DOI Heft:
Nr. 56
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Die Schatzgräber.
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und ben Schweinsband mit den messingenen Schließen unter dem
Mantel hervor, nicht ohne heftiges Zittern, was man mehr sei-
nem Alter als der Furcht zuschreiben mag. Der andere niußtc
den gewichtigen Folianten halten, und der Meister hielt nun die
gabelige Ruthe oberhalb dem Meuenloche einige Zoll hoch vom
Boden, der Holzhacker leuchtete dazu, und Alle betrachteten die
zitternde Ruthe mit einer solchen Gier, daß sie ihren Schrecken
und ihre Aengsten ganz vergaßen. Aber die Ruthe zitterte immer
nur, weil der Alte mit seinen Händen ebenfalls zitterte, und wollte
sich nicht drehen und nicht wenden. Sie schritten weiter, prüften
! da, prüften dort; aber immer umsonst. Endlich bei Hörzigs Garten
an der Ecke machte sie eine sichtbare Bewegung und drehte sich
abwärts mit dem obern Theile, und mit dumpfer Stimme, von
der Freude fast erstickt, sprach der Meister in der Zauber-
kunst : hier liegt der Schatz! hier muß nachgegraben werden.
Wie ein paar Pantherthiere auf ein an ihrem Versteck
harmlos vorüberziehendes Gazellenhüuflein stürzen, also stürzten
Hans und der Raritätenkastenträger auf Schaufel und Hacke,
und begannen die Erde aufzuwühlen. Aber der wohlerfahrne
Meister gebot ihnen Halt, steckte ein weißes Stäbchen an die
^.Stelle, und schritt langsam der Mündung der Höhle zu mit
dem Buch in der Hand, und hinter ihm noch langsamer seine
Begleiter. Obgleich jetzt ihre Angst ob der Vergewisserung
vom Dasein eines Schatzes gänzlich verschwunden, so schauten
sie doch nicht ohne Scheu in die dunkle Oeffnung der Höhle,
als sie am Eingänge derselben angekommen waren, jeden
Augenblick gewärtig, das Brühlweiblein oder den Mann mit
der blechernen Büchse kommen zu sehen. Es wurde ein Kreis
geschlossen, allen das strengste Stillschweigen geboten, der
Schweinsband geöffnet, und die horuumschlungene Brille über
die Nase gedrückt. Beim Schimmer der Laterne las jetzt
der Hexenkaspar aus dem dicken Buche allerlei vor mit lauter
Stimme, machte Verbeugungen nach Osten und Westen, be-
kreuzte sich und weiß der Himmel was Alles, um den Zauber,
der auf dem Schatze lag -— denn auf jedem verborgenen
Schatz ist ein solcher — zu bannen, und ohne Störung den-
selben heben zu können. Er war eben bei den Worten: Ihr
schwarzen Kobolde und ihr weißen Kobolde, die ihr die Gold-
adern webt und flechtet, an vergrabenen Schätzen haust und
wohnt, und du mächtiger Hüter und Wächter derselben,
eisenklauiger Greif, ich befehle und gebiete dir, binnen jetzt
und einer Minute zu entweichen kraft des Wortes und der
Macht, die ist gegeben allen jenen --
Da glaubte der Conchiliensammler ein Geräusch zu verneh-
men, und wie er scheu über den Alten einen Blick hinüberwarf,
sah er ein gräßliches Gesicht mit grinsendem Lächeln, leibhaft
so, wie der Schäfer von deni Tyrolerhof erzählt, über dessen
Schulter ins Buch schauen: „Der Teufel" schrie er gellend auf,
rannte davon, stürzte über eine Wurzel und rollte und kollerte
den Berg hinunter über Stock und Stein und hinter ihm drein
eine Masse Kieselgerölle. Der Zauberer blickte voll Schrecken
hinter sich, ließ sein Buch fallen,^schlich davon wie ein alter
Fuchs, und verkroch sich in dem Gebüsch. Hans schleuderte die
Laterne den Berg hinab, und begann eilig hinaufzuklettern mit
Händen und Füßen sich anklammernd an Wurzeln und Stauden,
aber im nämlichen Augenblicke fühlte er seine Kehle von einer
Handvoll Finger umklammert, so fest, als ob jeder derselben eine ,
eiserne Zange wäre, und aus dem Innern der Höhle scholl ein
wildes schallendes Gelächter, und rauhe Stimnien ließen sich ver-
nehmen. Es verging ihm Hören und Sehen, denn er glaubte ;
nichts andres, als der Teufel in höchst eigener Person hätte ihn
gefaßt und schleppe ihn leibhaft in sein unterirdisches Reich.
Am andern Tage fand man den Mann mit dem Riesen-
kasten blutig zerfezt und verstümmelt unten am Berge, und trug
ihn als todt in's naheliegende Hirtenhaus, wo er zwar wieder
zum Leben kam, aber immer von Schätzen, Teufel, Hexenspuck
und solchen Sachen redete, ohne je wieder sich seiner Lage recht
bewußt zu werden, bis er nach einigen Tagen absegelte in die
seligen Gefilde des Jenseits, wo Alles schimmert und funkelt
vom goldigen Schein, und kein Riesenkasten von Zentner-
schwere auf seinen Rücken wartet. Ter Riesenkasten selbst ver-
blieb den Theinheimern zum ewigen Andenken, und bildet jetzt !
mit einigen ausgestopften Individuen aus der Ornithologie und
Zoologie ihr Naturalieukabinet, das man täglich sehen kann,
wenn man dem Bettelvogt, der die Aufsicht darüber führt, ein
gutes Wort oder einen Kreuzer Trinkgeld gibt. Ob sie recht-
liche Ansprüche auf den Kasten haben, ist sehr im Zweifel,
und es meldet sich Niemand, trotz allen Ausschreibungen, ihn
in Empfang zu nehmen; der Vorsteher ist deßhalb gesonnen,
diese ganze Sachlage einem erprobten Gerichtshelden vorzu-
legen und nach dessen Ausspruch sich zu richten.
Der Hexenkaspar war den andern Tag wohlbehalten zu
Hause, ließ sich aber Wochenlang nicht mehr sehen, und alle
seiner Bedürfenden klopften vergebens an seiner Thüre, und schon
glaubte man allgemein, der Schwarze habe endlich sein Recht durch-
gesetzt, aber es war nicht so. Er lebt noch munter und frisch;
und wenn er noch einmal so lang lebt, als er schon gelebt hat,
wie es allen Anschein hat, dann glaube ich selbst, der Mann hat
den Stein der Weisen gefunden. Er treibt seine Künste jetzt
wie früher, nur vom Schatzgraben will er nichts mehr hören.
Was Hans den Holzhacker betrifft, so saß der, als der
helle Tag angebrochen war, in der Höhle, und zu seinen Füßen
lag ein Häuflein Asche und einige noch glimmende Kohlen, und
wenn man genauer hinblickte, sah man sogar ein paar messingene
geschwärzte Schließhacken, ganz ähnlich denen, welche des Hexen-
kaspars Schweinsband gürteten. Wie es in Hansens Hirnkasten
allgemach zu dämmern begann, und er sich erinnerte an gestern,
und wie ihn der Teufel geholt und in die Hölle geschleppt,
und wie er da um ein großes Feuer viele schnauzbärtige
wilde Gestalten gesehen, die ein wüstes Gelächter gehabt und
etwas verbrannten, was, wußte er nicht mehr, ivollte es ihm
dünken, daß das Alles Lug und Trug müsse gewesen sein;
aber er erinnerte sich nur zu deutlich an das, was gestern
geschehen, richtete sich langsam auf, und schlich heim mit
starren steifen Knochen ohne Geld, und eine Hoffnung weniger.
Seine Anna schrie ihm schon unter der Thüre entgegen:
lieber Hans, was ist doch dir passirt? ach mein Gott, wie
du aussiehst! — Wo bist du denn heute Nacht gewesen?
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und ben Schweinsband mit den messingenen Schließen unter dem
Mantel hervor, nicht ohne heftiges Zittern, was man mehr sei-
nem Alter als der Furcht zuschreiben mag. Der andere niußtc
den gewichtigen Folianten halten, und der Meister hielt nun die
gabelige Ruthe oberhalb dem Meuenloche einige Zoll hoch vom
Boden, der Holzhacker leuchtete dazu, und Alle betrachteten die
zitternde Ruthe mit einer solchen Gier, daß sie ihren Schrecken
und ihre Aengsten ganz vergaßen. Aber die Ruthe zitterte immer
nur, weil der Alte mit seinen Händen ebenfalls zitterte, und wollte
sich nicht drehen und nicht wenden. Sie schritten weiter, prüften
! da, prüften dort; aber immer umsonst. Endlich bei Hörzigs Garten
an der Ecke machte sie eine sichtbare Bewegung und drehte sich
abwärts mit dem obern Theile, und mit dumpfer Stimme, von
der Freude fast erstickt, sprach der Meister in der Zauber-
kunst : hier liegt der Schatz! hier muß nachgegraben werden.
Wie ein paar Pantherthiere auf ein an ihrem Versteck
harmlos vorüberziehendes Gazellenhüuflein stürzen, also stürzten
Hans und der Raritätenkastenträger auf Schaufel und Hacke,
und begannen die Erde aufzuwühlen. Aber der wohlerfahrne
Meister gebot ihnen Halt, steckte ein weißes Stäbchen an die
^.Stelle, und schritt langsam der Mündung der Höhle zu mit
dem Buch in der Hand, und hinter ihm noch langsamer seine
Begleiter. Obgleich jetzt ihre Angst ob der Vergewisserung
vom Dasein eines Schatzes gänzlich verschwunden, so schauten
sie doch nicht ohne Scheu in die dunkle Oeffnung der Höhle,
als sie am Eingänge derselben angekommen waren, jeden
Augenblick gewärtig, das Brühlweiblein oder den Mann mit
der blechernen Büchse kommen zu sehen. Es wurde ein Kreis
geschlossen, allen das strengste Stillschweigen geboten, der
Schweinsband geöffnet, und die horuumschlungene Brille über
die Nase gedrückt. Beim Schimmer der Laterne las jetzt
der Hexenkaspar aus dem dicken Buche allerlei vor mit lauter
Stimme, machte Verbeugungen nach Osten und Westen, be-
kreuzte sich und weiß der Himmel was Alles, um den Zauber,
der auf dem Schatze lag -— denn auf jedem verborgenen
Schatz ist ein solcher — zu bannen, und ohne Störung den-
selben heben zu können. Er war eben bei den Worten: Ihr
schwarzen Kobolde und ihr weißen Kobolde, die ihr die Gold-
adern webt und flechtet, an vergrabenen Schätzen haust und
wohnt, und du mächtiger Hüter und Wächter derselben,
eisenklauiger Greif, ich befehle und gebiete dir, binnen jetzt
und einer Minute zu entweichen kraft des Wortes und der
Macht, die ist gegeben allen jenen --
Da glaubte der Conchiliensammler ein Geräusch zu verneh-
men, und wie er scheu über den Alten einen Blick hinüberwarf,
sah er ein gräßliches Gesicht mit grinsendem Lächeln, leibhaft
so, wie der Schäfer von deni Tyrolerhof erzählt, über dessen
Schulter ins Buch schauen: „Der Teufel" schrie er gellend auf,
rannte davon, stürzte über eine Wurzel und rollte und kollerte
den Berg hinunter über Stock und Stein und hinter ihm drein
eine Masse Kieselgerölle. Der Zauberer blickte voll Schrecken
hinter sich, ließ sein Buch fallen,^schlich davon wie ein alter
Fuchs, und verkroch sich in dem Gebüsch. Hans schleuderte die
Laterne den Berg hinab, und begann eilig hinaufzuklettern mit
Händen und Füßen sich anklammernd an Wurzeln und Stauden,
aber im nämlichen Augenblicke fühlte er seine Kehle von einer
Handvoll Finger umklammert, so fest, als ob jeder derselben eine ,
eiserne Zange wäre, und aus dem Innern der Höhle scholl ein
wildes schallendes Gelächter, und rauhe Stimnien ließen sich ver-
nehmen. Es verging ihm Hören und Sehen, denn er glaubte ;
nichts andres, als der Teufel in höchst eigener Person hätte ihn
gefaßt und schleppe ihn leibhaft in sein unterirdisches Reich.
Am andern Tage fand man den Mann mit dem Riesen-
kasten blutig zerfezt und verstümmelt unten am Berge, und trug
ihn als todt in's naheliegende Hirtenhaus, wo er zwar wieder
zum Leben kam, aber immer von Schätzen, Teufel, Hexenspuck
und solchen Sachen redete, ohne je wieder sich seiner Lage recht
bewußt zu werden, bis er nach einigen Tagen absegelte in die
seligen Gefilde des Jenseits, wo Alles schimmert und funkelt
vom goldigen Schein, und kein Riesenkasten von Zentner-
schwere auf seinen Rücken wartet. Ter Riesenkasten selbst ver-
blieb den Theinheimern zum ewigen Andenken, und bildet jetzt !
mit einigen ausgestopften Individuen aus der Ornithologie und
Zoologie ihr Naturalieukabinet, das man täglich sehen kann,
wenn man dem Bettelvogt, der die Aufsicht darüber führt, ein
gutes Wort oder einen Kreuzer Trinkgeld gibt. Ob sie recht-
liche Ansprüche auf den Kasten haben, ist sehr im Zweifel,
und es meldet sich Niemand, trotz allen Ausschreibungen, ihn
in Empfang zu nehmen; der Vorsteher ist deßhalb gesonnen,
diese ganze Sachlage einem erprobten Gerichtshelden vorzu-
legen und nach dessen Ausspruch sich zu richten.
Der Hexenkaspar war den andern Tag wohlbehalten zu
Hause, ließ sich aber Wochenlang nicht mehr sehen, und alle
seiner Bedürfenden klopften vergebens an seiner Thüre, und schon
glaubte man allgemein, der Schwarze habe endlich sein Recht durch-
gesetzt, aber es war nicht so. Er lebt noch munter und frisch;
und wenn er noch einmal so lang lebt, als er schon gelebt hat,
wie es allen Anschein hat, dann glaube ich selbst, der Mann hat
den Stein der Weisen gefunden. Er treibt seine Künste jetzt
wie früher, nur vom Schatzgraben will er nichts mehr hören.
Was Hans den Holzhacker betrifft, so saß der, als der
helle Tag angebrochen war, in der Höhle, und zu seinen Füßen
lag ein Häuflein Asche und einige noch glimmende Kohlen, und
wenn man genauer hinblickte, sah man sogar ein paar messingene
geschwärzte Schließhacken, ganz ähnlich denen, welche des Hexen-
kaspars Schweinsband gürteten. Wie es in Hansens Hirnkasten
allgemach zu dämmern begann, und er sich erinnerte an gestern,
und wie ihn der Teufel geholt und in die Hölle geschleppt,
und wie er da um ein großes Feuer viele schnauzbärtige
wilde Gestalten gesehen, die ein wüstes Gelächter gehabt und
etwas verbrannten, was, wußte er nicht mehr, ivollte es ihm
dünken, daß das Alles Lug und Trug müsse gewesen sein;
aber er erinnerte sich nur zu deutlich an das, was gestern
geschehen, richtete sich langsam auf, und schlich heim mit
starren steifen Knochen ohne Geld, und eine Hoffnung weniger.
Seine Anna schrie ihm schon unter der Thüre entgegen:
lieber Hans, was ist doch dir passirt? ach mein Gott, wie
du aussiehst! — Wo bist du denn heute Nacht gewesen?
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