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Die Dorfpolitiker.

17»

Der alte Wirth. Ja, ja! der Dampf! Zu meinen Zeilen
hast nir von Dampfwagen g'hört! Alle- ist ruhig fein Weg
gangen; aber desto mehr Dampfnudln hat'S geben; und je
mehr Dampfwagen Herkommen, desto rarer werden die Dampf-
nudeln! Die Zeit wird immer schlechter! Ja, ja!

Hansenbauer. Ich glaub, man wird bald auch Kranke
mit Dampf curiren!

Doktor. Ja freilich! Mit einer Art von Dampf, den
man Schwefeläther heißt. Da kann man fich den Kopf ab-
schlagen lassen, ohne daß man das Geringste verspürt!

Alle Bauern. Was?

Doktor. Ja, 's ist reine Wahrheit! Ich werde nächstens
mit dem Schmivwastl einen großen Versuch machen. Der hat
die Lungensucht und dem gebe ich Schwefeläther ein, thue seine
Lunge heraus, putze sse ordentlich, und — kein Adcrl darf
ihm mehr weh thun!

Hansenbauer. Dem wird schon ohne das Mittel bald
nir mehr weh thun!

Magister. Da kömmt was vom Thierquälerverein! O
je, Herr Doktor, da müssen wir dem Herrn Pfarrer wieder
Beiträge schicken!

D ° r f s ch m i e d. Fallt mir grad was ein! Der hochwürdige
Herr Pfarrer hat'n wunderschönen Hund gekauft, kohlrappen-
I schwarz!

Ein Bauer. Wo hast'» gesehn?

Dorsschmied. Gestern hat er'n bei mir g'habt, und da
Hab ich ihm d' Ohrn stutzen müss'n!

Hansenbauer. Wem,
'n Pfarrer?

Dorfschmied. Geh,
Narr!

Schulz. Wie geht's
wohl mit der Schießwolle?

Doktor. Die bat im
Anfang zu stark geknallt,
und da ist sie jetzt um so
ruhiger. Sie verraucht all-
I zu schnell.

Magister lieSt: .Herr
„Grunert, der bekannte
„BühnenheroS, wird nach München kommen, unv feinen Gast-
IrollencycluS mit der des Franz Moor in Schillers Räubern
."eröffnen. Es wäre sehr zu wünschen, wenn man diesen be-
deutenden Tragiker für unsre Bühne gewinnen könnte!"

Binderjakl. Was ist das g'weßt?

Doktor. Weißt, der Grunert ist — nun wie soll ich sagen
daß du'S verstehst — ein großer Komödiant, unv wird als»
auf dem Hoftheater spielen.

Binderjakl. Spiel'n denn große Leut Comödie? In uns-
rem Dorf hab'n vorig's Jahr hölzerne Mandln g'spielt, Minori-
ten glaub ich warn'S, wo der lustig KaSperl dabei g'weßt iS.

Doktor. Marionetten waren daS, nicht Minoriten. Aber
in großen Städten, da spielen große Leut, und die machen Alles
nach, was im Leben vorkommt. Aber «st find fie auch so
hölzern, daß man fie von Marionetten kaum weg kennt. Nicht
wahr, Herr Schultheiß?

Schulz. Ja, ich hab'S oft Comövie spiel'n sehn, wie ich
noch Landstand war. — Trinkens doch besser!

Magister lieSt: „Die Differenzen zwischen Griechenland
„und der Türkei nehmen einen gefährlichen Charakter an."

Schulz. WaS find das für Dinger, Differenzen?

D o k t. Das heißt so viel alS: Zwischen Griechenland und
der Türkei herrscht Zwiespalt.

Schulz. Richtig. Und dann muß Krieg kommen! GeltenS?

Doktor. Ja, ja! Die Zeiten find kritisch; denn dieGriechen
geben nicht nach, und die Türken auch nicht. England unv
Rußland helfen dann den Türken, und die Franzosen und die
Deutschen halten zusammen, und dann find wir überall hinten
d'ran. Aber ich glaub, Oestreich wird fich schon drein legen.

Magister. Nun, eS kann so schlecht nicht gehen! Deutsch-
land ist jetzt einig und fest, und seit Beckers Rheinlied find
die Deutschen ganz andre Kerle!

Ein Bauer. Wo ist denn daS Deutschland?

Magister. Ach mein Gott! Wir Alle find ja Deutsche!
Oestreich, Preußen, Sachsen, Baden, Würtemberg, kurz 38
oder 39 verschiedene Staaten bilden ein einziges und einiges
Deutschland!

Bauer. So, so! Die halt'n g'wiß recht fest z'sam?

Magister. Freilich. Denn schau: Alle deutschen Staaten
bauen jetzt den Kölner Dom aus, und daS wird ein Grund-
pfeiler der deutschen Einheit! Wir dürfen ja nur nach Frank-
furt schauen, wie friedlich und gemüthlich die Repräsentanten
aller Staaten bei einander fitzen!

Bauer. Meinetwegen.

Magister. Da schau, dies Mal find gute Bücher angezeigt:
„Kunst, in 3 Stunden gründlich französisch, italienisch und eng-
„lisch zu lernen. Ein sehr zu empfehlendes Werk, da fast von
„jedem Hausknecht Sprachkenntniß gefordert wird. Preis 36 kr."

Bauern. Wo kriegt man's?

Magister. In München beim Buchhändler. Lassen wir uns
etliche Exemplare kommen, Herr Doktor.

Doktor. Meinetwegen. Wenn Sie fortschreiben. so bestellen
Sie mir auch den Galanthomme -der den Gesellschafter wie
er sein soll, und dann das ausgezeichnete medicinische Werk:
„Keine Sommersproßen mehr!"

Magister. Das wäre so daS Bedeutendste für heute. ES
ist schon halb zwölf und bald Polizeistunde; Kellnerin, was
bin ich schuldig? —

Der Doktor, Schulze und die andern Bauern lassen noch
einmal frisch einschenken, kritistren über deS Pfarrers letzte
Strafpredigt, und nach mancherlei Streit wanken sse nach Hause,
zufrieden mit ihrem vollbrachten Tagwerk. II.

23 *
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Dorfpolitiker"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schere
Kamin <Motiv>
Dampflokomotive
Karikatur
Eisenbahn <Motiv>
Hund <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 119, S. 179

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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