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Fliegende Blätter — 3.1846 (Nr. 49-72)

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Nr. 63
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https://doi.org/10.11588/diglit.2125#0118
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114

Das Gastmahl der Katzen.

Seid mir -willkommen, werthe Gäste,
Willkommen zu dem kleinen Feste,

Das ich Tuch heut bereitet habe:

Für Alles ist gesorgt, Euch zu erfreuen.

Daß Euer Herz und Sinn sich weidlich labe.
Rattenkopf mit Fricaffee,

Mäusescheukel mit Gölee,

Taubcnpfötchen roth und weiß.

Auch gebratener Lerchensteiß!

Körpers verdanken ihre Entstehung der Hand eines bildenden Künstlers, Nun, du
lieber Himmel, waS kann fle dafür, daß die Natur stiefmütterlich an ihr handelte. —

Eilen wir zum Mahle, Der Haushofmeister der Baronin, ein alter Kater
mit 3 und ’/i grauem Barthaare, mit dickem Schädel und narbenvollem Schmeer-
bauche, stieg auf den Schornstein deS Hauses und miaute mühvoll die Formel
der Einladung in alle vier Winde. Hui! — was entstand da Plötzlich für ein
Leben; aus jedem. Dachfenster lugte ein Katzenkopf mit seelenvollen gelben oder
grünen Augen, die Katzenbürgermeisterin stülpte eiligst ihre neue Haube aus
Vogel federn auf, und gab ihrem Schwänze eine graziös« Windung. Ter Herr
Gemahl strich den Bart, bot seiner Gattin die Pfote, und beide wandelten als
erstes Paar, dem sich bald ein gewaltiger Zug anschloß, unter galantem
Schnurren die Dächer auf und ab, bis zu dem Hause der Gastgeberin, Hier
werden fie von eleganten Lakaien empfangen, welche, Wachskerzen auf den
Schwanzspitzcn wagend, fie hinaufgeleiteten in den festlich geschmückten Saal.
Guirlanden von Ratten und Mäusen schmückten die obern Wände; Köpfe von
mancherlei Geflügel die Tafel statt der Blumen. Eine Reihe von Schwänze»
berühmter, aber bereils seliger Katzen prangte nebst deren wahrscheinlich sehr
wohl getroffenen Bildnissen an den Mittelwänden; rings in prachtvollen Glas-
schränke» lagen, grauer Vorzeit entstammend, eine Menge Reliquien von Katzen,
die vor der Sündstuth eine einflußreiche Thätigkeil entwickelten, nebst den
Lebensbeschreibungen der hohen Entschlafenen, Hier, empfängt die Gastgeberin
ihre Gesellschaft mit folgendem Recikativ:

Pastete von Canarienvogelkralle»,

Hundeohren auch vor Alle»,

Das wird Euch sicher nebst Dreimännerwein
Zu meiuer Freude Wohlgefallen,

Und hört, ihr Freunde, zum Defert
Wird jedem noch ein frischer Spatz beschert.

Die Tafel beginnt nach vielen Kratzfüßen;
die Diener laufen eilig hin und her, und lecken
verstohlen die abgetragenen Teller ab. — Nach-
dem verschiedene Familienverhältnisse, verbotene
Liebschaften, zu zeitig erfolgte Trauungen und
Kindtaufen mit der nöthizen Genauigkeit durch-
gesprochen waren, — wurde man politisch, —
Hieraus entstanden einige heftige Debatten. End-
lich siegte unter dem Scepter des Weines die
Gemüthlichkeit; der Saal ertönte von freudig
miauenden und gemüthvoll schnurrenden Tafel-
gesprächen, und ein alter Kater wat so weit auS
den Gränzen der Katzenhausener Convenienz,
daß er einen allgemeinen Tafelgesang vorschlug,
was mit zwölf gegen sechs Stimmen auch ac-
ceptirt wurde. Der alte Herr begann:

Was gleicht wohl auf Erden dem Katzenvcrgnügen,
Wem lächelt die Sonne des Lebens so schön? —
Am Tage im Sonnenschein schnurrend zu liegen
Und Nachts auf die Ratten- und Mäusejagd geh'»,
Ist Freude der Katzen, ist Katzenverlange»,

Es stärket die Glieder und machet uns schlau.
Und wenn uns die nächtigen Schatten umfangen,
Hallt freier und voller das frohe Miau!

‘ Chor.

Miau, miau re.

Doch das ist den Katern die süßeste Wonne,

Dem Liebchen zu fingen bei kühliger Nacht,

Bis daß von dem Schlummer der Katerwelt Sonne
Sanstringelnd das Schwänzchen und schnurrend
erwacht:

Dann schwillt uns das Herze mit höherem Schlage,
Der schwärzeste Himmel er dünket uns bla«,
Verstummt ist der Sehnsucht sanft flötende Klage
Und voller ertönet das frohe Miau!

Chor.

Miau, miau re.

Dem Kater Verderben, der weuloS geworden,

Der seine treuliebeude Kitze verließ;

Ihn stoßen wir aus dem schwanzringelnden Orden
Und eh' wir ihn sperren in's Todtenverließ,

Da heben wir unsre gewaltige» Tatzen,

Da werden wir grimmig, tyrannisch und rauh,
Und während wir ihm das Antlitz zerkratzen.

Ertönt ein donnerndes, wildes Miau!

Chor.

Miau, miau re.
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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Das Gastmahl der Katzen"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Muttenthaler, Anton
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gastmahl <Motiv>
Karikatur
Katze <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 63, S. 114
 
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