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Fliegende Blätter — 5.1847 (Nr. 97-120)

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Nr. 101
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https://doi.org/10.11588/diglit.2127#0040
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36

Der HydrarchoS.

einen gleichen Fall mit mir kommen könnte, so will ich hier die Art, wie wir
gewissermaßen eine Falle für dieS entsetzliche Thier stellten, etwa- näher und
genauer beschreiben.

Der Versuch nämlich, eS mit Büchsenkugeln im freien Zustand anzugreifen,
schien ebenso hoffnungslos, als wenn man einen Elephanten mit Vogeldunst
hätte schießen wollen. Sambo wählte fich deßhalb eine der höchsten dem Strande
nahstehenden Palme» auS, die er ihrer Zähigkeit wegen vor allen übrigen
Bäumen seinem Zweck paffend hielt, und mit Hilfe eines Kabeltaues, daS von
einem dort gescheiterten Dampfschiff schon früher in unsere Hütte geschafft war,
machten wir jetzt eine Art Schlinge, deren oberes Ende an den niederwärts
gebogenen Palmbaum befestigt werden sollte.

Wie aber diesen biegen? Die Arbeit schien menschliche Kräfte zu übersteigen,
und einen ganzen Tag hatten wir mit nutzlosen, zu diesem Zweck angestellten
Versuchen förmlich weggeworfen. Die einbrechende Nacht und das stch mit
dieser regelmäßig stellende Ungeheuer trieb unS in den Schutz gewährenden
Wald zurück, und wir fürchteten schon, daß eS vielleicht unsere ftischen Spuren
wittern und unS folgen würde, eS begnügte fich aber mit seinem gewöhnlichen
Mahl, einem jungen Pferd, denn die Kühe hatten an diesem Abend den für
fie so gefährlichen Strand gemieden, lag dann noch, etwa eine halbe Stunde,
im Licht des aufsteigenden Mondes auf dem von der TageShitze durchwärmten
Sande, und ließ fich, als die Fluth allmählig stieg und den Strand bedeckte,
nach und nach von dieser umgeben und mit fortnehmen.

Am nächsten Morgen waren wir unserem Ziele noch um Nichts näher; da
machte ich den Vorschlag, durch die Hilfe mehrerer Gespanne Ochsen den Wipfel
unserer Palme niederzushannen, indem uns der fast den Boden berührende
zähe Ast einer Lebenseiche dazu dienen konnte, das Tau niederzuhalten. Sambo
begriff leicht, was ich meinte; das Tau wurde befestigt — vier, dann sechs,
dann acht, dann zehn und zuletzt gar zwölf Joch Ochsen eingespannt, ehe wir
im Stande waren, die zähe starre Krone zu beugen und endlich, aber erst nach
unsäglichen Anstrengungen, gelang es uns, unsere Schlinge so zu legen und zu
befestigen, daß wir hoffen durften, daS Ungeheuer wenigstens auf so lange Zeit
zu fesseln, bis wir im Stande sein würden, von geringer Entfernung aus seinen
Kopf und besonders die Augen mit unseren Büchsen auf's Korn zu nehmen.

Eine Lockspeise war bald gefunden — die übrigen Heerde» hielten fich über-
dies schon von dem ihnen Gefahr drohenden Ufer fern, und die wenigen, die
ja noch aus Unkunde in der Nähe weideten, trieben wir selbst vor Sonnen-
untergang in den Wald. Dort aber, wohin wir die Schlange zu locken wünsch-
ten, befestigten wir einen jungen Bullen, der durch sein ängstliches Blöcken —
das arme Thier ahnte vielleicht, was ihm bevorstand — die Augen des Unge--
thüms, das nirgends andere Beute erblickte, unfehlbar aus fich ziehen mußte.

Wir selbst, Sambo und ich, luden indeß alle Gewehre, die wir im Hause
hatten, mit doppelten Kugeln und schlichen uns nun mit Herzklopfen zu der
Stelle zurück, wo in kurzer Zeit ein so furchtbarer unnatürlicher Kampf statt-
finden sollte.

Es war ein trüber, nebliger Tag gewesen, die Sonne
hatte die dichten Wolkenschleier gar nicht durchdringen können,
und feucht und gewitterschwanger brach der Abend herein. Be-
sonders vom Golf herüber lagerte fich eine schwarze drohende
Dunstmaffe über die Oberfläche des Wassers, und hie und da,
die Vorboten eines nahenden Sturmes, begannen kleine kurze
Wellen zu kochen und zu wallen. Es wurde außergewöhnlich
früh dunkel und der Horizont verschwamm schon in Luft und
Wasser. Da fuhr ich plötzlich ängstlich, ja fast krampfhaft zu-
sammen, denn vom Meere aus ward ein wildes Schlagen und

Plätschern gehört und gleich darauf entwälzte fich das Unze-
heuer der Tiefe.

In entsetzlicher Kraft schnellte es fich an's Land, und den
starken Nacken hoch emporhebend, blickte es fich wild und un-
geduldig nach Beute um — mit dem Schweif peitschte eS dabei
die Wogen, und jede seiner Bewegungen drückte Zorn und
Ingrimm aus. In diesem Augenblick gewahrte es auch der
arme angefeffelte Bulle, und sein ängstlich dumpfe« Stöhnen
drang zu dem Feind hinüber. Dieser aber hatte kaum die
wohlbekannten und so willkommenen Laute gehört, als er fich
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Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Der Hydrarchos"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Erhängen
Drache
Karikatur
Ungeheuer
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Meeresungeheuer <Motiv>
Hydrarchos <Motiv>
Palme <Motiv>

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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 101, S. 36

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