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Fliegende Blätter — 55.1871 (Nr. 1355-1380)

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Nr. 1377
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https://doi.org/10.11588/diglit.4929#0183
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Die Weihn

in's Kloster zur Christmesse, und ich komm' morgen bei lichtem
Tage wieder zurück!"

„Nur nicht allein!" rief der Jäger dazwischen, „ich hole
Dich ab!"

Katharine nickte und fuhr fort: „Und heute noch frage
ich nach dem Herrn Procurator oder dem hochwürdigen Herrn
Prior. Ich werde ihnen Alles sagen, wie's in meinem Herzen
ist. Und auch für Dich, Franz, will ich reden, Alles sagen,
wie es heute hier gewesen ist, und daß Du, weil Du uns in
unserer Noth gesehen, zwei Mal einen Hasen uns in's Haus ge-
bracht hast. Aber das würde nicht wieder geschehen, nicht wahr,
Franz, das kann ich ihnen versichern in Deinem Namen, und
! sie möchten Dir 's nur nicht nachtragen und Dir die Förster-
\ stelle d'rum nicht entziehen, was auch der Klaus dagegen reden
möcht'. Ich werd' ihnen Alles sagen, und wie der Oheim nur
darauf bedacht, uns recht in's Unglück zu bringen, und die Hoch-
würdigen werden mich anhören, und es wird noch Alles gut
i werden!" Die siegcsgewisse Ueberzeugung des muthigen Mädchens
verschloß allen ipeiterett Einwendungen den Mund. Berndt
! schüttelte freilich in trüber Verzagtheit den Kopf, aber er ließ
es geschehen, daß Katharine in das Kämmerlein eilte, wo sic
sich ihres Engelgewandes entledigte, und in kürzester Frist trat
sie wieder ein in ihren alltäglichen Kleidern zur Wanderung
gerüstet und in ein großes Tuch gehüllt. Katharina reichte den
Eltern die Hand zum Abschied: „So bittet nur für mich, daß
mir die heilige Jungfrau ein rechtes Herz und die richtigen Worte
'schenkt!" Als Käthe mit dem Jäger die Stube verlassen, sagte
j der muthlose Vater: „Es ist umsonst! Sie mag geh'n, sie hätte
! hier doch keine Ruhe gehabt, aber sie wird's ja sehen! Wie
j soll sie vor die Herren kommen! Und wenn auch . . . sie werden
sie nicht lange anhören. Die haben andere Dinge zu thun, als
j an uns arme Leute zu denken!"

Schweigend, schritten Franz und Küthe den Bergen zu.
Freudige Zuversicht und ängstliches Zagen kämpften in ihrem
> Innern, und das Verlangen, nur recht bald dem gefürchteten
Augenblicke unwiderruflich gegenüber zu stehen, trieb sie zu
immer rascheren Schritten an. So hatten sie den Omußberg
erreicht, wo die Straße rechts abbog, sie aber schlugen den
schmaleren kaum betretenen Fußpfad ein, der hineinführte in
das waldbedeckte einsame Felsenthal, in dessen Grunde der Berg
mit dem Kloster oben sich erhob. Tief lag der Schnee vor ihren
Füßen und über ihnen auf den nicdergebogcnen Aesten der Tannen
! und Fichten hingen schwere Schneelasten. Es war ringsum tiefes
Schweigen, nur hin und wieder der dumpfe Schall niederstürzen-
der Schneemassen. Immer noch schritten sie schweigend dahin,
ein Jedes den eigenen unruhigen Gedanken nachhängend.

Endlich begann der Jäger: „Nun, so mögen nur die
lieben Heiligen geben, Käthe, daß Du den Herrn Procurator.
sprechen kannst und ein geneigt Ohr bei ihm findest! Ich werd'
indessen noch heute nach den Wolfsgruben sehen im Krumm-
holz, am Buchberge und im Teichwalde, ob sich nicht irgendwo
eine Bestie gefangen hat. Seit vier Wochen lauere ich schon
umsonst; die Unthiere sind überall und machen Schaden genug,
aber auch nicht einer ist mir in die Grube gegangen. Das

chtsglocken.- 17!)

Fanggeld möchte wohl reichen — wenn Du nichts ausrichten
solltest — daß am Dingtage wenigstens etwas könnt abgezahlt
werden, und dann haben sie doch vielleicht wieder etwas Ge-
duld! Freilich," fuhr er nach einem kurzen nachdenkenden
Schweigen fort, „wenn es Dir nicht glückt oben und mir auch
nicht, und das Schlimmste geschieht — und der . . . der Mensch
bringt mich richtig um die letzte Hoffnung. . . Küthe!" fügte
er in steigender Verzweiflung hinzu, „Küthe! dann weiß ich
nicht, was ich noch Ihne! Dann ist Alles vorbei . . . dann
. . . dann zahl' ich's ihm heim, ich kann nicht anders, und
mach' mich dann hinüber nach dem Dohlenstein zu dem Wartcn-
berger! Dem ist jeder starke Bursche willkommen!"

Katharine blieb wie erstarrt stehen, die gcfaltclcn Hände
an ihre Brust pressend; ein unsäglich schmerzlicher Schrecken fuhr
ihr durch's Herz bei solch' frevlen Worten. „O heilige Mutter
Gottes!" rief sie, „Franz, an solche Dinge denkst Tu? Ach,
und hinüber zu den Ketzern willst Du gehen? Franz! Franz!"
fuhr sie bitter wehklagend fort, „es ist besser, Du kehrst um,
und lässest mich allein weiter gehen! Denn wir haben mit ein-
ander nichts mehr zu thun, wenn Du solche Gedanken hast!"

„Käthe! Küthe! um Gottcswillen! Ich thn's ja nicht!"
fiel der Jäger erschrocken ein. „Ich Hab' ja nur d'ran gedacht!
Nur wenn Alles, Alles umsonst ist und jede Hoffnung aus,
aber es wird ja nicht . . ,!"

(Fortsetzung folgt.)

Große O ffenhcit

„Also, Nanni, die nächste Woche reise icf)- mit meinen
Schwestern auf Besuch zu meinem Bruder nach Augsburg." —-
— „Aber, sag' einmal, warum geht Ihr denn immer zu ihm
hinüber und er nie zu Euch harüber?" — „Ja, weißt, der
hat eben zu viel Ehrgefühl."
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Titel/Objekt
"Große Offenheit"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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G 5442-2 Folio RES

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

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Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
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Augsburg
Gespräch <Motiv>
Karikatur
Reise
Schwester
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 55.1871, Nr. 1377, S. 179
 
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