; Himmel, die wilde Jagd ging los. — Zum
zweiten Malhör war es gerade 8 Uhr Morgens, zu welcher
Zeit die Jungen in die Schule gehen. Diese Gamengs oder
Rangen warfen allerlei Straßensubstanzen, Mappen, Bücher,
Penale, kurz Alles, was ihnen unter die Finger kam, mir
nach; eine nichtsnutzige Razeh, diese Berliner Straßenjungen,
nichtsnutziger als die nichtswürdigen Bastardhunde, die hinter
mir drein blafften und öfter nach mir schnappten. — Ich
hatte einen Schweif hinter mir, länger, breiter und turbu-
lenter als der O'Connels, du wirst den Kerl kennen. Zu
meinem detestabelsten Malhör kam mir an der Krausenstraße-
Ecke die Tante von K—. mit ihren Töchtern Adelheid und
Agnes in weißen Kaschemir-Mantillen in den Weg. Die
Tante rannte ich um. Adelheid und Agnes schrieen fürchter-
lich, ich weiß nicht, ob mehr ihrer Mama oder ihrer ange- i
streiften Mantillen wegen. Sie erkannten mich und riefen:
„Herr Je! Theobald das wird einen magnifieken Familien-
klatsch geben." Meinetwegen. Unter dem diabolischen Ge-
lächter der Menge sprang ich auf. Im rasenden Laufe
ging es die Leipziger- und die Friedrichsstraße hinauf. Bis
dahin ging Alles sehr gut, ich hatte nur ein paar Kinder,
vier Subscribentcnsammler, ein Blumenmädchen, eine blinde !
Harfenistin und einen Kuchenmann unigerannt. Sie konnten
mich wegen ihrer Geldansprüche nicht cinholen und mußten sich
begnügen, mir einige Flüche nachzusenden. Aber o Superflieh
de Malhör. An der Friedrichsstraßen- und Linden-Ecke stol-
perte ich über zwei Körbe mit Aepfelu und Apfelsinen. Wo mein

Fuß hintritt, da wächst kein Gras. Die Aepfel und Apfelsinen
flogen unter den Pöbel und die Jungen. Ich kam dabei in
ein benachbartes Butterfaß zu sitzen; während ich mich da
herausarbeitete, glischte ich wieder aus und fiel mit dem Gesichte
in einen Korb mit Eiern. Wie rasch ich wieder auf die Beine
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Brief Theobalds an seine Base Thusnelde."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Obst <Motiv>
Korb
Kamin <Motiv>
Karikatur
Schornsteinfeger
Junge Frau <Motiv>
Kniefall
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Missgeschick <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 50, S. 13
 
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