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Die Corsettenrevolution.

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Amtmann, rasch herbeieilend, wurde mit seinen GerichtSdienern
durch Steinwürse vertrieben, ein großer Theil der Mieder
wieder erobert und im Triumphe umhergetragen. DaS Fieber
der Widersetzlichkeit griff schnell um fich, die Bürgergardisten
wurven von ihren Weibern gewaltsam zurückgehalten; der
patriotische Tambour liegt durch den Schlag eines Breipfänn-
chens tödtlich verwundet darnieder. Nach zehn Uhr legte fich
der Tumult, aber eS waren noch zahlreiche Gruppen auf dem
Kuhmarkt und in der Gänsestraße versammelt.

Weitere Nachrichten meldm die bedmkliche Ausbreitung der
Hüpfenheimer Unruhen. Die Landdirnen strömen in Masse in
daS Städtchen. Freiheit des WeibeS ist die Losung, und —
; unglaublich, — der Verunglückten Schwester steht an der Spitze
der Meuterei. Ein Musterreiter, welcher die Stadt passtren
vurftc, erzählt, die Weiber hätten mehrere Männer zu Tode
geschnürt.

Ein Courier, der an Hüpfenheim vorübereilt, bestätigt, daS
dahin zur Dämpfung der Unruhen abgeschickte Linien »Militär

sei zu den Weibern übergegangen, man gedenke jetzt National-
garde abzuschicken. Er sah alle Telegraphen in der heftigsten
Arbeit.

Authentische actenmäßigc Darstellung der Weiberbewegung
io Hüpfeoheim, mit Beilagen ood einem Stadtplao.

Zur Widerlegung alberner Gerüchte und Beruhigung der
Gemüther findet man fich zur nachstehenden amtlichen Dar-
stellung veranlaßt.

Es war am 23. Juli Nachmittags, eine Woche nach dem
Hinscheiden der Rosamunda Uberg, als der wackre Amtmann da-
selbst im Einverständnisse mit dem GerichtSphyfikus die Confis-
eation der naturwidrigen Korsette — ZierzwangSjacke würden
wir fie nennen, wenn eine tropische Sprache in den Acten
Platz greifen dürste — als» die ConfiScalion der obbemeldten

Sachen anordnete und an der Spitze seines Gerichtsdieners
von Haus zu Hause einsammeln ging. Er merkte zwar bald,
daß man ihm nur abgenützte Objecte dieser Art auslieferte
und also sein Einschreiten chikaniren wollte; allein da es ihm
mehr um einen psychologischen als phyfischen Zwang zu thun
war, so unterließ er eine durchgreifende Hausvifitation und
schaffte die Früchte seiner Bemühung auf den Kuhmarkt zur
feierlichen Verbrennung. Seine Milde war jedoch übel angc-
wendet; das Frauenvolk, für seinen schönen Wuchs besorgt
und die sanitätspolizeiliche Maßregel für Störung des Haus-
rechtes erklärend, versammelte fich in der Gänsestraße und rückte
mit verschiedenen Waffen gegen daS im gefährlichen Augenblicke
nur durch einen alten Schreiber bewachte AmthauS. Es war
sehr leicht, dem Manne Sand in die Augen zu streuen, in die
Registratur zu dringen und die Papiere auf die Straße zu
schleppen, wo fie verbrannt werden sollten. Es gelang zwar
dem Amtmann, diesen Frevel zu verhindern, allein er konnte
die Wiederbefitznahme des unvertilgten TheileS der Corsetten
nicht eben so glücklich abwenden. Von Steinwürfen war auf
Betrieb einer verarmten Glaserin nur vor dem Amthause die
Rede, das Amtspersonal ist völlig unversehrt geblieben. (Vide
ActenfaScikel I.)

Der Stadttambour erlitt keineswegs eine Verwundung,
entfloh vielmehr mit Hinterlassung des Seitengewehres und
der Trommel, welche von den Tumultuantinnen zerschlagen
wurde. Der Feigling fitzt im Arrest und erwartet seine Strafe.

Die Bürgergarde erschien nicht, weil der Tambour nach
einem kurzen Versuche seiner Psticht ungetreu wurde. Später
wollten die wackern Männer HüpfenheimS unter das Gewehr
treten, aber die arglistigen Weiber hatten sämmtliche Hosen-
träger zerrissen oder versteckt, demnach den Ausmarsch vereitelt.

Ob die auf diesen Umstand bafirte Entschuldigung standhaft
sei, darüber schwebt die Untersuchung.

DaS nächtliche Herumstreunen der weiblichen Bevölkerung,
besonders auf dem Kuhmarkt und in der Gänsestraße fand statt,
am nächsten Morgen nahmen aber sämmtliche Weiber und
Mädchen ihre Geschäfte wieder auf, und man bemerkte weiter
keine außerordentlichen Symptome, als daß die Leiber geschnürt
und die Speisen versalzen waren. (Vide Acten II, III, IV.)

ES geht hieraus deutlich hervor, daß von Truppenmärschen,
Abfall der Linie u. s. w. keine Rede sein kann, gleichwie auch
die Telegraphen nicht arbeiten konnten, weil eS keinen einzigen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Corsettenrevolution"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Soldat <Motiv>
Abschied <Motiv>
Karikatur
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 115, S. 146
 
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