Das Perpetuum mobile.
Genauer Vollzug.
Kanzleichef: „Meine Herren, heute Nachmittag bleibt
die Kanzlei geschlossen, jedoch nur so lange, bis der feierliche
! Leichenzug vorbei ist; darnach wird noch bis sechs Uhr ge-
arbeitet. "
Kanzleichef: „Herr Maier, warum sind Sie gestern
nach dem Leichenzug nicht mehr in's Bureau gekommen?" —
^an zlist Maier: „Entschuldigen, ich habe den ganzen Nach-
: niittag im Bräuhaus gewartet, aber der Zug war um sechs
ttf)r noch nicht vorbeigekommen."
M. £.
Das Perpetuum mobile.
Es ist eines der neuesten Ergebnisse der Naturforschung,
das; ein perpetuum mobile, eine sich nur durch sich selbst in
Bewegung erhaltende Maschine unmöglich ist, da keine Ma- !
Ich ine selbst Kraft erzeugen, sondern nur ihr zugeführte Kraft
in Arbeit verwandeln kann. Es wird also die Speculativu
es aufgeben müssen, die Arbeit vollständig von den Schultern
des Menschen zu nehmen und sie ganz der todten Maschine
zu überweisen, aber sie wird Mittel und Wege finden, die
Thätigkeit des Menschen auf ein minimales Maß zu redn- I
ctreit. Bon dieser Ansicht ausgehend und zugleich von der
Th atsache angeregt, daß ein guter Theil unbenutzter Kraft j
23
in den Ställen unserer Landwirthe groß gezogen wird, ist cs
mir nach rastlosen Studien endlich gelungen, diese Kraft in
Arbeit verwandeln zu können, und ich stehe um so weniger
an, meine Theorie in diesem Blatte zu veröffentlichen, als
mein System bereits in England und Amerika Billigung
und eine außerordentlich günstige Aufnahme gefunden hat.
Vorausschickcn muß ich noch, daß ich den Erfolg meinen
Studien über die geistige Befähigung und Denkart des Thieres,
von dem hier die Rede ist, des Rindes, verdanke. Meine
Idee selbst ist kurz diese. Man befestigt den Schwanz eines
Ochsen A oder einer Kuh und zwar ungefähr in der Mitte
an der Kurbel B eines in Bewegung zu setzenden Räder-
werkes. Wünschenswerth ist, daß sich nicht weit hinter der
Kurbel ein mäßiges Schwungrad 0 befindet. Nun leitet
man von einer hinter dem Thiere ausgestellten Electrisirma-
schine I) (ist auf der Zeichnung durch eine spanische Wand
den Blicken des Ochsen entzogen) eine Anzahl Leitungsdrähte
E auf das Hintertheil des Thieres und zwar so, daß die-
selben in der Peripherie eines Kreises E liegen, dessen Mittel-
punkt die Schwanzwurzel bildet; dann entsendet man von der
Maschine ans einen mäßig starken electrischen Funken durch
irgend einen der Drähte. Der Ochs glaubt sich von einer
Fliege 6- gestochen und schlägt mit dem Schwänze nach der
Stelle, wo die vermeintliche Fliege sitzt; in demselben Augen-
blicke trifft ihn ein Funke, der durch die zuerst benutzten Leit-
ung entsendet ist und vermuthend, daß die Fliege sich auf diese
Stelle geflüchtet habe; ivird der Ochse ihr mit dem Schwänze
folgen; hat er diese Stelle erreicht, trifft ihn der dritte Funke
u. s. w. So kann man durch rechtzeitige Absendung der be-
treffenden Funken den Ochsen dazu bringen, in einem Kreise der
Fliege zu folgen. Diese Kreisbewegung wird jeder Theil des
Schwanzes mitmachen, also auch derjenige, an dem die Kurbel
befestigt ist und diese wird sich in Folge des auf sie einwirken- :
den Druckes drehen. Man läßt nun die Elektrisirmaschine auf
die angegebene Weise solange spielen, bis durch das Schwung-
rad H eine constante Bewegung hervorgebracht worden ist.
Diese ivird das Thier in Folge des Trägheitsgesetzes unter-
stützen. Die immer stärker werdende Beivegung wird aber nach
einiger Zeit in dem Ochsen die Furcht erwecken, von der Ma-
schine umhergeschlendert zu werden und er ivird daher die j
Kurbel nach der entgegengesetzten Richtung I zu drehen sich
bemühen und sich auch in diese Bewegung so sehr hineinarbeiten,
daß er nach einiger Zeit genöthigt sein ivird, Ivieder die der
zweiten Bewegung entgegengesetzte anzustreben. So ivird er
bald nach der einen, bald nach der anderen Seite die Ma- >
schine in Bewegung setzen/ Natlirlich nrnß das zu Leistende
mit der Leistungsfähigkeit in einem richtigen Verhältnisse stehen.
Da nun aber nach der Darivin'schen Theorie die einzelnen
Organe eines Thieres sich dem Bedürfnisse entsprechend bil-
den, ivie z. B. dem Giraffen in Folge seines Bedürfnisses
seine Aesung ans hohen Bäumen zu suchen (vgl. Lyell über
Entstehung des Menschengeschlechtes Band I Seite 14:1), so
wird auch der Schwanz eines Ochsen, der dazu verwendet wird,
eine Maschine in Bewegung zu setzen, in Folge des Bedürf-
Genauer Vollzug.
Kanzleichef: „Meine Herren, heute Nachmittag bleibt
die Kanzlei geschlossen, jedoch nur so lange, bis der feierliche
! Leichenzug vorbei ist; darnach wird noch bis sechs Uhr ge-
arbeitet. "
Kanzleichef: „Herr Maier, warum sind Sie gestern
nach dem Leichenzug nicht mehr in's Bureau gekommen?" —
^an zlist Maier: „Entschuldigen, ich habe den ganzen Nach-
: niittag im Bräuhaus gewartet, aber der Zug war um sechs
ttf)r noch nicht vorbeigekommen."
M. £.
Das Perpetuum mobile.
Es ist eines der neuesten Ergebnisse der Naturforschung,
das; ein perpetuum mobile, eine sich nur durch sich selbst in
Bewegung erhaltende Maschine unmöglich ist, da keine Ma- !
Ich ine selbst Kraft erzeugen, sondern nur ihr zugeführte Kraft
in Arbeit verwandeln kann. Es wird also die Speculativu
es aufgeben müssen, die Arbeit vollständig von den Schultern
des Menschen zu nehmen und sie ganz der todten Maschine
zu überweisen, aber sie wird Mittel und Wege finden, die
Thätigkeit des Menschen auf ein minimales Maß zu redn- I
ctreit. Bon dieser Ansicht ausgehend und zugleich von der
Th atsache angeregt, daß ein guter Theil unbenutzter Kraft j
23
in den Ställen unserer Landwirthe groß gezogen wird, ist cs
mir nach rastlosen Studien endlich gelungen, diese Kraft in
Arbeit verwandeln zu können, und ich stehe um so weniger
an, meine Theorie in diesem Blatte zu veröffentlichen, als
mein System bereits in England und Amerika Billigung
und eine außerordentlich günstige Aufnahme gefunden hat.
Vorausschickcn muß ich noch, daß ich den Erfolg meinen
Studien über die geistige Befähigung und Denkart des Thieres,
von dem hier die Rede ist, des Rindes, verdanke. Meine
Idee selbst ist kurz diese. Man befestigt den Schwanz eines
Ochsen A oder einer Kuh und zwar ungefähr in der Mitte
an der Kurbel B eines in Bewegung zu setzenden Räder-
werkes. Wünschenswerth ist, daß sich nicht weit hinter der
Kurbel ein mäßiges Schwungrad 0 befindet. Nun leitet
man von einer hinter dem Thiere ausgestellten Electrisirma-
schine I) (ist auf der Zeichnung durch eine spanische Wand
den Blicken des Ochsen entzogen) eine Anzahl Leitungsdrähte
E auf das Hintertheil des Thieres und zwar so, daß die-
selben in der Peripherie eines Kreises E liegen, dessen Mittel-
punkt die Schwanzwurzel bildet; dann entsendet man von der
Maschine ans einen mäßig starken electrischen Funken durch
irgend einen der Drähte. Der Ochs glaubt sich von einer
Fliege 6- gestochen und schlägt mit dem Schwänze nach der
Stelle, wo die vermeintliche Fliege sitzt; in demselben Augen-
blicke trifft ihn ein Funke, der durch die zuerst benutzten Leit-
ung entsendet ist und vermuthend, daß die Fliege sich auf diese
Stelle geflüchtet habe; ivird der Ochse ihr mit dem Schwänze
folgen; hat er diese Stelle erreicht, trifft ihn der dritte Funke
u. s. w. So kann man durch rechtzeitige Absendung der be-
treffenden Funken den Ochsen dazu bringen, in einem Kreise der
Fliege zu folgen. Diese Kreisbewegung wird jeder Theil des
Schwanzes mitmachen, also auch derjenige, an dem die Kurbel
befestigt ist und diese wird sich in Folge des auf sie einwirken- :
den Druckes drehen. Man läßt nun die Elektrisirmaschine auf
die angegebene Weise solange spielen, bis durch das Schwung-
rad H eine constante Bewegung hervorgebracht worden ist.
Diese ivird das Thier in Folge des Trägheitsgesetzes unter-
stützen. Die immer stärker werdende Beivegung wird aber nach
einiger Zeit in dem Ochsen die Furcht erwecken, von der Ma-
schine umhergeschlendert zu werden und er ivird daher die j
Kurbel nach der entgegengesetzten Richtung I zu drehen sich
bemühen und sich auch in diese Bewegung so sehr hineinarbeiten,
daß er nach einiger Zeit genöthigt sein ivird, Ivieder die der
zweiten Bewegung entgegengesetzte anzustreben. So ivird er
bald nach der einen, bald nach der anderen Seite die Ma- >
schine in Bewegung setzen/ Natlirlich nrnß das zu Leistende
mit der Leistungsfähigkeit in einem richtigen Verhältnisse stehen.
Da nun aber nach der Darivin'schen Theorie die einzelnen
Organe eines Thieres sich dem Bedürfnisse entsprechend bil-
den, ivie z. B. dem Giraffen in Folge seines Bedürfnisses
seine Aesung ans hohen Bäumen zu suchen (vgl. Lyell über
Entstehung des Menschengeschlechtes Band I Seite 14:1), so
wird auch der Schwanz eines Ochsen, der dazu verwendet wird,
eine Maschine in Bewegung zu setzen, in Folge des Bedürf-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Genauer Vollzug"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 49.1868, Nr. 1201, S. 23
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg