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!
Der Vorschlag findet allgemeine Billigung, denn da
man sich jetzt selbst anschickt, nach den Strapatzcn sich mit
Speis' und Trank zu erquicken, so sollen die Musikanten
auch nicht leer ausgchcn. „Ein Plättchen Knackwürste sür
sie, geht noch auf meine Rechnung," sagt der splendide
Metzgermeister, und zu seiner Frau sich wendend fragt er:
„Glaubst Alte, cs thät's mir Jemand verübeln, wenn
ich über's Essen den Frack ausziehen wollt' ? er wird mir
Anfangs aber doch gar zu enge, ich war halt schlanker an
unsrer Hochzeit —"
„So, Du bist so heiß, Du könntest Dich erkälten,"
meint' seine besorgte Ehehälfte.
„Aber Vater, das war' gegen allen Anstand," warnt'
sein Töchterchen.
„Ho, ho! will das auch schon fein thun?" lacht der
Metzgermeistcr, „gelt Käthchcn, ich Hab' manch' liebes mal
in Hemdärmeln mit Dir getanzt, draußen in den drei
Mohren, bei'm Wurstmarkt? war's nicht lustig, viel lustiger
als heut' zu Tag, wo Alles so fein ist, — hat nicht meiner
Six der Anton Glacehandschuhe angezogen über seine Fäuste,
so weit Hab' ich'S doch nicht gebracht," und der Metzgcr-
meister spreizt wohlgefällig die nackten Finger seiner rothcn,
großen Hand auseinander.
„Es ist eben heut' zu Tag eine andere Welt," sagt
die Meisterin, „Du hättest dem Nandchen auch Glacshand-
fchuhe erlauben sollen, Vater."
„Daß mich Gott bewahre!" ruft der Meister, „und
noch dazu, wo mein leiblich Geschwisterkind einen Strumpf-
weber geheirathct hat. Das Nandchen bleibt bei den Ge-
wobenen. Ihr Weiber wollt gleich die ganze Hand, gibt
man Euch nur einen Finger. Jetzt hast Du erst das Spinn-
webkleid für das Nandchen herausgcdrückt, am Ende kämst
Du mir noch und wolltest sie mit nackten Schultern auf
den Tanzplatz laufen lassen. — Altmodisch, Mutter, dabei
wird man nicht irr, ihr seid mir ohnedem neumodisch genug.
— Aber jetzt kommt, ich halt' nicht mehr lang zusammen,
ich fall' schier auseinander vor Hunger und Durst."
„Wenn es nur etwas Ordentliches gibt?" meint die
besorgte Meisterin, „ich trau' dem Gasthofcfsen nicht so recht,
es ist doch nie so gründlich."
„Ja, das sag' ich auch immer," meint' ihre Nachbarin,
die Sattlerin, „aber ich Hab' ein bischen in der Küche
spionirt, delikat sag' ich Ihnen, Frau Base."
„Nun man kann auch etwas Ordentliches verlangen,
die Person zu einem Gulden und eine Conscriptionsliste,
wollt' sagen Subscriptionsliste, die dcßwcgen herumgegangen
ist," meint' der Meister, „ich Hab' für mich doppelt unter-
schrieben, denn, Hab' ich gesagt, bei einer solchen Gelegenheit
will ich mich nicht geniren in meinem Appetit."
„Nimm Dich in Acht, Alter, sie fahren Dir mit dem
Aufwischtuch über die Füße," mahnt die Meisterin, als jetzt
zwei handfeste Mägde mit nassen Tüchern den Saal durch-
fegen und der ihnen folgende Hausknecht mit einem Trichter
schöne Achter in den Saal zeichnet.
Jetzt werden auch die Tische im Tanzsaal aufgeschlagen,
der Metzgermeister sitzt schon fest an seinem Platze, ehe noch
die Tischtücher gelegt sind und neben ihm allerdings ein
wenig widerstrebend Frau und Tochter.
Essen und Trinken ist wirklich vortrefflich und selbst
das etwas zimpferlich thuende Nandchen langt am Ende
herzhaft zu, die Meisterin bittet sich von der Frau Wirthin
das Rezept des Puddings aus und der Meister bereut, daß
er für seine Person nicht dreifach unterschrieben habe, denn
solch' einen Hasenpfeffer meint er noch nirgends gegessen zu
haben.
Jetzt klingeln ein paar Obcnsitzende energisch an die
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Der Vorschlag findet allgemeine Billigung, denn da
man sich jetzt selbst anschickt, nach den Strapatzcn sich mit
Speis' und Trank zu erquicken, so sollen die Musikanten
auch nicht leer ausgchcn. „Ein Plättchen Knackwürste sür
sie, geht noch auf meine Rechnung," sagt der splendide
Metzgermeister, und zu seiner Frau sich wendend fragt er:
„Glaubst Alte, cs thät's mir Jemand verübeln, wenn
ich über's Essen den Frack ausziehen wollt' ? er wird mir
Anfangs aber doch gar zu enge, ich war halt schlanker an
unsrer Hochzeit —"
„So, Du bist so heiß, Du könntest Dich erkälten,"
meint' seine besorgte Ehehälfte.
„Aber Vater, das war' gegen allen Anstand," warnt'
sein Töchterchen.
„Ho, ho! will das auch schon fein thun?" lacht der
Metzgermeistcr, „gelt Käthchcn, ich Hab' manch' liebes mal
in Hemdärmeln mit Dir getanzt, draußen in den drei
Mohren, bei'm Wurstmarkt? war's nicht lustig, viel lustiger
als heut' zu Tag, wo Alles so fein ist, — hat nicht meiner
Six der Anton Glacehandschuhe angezogen über seine Fäuste,
so weit Hab' ich'S doch nicht gebracht," und der Metzgcr-
meister spreizt wohlgefällig die nackten Finger seiner rothcn,
großen Hand auseinander.
„Es ist eben heut' zu Tag eine andere Welt," sagt
die Meisterin, „Du hättest dem Nandchen auch Glacshand-
fchuhe erlauben sollen, Vater."
„Daß mich Gott bewahre!" ruft der Meister, „und
noch dazu, wo mein leiblich Geschwisterkind einen Strumpf-
weber geheirathct hat. Das Nandchen bleibt bei den Ge-
wobenen. Ihr Weiber wollt gleich die ganze Hand, gibt
man Euch nur einen Finger. Jetzt hast Du erst das Spinn-
webkleid für das Nandchen herausgcdrückt, am Ende kämst
Du mir noch und wolltest sie mit nackten Schultern auf
den Tanzplatz laufen lassen. — Altmodisch, Mutter, dabei
wird man nicht irr, ihr seid mir ohnedem neumodisch genug.
— Aber jetzt kommt, ich halt' nicht mehr lang zusammen,
ich fall' schier auseinander vor Hunger und Durst."
„Wenn es nur etwas Ordentliches gibt?" meint die
besorgte Meisterin, „ich trau' dem Gasthofcfsen nicht so recht,
es ist doch nie so gründlich."
„Ja, das sag' ich auch immer," meint' ihre Nachbarin,
die Sattlerin, „aber ich Hab' ein bischen in der Küche
spionirt, delikat sag' ich Ihnen, Frau Base."
„Nun man kann auch etwas Ordentliches verlangen,
die Person zu einem Gulden und eine Conscriptionsliste,
wollt' sagen Subscriptionsliste, die dcßwcgen herumgegangen
ist," meint' der Meister, „ich Hab' für mich doppelt unter-
schrieben, denn, Hab' ich gesagt, bei einer solchen Gelegenheit
will ich mich nicht geniren in meinem Appetit."
„Nimm Dich in Acht, Alter, sie fahren Dir mit dem
Aufwischtuch über die Füße," mahnt die Meisterin, als jetzt
zwei handfeste Mägde mit nassen Tüchern den Saal durch-
fegen und der ihnen folgende Hausknecht mit einem Trichter
schöne Achter in den Saal zeichnet.
Jetzt werden auch die Tische im Tanzsaal aufgeschlagen,
der Metzgermeister sitzt schon fest an seinem Platze, ehe noch
die Tischtücher gelegt sind und neben ihm allerdings ein
wenig widerstrebend Frau und Tochter.
Essen und Trinken ist wirklich vortrefflich und selbst
das etwas zimpferlich thuende Nandchen langt am Ende
herzhaft zu, die Meisterin bittet sich von der Frau Wirthin
das Rezept des Puddings aus und der Meister bereut, daß
er für seine Person nicht dreifach unterschrieben habe, denn
solch' einen Hasenpfeffer meint er noch nirgends gegessen zu
haben.
Jetzt klingeln ein paar Obcnsitzende energisch an die
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Bälle und ihre Folgen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1102, S. 59
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg