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Carncvals-Abenteuer.
Dann wandte sie sich zu ihrem Vater und Madame Saat-
feld und sagte lächelnde „Wenn Sie, liebe Taute, dem Herrn
Steinberg für seine Vermittlung dankbar sein müssen, so mußt
Du, lieber Papa, dem Herrn Winter verpflichtet sein, da er
: der Herr ist, von dem ich gestern erzählte," und sie theilte
! auch Madame Saalfeld und Elisen ihr Abenteuer mit. Winter
! lehnte bescheiden den Dank des Vaters ab, und fragte, wie
sich das Fräulein nach dem Abenteuer befunden und ob sie
mit ihrer Freundin später einen Ball besucht. Marie erzählte,
! daß sie auf dem Casinoball gewesen seien.
Mariens Vater bemerkte jetzt, daß es ihm geschienen,
als ob sich seine Tochter dort nicht besonders unterhalten, sehr
: wenig getanzt, vielmehr auffallend viele Körbe ausgetheilt habe.
; „Aber Du hattest eigentlich recht, Kind," fügte er hinzu, „es
war alles steifes Volk, das auch mir nicht behagte. Wenn
,■ es nach meinem Willen gegangen wäre, so hätten wir, wie
> Herr Winter, uns auf den Gürzenich begeben; da ist doch
noch natürliche Lustigkeit. Aber mein Freund, der Rentier
Wollshagen, hat schwache Nerven und kann deßhalb das zu
große Gewühl nicht vertragen."
So plauderte die kleine Gesellschaft gemüthlich, bis die
Abschiedsstunde für beide Herren gekommen. Dann schieden
sie von ihren neuen Freunden mit Herzlichem Adieu uud mit
dem festen Versprechen, eine thütige Correspondenz zu erhalten.
Wenn aber der Frühling in's Land käme, dann sollten sie
Beide auf dem schönen Gute der Madame Saalseld als gern
gesehene Gäste erscheinen.
Uud der Frühling kam mit seinem Blüthen- und Blumen-
duft und seinem Sonnenschein, Alles verschönend und aus-
schmückend.
Wir befinden uns in der Mitte des Monat Mai. Die
verjüngte Natur prangt im schönsten Schmuck, die Lerche jubelt
im Aether, der sich ohne ein Wölkchen weit und unermeßlich
ausspannt.
In den Weinbergen arbeiten die Winzer, in fröhlichen
Liedern mit der Lerche wetteifernd; auf dem Rheine schaukeln
die Kähne, in welchen die Fischer ihrem Geschäfte obliegen.
An dem Wege, der von dem benachbarten Städtchen
! hinaufsührte, saßen auf einer einfachen Ruhebank zwei Damen.
I Die eine war etwa in den vierzig, während die andere kauni
zwanzig Jahre zählte. An der Aehnlichkeit erkannte man,
daß es Mutter und Tochter waren.
„Siehe, mein Kind," sagte die Mutter, „wie schön doch
die Welt ist, ach, ich habe das erst seit Kurzem, seitdem ich
Dich wieder habe, so recht ersehen können."
„Meine liebe Mutter," rief das Mädchen und schlang
seinen schönen Arm um sie, „wie freut cs mich, daß Du so
glücklich bist!"
„Ja, mein Kind, das bin ich und heute ganz besonders,
denn heute bist Du zwanzig Jahre alt geworden, und diesen
Tag wollen wir recht feiern. Unsere Freunde haben uns Alle
zugesagt und sie werden auch sicher kommen."
„Liebe Mutter," bemerkte das junge Mädchen leicht er-
röthend, „ist es auch schicklich, daß wir den Herrn Steinberg
hier erwarten, ich meine, ich müßte nach Hause zurück" —
und sie wandte ihr immer mehr erröthendes Gesicht seitwärts,
um dem spähenden Mutterauge ihre Verwirrung zu verbergen.
Diese richtete einen eigenthümlichen Blick auf die Toch-
ter, dann erwiderte sie: „Du kannst beruhigt sein, mein Kind,
einen Mann, dem wir so viel verdanken, können wir nicht
genug ehren. Siehe doch," fuhr sie mit einem Blick aus die
sich vor den Beiden ausbreitende Landstraße fort, „wenn ich
mich nicht irre, steigt dort unten eine Staubwolke auf, das
wird vom Wagen sein, in welchem sich unser Freund befindet.
Sieh' einmal, Elise! Du hast junge Augen."
„Allerdings, dort kommt der Wagen," sagte das junge
Mädchen mit stockender Stimme, „bitte, Mama, ich möchte
zum Landhause zurückkehren."
„Ich bitte Dich, Elise, mache keine Thorheiten," rief
die Mutter eifrig, „bleibe hier bei mir, Du darfst es be-
ruhigt."
Inzwischen kam der Wagen immer näher, und an dem
schmalen Pfade, der etwa zweihundert Fuß tiefer vom Stand-
punkte der Damen aus zur Höhe hinaufsührte, hielt er plötz-
lich. Ein junger Mann stieg aus, holte seine Effecten her-
aus und schritt dann, während der Wagen weiter rollte, lang-
sam die Höhen hinan. Plötzlich erblickte er die Obenstehen-
den und schwenkte zur Begrüßung den Hut.
Noch eine Weile und Hugo Steinberg stand vor den
beiden Damen. Mit herzlichem Gruße wurde er von der
Madame Saalfeld willkommen geheißen, auch das junge Mäd-
chen trat ihm hocherrötheud entgegen. Als der junge Mann
diese schlanke jungfräuliche Gestalt sah, dieses edle Antlitz von
holder Scham übergossen, da stieg eine heiße Empfindung in
ihm auf und seine Stimme zitterte, als er für den freund-
lichen Empfang dankte uud der jungen Dame zu ihrem Ge-
burtstage gratulirte. Doch bald ermannte er sich, und indem
Carncvals-Abenteuer.
Dann wandte sie sich zu ihrem Vater und Madame Saat-
feld und sagte lächelnde „Wenn Sie, liebe Taute, dem Herrn
Steinberg für seine Vermittlung dankbar sein müssen, so mußt
Du, lieber Papa, dem Herrn Winter verpflichtet sein, da er
: der Herr ist, von dem ich gestern erzählte," und sie theilte
! auch Madame Saalfeld und Elisen ihr Abenteuer mit. Winter
! lehnte bescheiden den Dank des Vaters ab, und fragte, wie
sich das Fräulein nach dem Abenteuer befunden und ob sie
mit ihrer Freundin später einen Ball besucht. Marie erzählte,
! daß sie auf dem Casinoball gewesen seien.
Mariens Vater bemerkte jetzt, daß es ihm geschienen,
als ob sich seine Tochter dort nicht besonders unterhalten, sehr
: wenig getanzt, vielmehr auffallend viele Körbe ausgetheilt habe.
; „Aber Du hattest eigentlich recht, Kind," fügte er hinzu, „es
war alles steifes Volk, das auch mir nicht behagte. Wenn
,■ es nach meinem Willen gegangen wäre, so hätten wir, wie
> Herr Winter, uns auf den Gürzenich begeben; da ist doch
noch natürliche Lustigkeit. Aber mein Freund, der Rentier
Wollshagen, hat schwache Nerven und kann deßhalb das zu
große Gewühl nicht vertragen."
So plauderte die kleine Gesellschaft gemüthlich, bis die
Abschiedsstunde für beide Herren gekommen. Dann schieden
sie von ihren neuen Freunden mit Herzlichem Adieu uud mit
dem festen Versprechen, eine thütige Correspondenz zu erhalten.
Wenn aber der Frühling in's Land käme, dann sollten sie
Beide auf dem schönen Gute der Madame Saalseld als gern
gesehene Gäste erscheinen.
Uud der Frühling kam mit seinem Blüthen- und Blumen-
duft und seinem Sonnenschein, Alles verschönend und aus-
schmückend.
Wir befinden uns in der Mitte des Monat Mai. Die
verjüngte Natur prangt im schönsten Schmuck, die Lerche jubelt
im Aether, der sich ohne ein Wölkchen weit und unermeßlich
ausspannt.
In den Weinbergen arbeiten die Winzer, in fröhlichen
Liedern mit der Lerche wetteifernd; auf dem Rheine schaukeln
die Kähne, in welchen die Fischer ihrem Geschäfte obliegen.
An dem Wege, der von dem benachbarten Städtchen
! hinaufsührte, saßen auf einer einfachen Ruhebank zwei Damen.
I Die eine war etwa in den vierzig, während die andere kauni
zwanzig Jahre zählte. An der Aehnlichkeit erkannte man,
daß es Mutter und Tochter waren.
„Siehe, mein Kind," sagte die Mutter, „wie schön doch
die Welt ist, ach, ich habe das erst seit Kurzem, seitdem ich
Dich wieder habe, so recht ersehen können."
„Meine liebe Mutter," rief das Mädchen und schlang
seinen schönen Arm um sie, „wie freut cs mich, daß Du so
glücklich bist!"
„Ja, mein Kind, das bin ich und heute ganz besonders,
denn heute bist Du zwanzig Jahre alt geworden, und diesen
Tag wollen wir recht feiern. Unsere Freunde haben uns Alle
zugesagt und sie werden auch sicher kommen."
„Liebe Mutter," bemerkte das junge Mädchen leicht er-
röthend, „ist es auch schicklich, daß wir den Herrn Steinberg
hier erwarten, ich meine, ich müßte nach Hause zurück" —
und sie wandte ihr immer mehr erröthendes Gesicht seitwärts,
um dem spähenden Mutterauge ihre Verwirrung zu verbergen.
Diese richtete einen eigenthümlichen Blick auf die Toch-
ter, dann erwiderte sie: „Du kannst beruhigt sein, mein Kind,
einen Mann, dem wir so viel verdanken, können wir nicht
genug ehren. Siehe doch," fuhr sie mit einem Blick aus die
sich vor den Beiden ausbreitende Landstraße fort, „wenn ich
mich nicht irre, steigt dort unten eine Staubwolke auf, das
wird vom Wagen sein, in welchem sich unser Freund befindet.
Sieh' einmal, Elise! Du hast junge Augen."
„Allerdings, dort kommt der Wagen," sagte das junge
Mädchen mit stockender Stimme, „bitte, Mama, ich möchte
zum Landhause zurückkehren."
„Ich bitte Dich, Elise, mache keine Thorheiten," rief
die Mutter eifrig, „bleibe hier bei mir, Du darfst es be-
ruhigt."
Inzwischen kam der Wagen immer näher, und an dem
schmalen Pfade, der etwa zweihundert Fuß tiefer vom Stand-
punkte der Damen aus zur Höhe hinaufsührte, hielt er plötz-
lich. Ein junger Mann stieg aus, holte seine Effecten her-
aus und schritt dann, während der Wagen weiter rollte, lang-
sam die Höhen hinan. Plötzlich erblickte er die Obenstehen-
den und schwenkte zur Begrüßung den Hut.
Noch eine Weile und Hugo Steinberg stand vor den
beiden Damen. Mit herzlichem Gruße wurde er von der
Madame Saalfeld willkommen geheißen, auch das junge Mäd-
chen trat ihm hocherrötheud entgegen. Als der junge Mann
diese schlanke jungfräuliche Gestalt sah, dieses edle Antlitz von
holder Scham übergossen, da stieg eine heiße Empfindung in
ihm auf und seine Stimme zitterte, als er für den freund-
lichen Empfang dankte uud der jungen Dame zu ihrem Ge-
burtstage gratulirte. Doch bald ermannte er sich, und indem
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Carnevals-Abenteuer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)