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| 20 Farbige Stereos
Acht Tage später erregte ein hübsches Milchmädchen,
welches mit der Kühnheit und Eleganz eines jungen Kava-
liers durch Wiens Straßen fuhr, die Aufmerksamkeit junger
und alter Herren in hohem Grade.
Das Mädchen war nicht nur jugendsrisch, sondern mit
geistreicher Koketterie genial bäuerlich gekleidet und zeigte
in der Art, mit welcher es das hübsch gehaltene und nicht
minder kokett geschirrte Pferd lenkte, eine solche Grazie der
Bewegungen und zugleich ein solches Feuer der Energie, daß
' die Gourmands in Herzenssachen bei dieser ungewöhnlichen
Erscheinung moralisch, oder wie man lieber will, unmoralisch
mit der Zunge schnalzten.
Wer Wien kennt, der schwört im Vorhinein darauf,
daß dieses Milchmädchen binnen weniger Tage im Besitze
der interessantesten Bekanntschaften sein werde.
Schwöre» Sie zu, geehrte Leser, Sie kommen nicht in
die Gefahr eines salscken Schwurs.
kopen aus Wien.
Emma, denn wir brauchen wohl nicht zu sagen, daß
sic das pikante Milchmädchen war, also Emma hatte binnen
acht Tagen folgende Bekanntschaften gemacht:
Nr. 1. Den steinalten Hofrath X., denselben, der seit
vielen Jahren auf den Wiener Grünzeugmärkten die „Natur" !
studirt, und cs dabei natürlich nicht unterlassen kann, zur
botanisirendcn Welt mit den Einkaufkörben, wir wollten sagen,
Botanisirbüchscn am drallen Arme, in Beziehung zu treten.
Nr. 2. Den Nell. Or. Zwickerl, der ebenfalls die
Grüjrmärkte besucht, aber nur aus Sanitäts-Gründen. Er
fühlt sich dazu berufen, darüber zu wachen, daß nicht etwa
vergiftete Schwämme verkauft werden, und ist leutselig genug,
unerfahrene Köchincu über den Unterschied zwischen Peter-
silie und Schierling persönlich zu belehren, bei welcher Ge-
legenheit er leider nur zu oft aus dem medizinisch-natur-
historischen Conzcpt fällt und Töne anschlägt, die weniger
nach Humboldt als nach — Auakreon klingen.
3 folgt.)
Theorie und Praxis.
„Aber, Rosa, so eben sagte man mir, man habe Dich gestern am Arme eines Herrn im Stadtparke gesehen, läugue
nicht, ich habe das auö verläßlicher Quelle."— Rosa (entrüstet): „Aber, Taute, wie können Sic doch meine wissenschaft-
lichen Bestrebungen so verkennen, Sie wissen doch, daß ich jetzt Knigges „Umgang mit Menschen" studire."
| 20 Farbige Stereos
Acht Tage später erregte ein hübsches Milchmädchen,
welches mit der Kühnheit und Eleganz eines jungen Kava-
liers durch Wiens Straßen fuhr, die Aufmerksamkeit junger
und alter Herren in hohem Grade.
Das Mädchen war nicht nur jugendsrisch, sondern mit
geistreicher Koketterie genial bäuerlich gekleidet und zeigte
in der Art, mit welcher es das hübsch gehaltene und nicht
minder kokett geschirrte Pferd lenkte, eine solche Grazie der
Bewegungen und zugleich ein solches Feuer der Energie, daß
' die Gourmands in Herzenssachen bei dieser ungewöhnlichen
Erscheinung moralisch, oder wie man lieber will, unmoralisch
mit der Zunge schnalzten.
Wer Wien kennt, der schwört im Vorhinein darauf,
daß dieses Milchmädchen binnen weniger Tage im Besitze
der interessantesten Bekanntschaften sein werde.
Schwöre» Sie zu, geehrte Leser, Sie kommen nicht in
die Gefahr eines salscken Schwurs.
kopen aus Wien.
Emma, denn wir brauchen wohl nicht zu sagen, daß
sic das pikante Milchmädchen war, also Emma hatte binnen
acht Tagen folgende Bekanntschaften gemacht:
Nr. 1. Den steinalten Hofrath X., denselben, der seit
vielen Jahren auf den Wiener Grünzeugmärkten die „Natur" !
studirt, und cs dabei natürlich nicht unterlassen kann, zur
botanisirendcn Welt mit den Einkaufkörben, wir wollten sagen,
Botanisirbüchscn am drallen Arme, in Beziehung zu treten.
Nr. 2. Den Nell. Or. Zwickerl, der ebenfalls die
Grüjrmärkte besucht, aber nur aus Sanitäts-Gründen. Er
fühlt sich dazu berufen, darüber zu wachen, daß nicht etwa
vergiftete Schwämme verkauft werden, und ist leutselig genug,
unerfahrene Köchincu über den Unterschied zwischen Peter-
silie und Schierling persönlich zu belehren, bei welcher Ge-
legenheit er leider nur zu oft aus dem medizinisch-natur-
historischen Conzcpt fällt und Töne anschlägt, die weniger
nach Humboldt als nach — Auakreon klingen.
3 folgt.)
Theorie und Praxis.
„Aber, Rosa, so eben sagte man mir, man habe Dich gestern am Arme eines Herrn im Stadtparke gesehen, läugue
nicht, ich habe das auö verläßlicher Quelle."— Rosa (entrüstet): „Aber, Taute, wie können Sic doch meine wissenschaft-
lichen Bestrebungen so verkennen, Sie wissen doch, daß ich jetzt Knigges „Umgang mit Menschen" studire."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Theorie und Praxis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 42.1865, Nr. 1019, S. 20
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg