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Fliegende Blätter — 3.1846 (Nr. 49-72)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2125#0186
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182

Heimweh.

Heimathliebe, Heimathlnst,

Du Born der Sehnsucht nnergrüudet,
Du frommer Strahl in jeder Brust
Bom Himmel selber angezündet,

Gefühl, das wie der Tod so stark
Uns eingeseukt ward bis in« Mark;
Das uns das Thal, da wir geboren,
Mit tausendfarb'gem Schimmer schmückt,
Und wär's in Steppensaud verloren,

Und war'« von ew'gem Schnee gedrückt:
Wohl keinem ward zum tiefsten Grunde
Von deiner Allgewalt die Knude,

Der pilgernd nie au« deinem Ohr
Der Muttersprache Laut verlor.

Und nie, an fremder Thür gesessen,

Der Fremde bittres Brod gegessen.

Doch wer vom eignen Herd verbannt,
Irrt in ungastlich fernem Land,

Der Pilger, der auf wüstem Meer
Nur Last und Wasser steht umher,

Der Wandrer, der mit kecken Sinnen
Durch Wälder, über Bergeszinnen
Auf irrem Pfad zu weit geschweift.

Der ist'S, den deine Macht ergreift.
Doch wandelt ihm sich im Gemüthe
Zum scharfen Dorn die Roseublüthe,
Du ziehst, o milde Heimathlust
Als Heimweh in die kranke Brust.

Dann bist du'S, die im Frühlingswalde
Im Veilchenhag, umspielt vom West,
Da« arme Kind der eis'geu Halde
Nach seinem Norden schmachten läßt;
Daun bist du'S, die mit herber Flamme
De« PolenflüchtliugS Herz verzehrt,

Und die dem Sohn von Inda'« Stamme
Im Tod die Füße ostwärts kehrt,

i


Als möcht' er sterbend noch erstreben
Das Land das ihm versagt im Leben;
Dann lockst du, klingt im Mondenglanze
Des Alphostis heimathsel'ger Gruß,

Zn Straßburg von der hohen Schanze
Den Schweizer in den wildeu Fluß,

Und von den Klängen, von den Wogen,
Wird er in seinen Tod gezogen, —, —

Ich selber Hab' in vor'gen Jahren
Die« wundersame Weh erfahren,

Da Anguus Flut wie lautreS Gold
Zn meinen Füßen noch gerollt,

O wohl ists schön an jenem Meer!

Die schlanke Palme sah ich ragen,

Der Tempel Säulentrümmer lagen
Umblüht von Myrthen um mich her;

Der Himmel wölbte sich krystallen,

Bo» Düsten schien die Lust zu wallen;

Zu leisem Citherschlag erklang
Vom Meer des Schiffers Abendsang,

Der in der Bark' auf lichter Spur
Geu Salamis hinüberfnhr.

Und doch! Ich fühlte keine Lust,

Es schlich ein krankhaft brennend Sehnen
Wie Fieberhauch durch meine Brust,

Und kaum erwehrt' ich mich der Thräneu,

Ich saß auf zack'gem Fel«, ich lauschte,

Ob nicht aus Nord ein Lüftchen rauschte,

Das sog ich durstig athmend ein,

Als ob's mich tief erquicken müßte;

Es konnte ja zur fernen Küste

Ein Gruß aus Deutschlands Wäldern sein,

Uud ward es still, da blickt' ich wieder
Hinab ins Buch auf meinen Knie'n,

Und ließ die alten goldnen Lieder
Homer« durch meiue Seele ziehn.

Den eignen Schmerz daun fühlt' ich mit
Im Jammer, den der Dulder litt,

Ich sucht' ihn in de« Sängers Tönen
Zugleich mit jenem zu versöhnen.

Da wurdest dn in meinem Weh

Mir oftmals Hoffnung, Trost und Steuer,

Du ewig Lied der Abenteuer,

Du Lied des Heimweh'«, Odyssee!

• ®m. Gribel

!
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Heimweh"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Heimweh <Motiv>
Sonne <Motiv>
Wanderer <Motiv>
Blick <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 3.1846, Nr. 71, S. 182
 
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