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Magister liest: „Wie man auS sicherer Quelle vernimmt, j
„so wird die medicinische Praris frei gegeben werden! Eine
„gewiß erfreuliche Kunde für alle Mediciner!"
Dorfkramer. WaS soll jetzt daS heiß'n?
Doktor. Da darf nun jeder Doktor prakliciren, wo er
will! Mir ist nur leid um euch, meine lieben Nachbarn,
wenn sich auch bei uns ein Zweiter eindrangt.
Dorfkramer. Jerum! da darf der Wurmdoktor auch
wieder kommen mit dem lustigen Hanswurst!, den sie vorigen
Herbst hab'n fortschaffen lassen?
Doktor. Ach mein! Jetzt werden gar viele mit Hans-
wurstln kommen!
Magister liest: „In der Schweiz gährt eS schon wieder!
„Communistische Schriften aller Art überschwemmen das Land!"
Schulz. Was sind das für Schriften?
Doktor. Sehen Sie, Herr Schultheiß-Kellnerin
bei mir ist'S leer!
Schulz. Ah, Herr Doktor, trinkens nur mit mir, bleibt'S
Bier frischer!
Doktor. Bin so frei, Herr Schultheiß!
Hansenbauer (zu den Andern.) Heut ist der Bader
wieder höflich!
Doktor. Wie ich noch in LandShut war auf der Uni-
versität, ich glaub eS war snno 29, da hieß ein Kerl, der so
ein Halblump war, ein communer Kerl. Jetzt haben sich nun
mehrere solche zusammengestellt, und nennen sich Communisten,
und in ihren Schriften predigen sie, daß man Alles gemein-
schaftlich haben soll, Geld, Weiber rc.; nun da würden der
Herr Schultheiß gewiß sich verwahren, wenn dero Frau Ge-
mahlin —
Schulz. Bedanket mich schönstens! Trinkens doch!
Magister lieSt: „Mit wahrer Freude steht man den Eisen-
„bahnbau zwischen dem künftigen Bahnhof und dem abgebrann»
„ten Stationsgebäude rasch fortschreiten!'
Schulz. Wenn nur'S Geld auSlangt! Der Dampf ist
verdammt theuer!
Doktor. Ach Gott! Es geht ja doch viel schneller! Ich
wollt, man könnte überallhin per Dampf fahren!
Die Dorfpolitiker.
erläutern. Und der Schulze räusperte sich, und die Bauern
räusperten sich, und als der Herr Magister die Brille zurecht
gerichtet und Dose nebst Schnupftuch an den paffenven Ort
gerückt, begann er:
.Berlin am 24ten: „Jenny Lind hat diesen Abend als
„Nachtwandlerin einen ihrer größten Triumphe gefeiert. Als
! „sie nach Hause fahren wollte, spannten einige Enthusiasten
: „die Pferde auS, und zogen eigenhändig die schwedische Nachtigall
1 „bis zu ihrer Wohnung. Einige Kußhändchen waren der Lohn;
„man fürchtet für den Verstand der Beglückten.'
Steffelbauer. Sie, Herr Doktor, wer ist denn das
Frauenzimmer, die Lind?
Doktor. Sie ist eine Schwedin, zieht herum, und singt
wunderschön, und deßhalb heißt sie die schwedische Nachtigall!
Steffelbauer. Glaub'ns, Herr Magister, sie singt schöner,
als dem Christophn feine Grell, die in der Kirch fingt?
Magister. Freilich. Bei ihren himmlischen Tönen wird
Alles wahnsinnig, besonders die Mannsbilder. Ich Hab' einmal
von einem alten Heiligen gelesen, wie er heißt, weiß ich nicht
mehr, der hat mit seinem Gesang Alles bezaubert. Wilde
Tbiere haben vor ihm gescherzt, Steine sind weich geworden,
unv die Bäume haben getanzt: in 8umnis er hat die wilde
Natur in eine freundliche verwandelt. Aber die Lind macht
eS verkehrt; ste verwandelt ganz zahme und harmlose Menschen
in Thiere und Stöcke: sie hören nimmer, und sehen nimmer;
sie halten sich kaum für würdig, ihre Rosse zu sein.
Alle Bauern. Ah — ah!
Magister lieSt: .Der Collegialrath vr. Zinkerl ist zum
i ordentlichen StaatSrath ernannt worden.'
Doktor. Was, der Zinkerl? Mein Gott, mit dem Hab'
ich studirt und manche Maaß getrunken. Da sieht man's,
wenn man Correktion hat! Ich wäre vielleicht schon lang Medi-
cinalrath, wenn ich nicht aufs Land gegangen war'.
Hansenbauer. Da ging ich halt wieder in d' Stadt!
Doktor. Schau, nur auS Liebe zu Euch lasse ich meine
ganze Carriere im Stich!
Hansen bau er. Da wird viel im Stich gelassen sein!
Einige Bauern. Lesen's fort, Herr Magister!
Magister liest: „Wie man auS sicherer Quelle vernimmt, j
„so wird die medicinische Praris frei gegeben werden! Eine
„gewiß erfreuliche Kunde für alle Mediciner!"
Dorfkramer. WaS soll jetzt daS heiß'n?
Doktor. Da darf nun jeder Doktor prakliciren, wo er
will! Mir ist nur leid um euch, meine lieben Nachbarn,
wenn sich auch bei uns ein Zweiter eindrangt.
Dorfkramer. Jerum! da darf der Wurmdoktor auch
wieder kommen mit dem lustigen Hanswurst!, den sie vorigen
Herbst hab'n fortschaffen lassen?
Doktor. Ach mein! Jetzt werden gar viele mit Hans-
wurstln kommen!
Magister liest: „In der Schweiz gährt eS schon wieder!
„Communistische Schriften aller Art überschwemmen das Land!"
Schulz. Was sind das für Schriften?
Doktor. Sehen Sie, Herr Schultheiß-Kellnerin
bei mir ist'S leer!
Schulz. Ah, Herr Doktor, trinkens nur mit mir, bleibt'S
Bier frischer!
Doktor. Bin so frei, Herr Schultheiß!
Hansenbauer (zu den Andern.) Heut ist der Bader
wieder höflich!
Doktor. Wie ich noch in LandShut war auf der Uni-
versität, ich glaub eS war snno 29, da hieß ein Kerl, der so
ein Halblump war, ein communer Kerl. Jetzt haben sich nun
mehrere solche zusammengestellt, und nennen sich Communisten,
und in ihren Schriften predigen sie, daß man Alles gemein-
schaftlich haben soll, Geld, Weiber rc.; nun da würden der
Herr Schultheiß gewiß sich verwahren, wenn dero Frau Ge-
mahlin —
Schulz. Bedanket mich schönstens! Trinkens doch!
Magister lieSt: „Mit wahrer Freude steht man den Eisen-
„bahnbau zwischen dem künftigen Bahnhof und dem abgebrann»
„ten Stationsgebäude rasch fortschreiten!'
Schulz. Wenn nur'S Geld auSlangt! Der Dampf ist
verdammt theuer!
Doktor. Ach Gott! Es geht ja doch viel schneller! Ich
wollt, man könnte überallhin per Dampf fahren!
Die Dorfpolitiker.
erläutern. Und der Schulze räusperte sich, und die Bauern
räusperten sich, und als der Herr Magister die Brille zurecht
gerichtet und Dose nebst Schnupftuch an den paffenven Ort
gerückt, begann er:
.Berlin am 24ten: „Jenny Lind hat diesen Abend als
„Nachtwandlerin einen ihrer größten Triumphe gefeiert. Als
! „sie nach Hause fahren wollte, spannten einige Enthusiasten
: „die Pferde auS, und zogen eigenhändig die schwedische Nachtigall
1 „bis zu ihrer Wohnung. Einige Kußhändchen waren der Lohn;
„man fürchtet für den Verstand der Beglückten.'
Steffelbauer. Sie, Herr Doktor, wer ist denn das
Frauenzimmer, die Lind?
Doktor. Sie ist eine Schwedin, zieht herum, und singt
wunderschön, und deßhalb heißt sie die schwedische Nachtigall!
Steffelbauer. Glaub'ns, Herr Magister, sie singt schöner,
als dem Christophn feine Grell, die in der Kirch fingt?
Magister. Freilich. Bei ihren himmlischen Tönen wird
Alles wahnsinnig, besonders die Mannsbilder. Ich Hab' einmal
von einem alten Heiligen gelesen, wie er heißt, weiß ich nicht
mehr, der hat mit seinem Gesang Alles bezaubert. Wilde
Tbiere haben vor ihm gescherzt, Steine sind weich geworden,
unv die Bäume haben getanzt: in 8umnis er hat die wilde
Natur in eine freundliche verwandelt. Aber die Lind macht
eS verkehrt; ste verwandelt ganz zahme und harmlose Menschen
in Thiere und Stöcke: sie hören nimmer, und sehen nimmer;
sie halten sich kaum für würdig, ihre Rosse zu sein.
Alle Bauern. Ah — ah!
Magister lieSt: .Der Collegialrath vr. Zinkerl ist zum
i ordentlichen StaatSrath ernannt worden.'
Doktor. Was, der Zinkerl? Mein Gott, mit dem Hab'
ich studirt und manche Maaß getrunken. Da sieht man's,
wenn man Correktion hat! Ich wäre vielleicht schon lang Medi-
cinalrath, wenn ich nicht aufs Land gegangen war'.
Hansenbauer. Da ging ich halt wieder in d' Stadt!
Doktor. Schau, nur auS Liebe zu Euch lasse ich meine
ganze Carriere im Stich!
Hansen bau er. Da wird viel im Stich gelassen sein!
Einige Bauern. Lesen's fort, Herr Magister!
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Dorfpolitiker"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)