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Fliegende Blätter — 45.1866 (Nr. 1095-1120)

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Nr. 1110
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https://doi.org/10.11588/diglit.3290#0126
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Der Hofgärtner d

wie hoch Er avanciren kann, denn nur dem Tapfern steht der
Weg zur höchsten Würde offen, aber nicht solch einem Zwie-
belpeter, wie Er es bleiben will, das merk' Er sich!"

„Aber, lieber Leopold," begann hierauf die Fürstin und
legte vertraulich ihre Hand auf des Fürsten Arm. „Das
wird wohl nicht gehen, daß Du den jungen Ranke mit in's
Feld nehmen willst, denn mir fällt eben ein, daß ich dem
alten Hofgärtner, der uns so lange ein treuer zuverlässiger
Diener war, versprochen habe, daß, wenn sein Sohn zurück-
i kommt, ich dafür sorgen würde, daß Du mir erlaubst, den-
' selben zum» Hofgärtner an des Vaters Stelle zu ernennen,
und wenn Du mich nicht zum Lügner machen willst, darfst
Du ihn nicht unter die Soldaten stecken, obwohl ich auch
einsehe, daß er wie zum Flügelmann geschaffen ist."

„Aber Donnerwetter, Anna, da hast Du ja einen ver-
! dämmt dummen Streich gemacht," schrie der Fürst wild sich
mit den Händen in die Haare fahrend und so heftig mit den
Füßen aufstampfend, daß dem jungen Ranke ernstlich bange
wurde. „Nichts da, nichts da," fuhr er polternd fort, „kann
Dir dießmal nicht helfen, Anna, Soldat muß er werden,

] denn es wäre eine Sünde und Schande, wenn so ein großer
starker Kerl vom Königsdienste frei blieb!"

„Nun vielleicht ließe sich dieß vereinen," cntgegnete die
Fürstin, die ihren Gemahl genau beobachtete. „Hofgärtner
muß er werden," fügte sie fest und entschieden hinzu, „denn
j der Fürst Leopold von Anhalt-Dessau wird feine Anna den
j alten braven Leuten gegenüber nicht blamiren, die auf mein
Wort so fest wie auf die Bibel bauen. Aber damit Du
auch Deinen Willen hast, soll Dein Hofgärtner, so wie Du
mich mit Deiner Gegenwart in Dessau beglückst, während
; Deines Aufenthaltes hier täglich zwei Stunden vor Deinem
Zimmer Wache stehen!" —

„Du bist wohl toll!" rief Leopold lachend, denn die
Idee schien ihm zu gefallen. Allein bald wieder zog er die
Stirn in finstere Falten und rief, sich nach dem Hofgärtners-
sohn wendend: „Verfluchte Geschichte — na, gut denn, dieß-
mal mag's so sein, aber exerciren muß Er, davon kann Ihn
kein Teufel befreien!"

„Auch das soll geschehen," sprach die Fürstin begütigend,
und setzte, den jungen Gärtner fragend, hinzu: „Er wird,
was dazu gehört, wohl bald capiren?"

„Ihre Durchlaucht, ich werde mit dem größten Eifer
mich diesem Studium widmen," entgegnete derselbe, dem
bereits genügend bekannt, wie viel der Fürst auf das Ein-
ererciren der Soldaten hielt, und nahm dann eine gerade,
steife Richtung an und frug dem Fürsten fest in's Gesicht
! blickend:

„Wann befehlen, Ew. Durchlaucht, daß dieö Erercitium
beginne?"

„Morgen früh 9 Uhr," brummte der Fürst und ent-
fernte sich im Stillen ärgerlich darüber, daß er dießmal so
leicht nachgegeben und dadurch einen der schönsten Grenadiere
für sein Regiment verloren; der junge Gärtner aber eilte,
nachdem er auf das tiefste und innigste gegen die gütige

es alten Dessauer. 1ZZ

Fürstin seinen Dank ausgesprochen, zu seinen ängstlich ihn
zurückerwartenden Eltern, die nun erst sich wahrhaft seiner
Rückkehr erfreuten.

Am andern Morgen begann für den jungen Ranke in
der Uniform eines Grenadiers der Dessauischen Hauötruppen
zum ersten Male der Unterricht auf dem Erercirplatze;
glücklicher Weife aber rief der Krieg, in welchen Preußen
mit Karl III. von Schweden verwickelt wurde, bald darauf
den Fürsten in's Feld, wo er den Oberbefehl übernahm,
Rügen und Stralsund eroberte und zum preußischen Gene-
ralfeldmarschall ernannt wurde. In dem Glückwünsche,
welchen die Fürstin ihm deshalb übersendete, bat sie aber
auch in heiter scherzender Weise um den Abschied des
neuen Hofgärtners aus der Dessauischen Armee, welches
Leopold auch genehmigte und ihr nach seiner Rückkehr ent-
deckte, daß er lange den Plan gehegt, den jungen Ranke
heimlich wegfangen zu lassen und ihn in sein Regiment ein-
zureihen, aber nur ihr zur Liebe davon abgesehen habe.

Die edle Gemahlin Leopolds, welche am Tage der
Diensteseinsetzung des neuen Hofgärtners in den Freuden-
thränen und Dankesergießungen des alten glücklichen Eltern-
paares reichen Lohn für ihren gütigen Schutz sah, den sie
dem Sohne derselben hatte angedeihen lassen, hatte dadurch
in demselben einen eben so treuen Diener als kenntnißreichen
Hofgärtner erhalten, welcher sich später auch der besondern
Gnade des Fürsten erfreute, der ihm aber oft sagte:

„Nun ist Er Hofgärtner Zeit seines Lebens, Er Esel,
als Soldat hätte Er's noch weiter gebracht!"

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Hofgärtner des alten Dessauer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Diez, Wilhelm von
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Exerzieren
Kriegsbeginn
Bajonett <Motiv>
Gärtner
Fürst <Motiv>
Mäzenin
Karikatur
Uniform <Motiv>
Grenadier
Schusswaffe <Motiv>
Ehefrau
Satirische Zeitschrift
Dessau

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1110, S. 123

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