Fliegende Blätter (62.1875 (Nr. 1537-1562))

90

Don Pedro.

in.

Plötzlich wird das tiefe Schweigen
Unterbrochen. Menschenstimmen,
Tambourinen-, Mandolinen-
Und Guitarrentöne dringen
Wild verworren in die Ohren.

Näher geh'» sie dem Geräusche,

Bis sie endlich tief verwundert
Steh'» vor einer Scheune, die nicht
Irgend wessen Eigenthum ist.

Halb zerfallen sind die Wände,

Die des Wetters bösen Launen
Freien Ein- und Ausgang gönnen.
Bessern Schutz gewährt das Dach nicht,
Welches einem mürben Hut gleicht,

Der in Fetzen hängt vom Haupte
Eines alten Vagabunden,

Und es droht beim ersten Windstoß
Wie ein Hut vom Haupt zu fliegen. —
Doch im Innern dieser Scheuer
Welch' ein Leben! Welch' ein Treiben!
Bettler sind's und Bettlerinnen
Jedes Alters, die ein tolles
Fest begeh'» um diese Stunde.

Viele kauern gruppenweise
Auf dem Boden, in den Ecken;

And're tanzen zu den Tönen
Einer heiser» Mandoline,

Oder schnarrenden Guitarre.

Kunterbunt ist die Gesellschaft,

Die, durch Lotterthum verbunden.

Hier zum Stelldichein sich sammelt.
Bunter noch ist ihre Kleidung,

Die der Eine sich erbettelt.

Die dem Andern milder Zufall
Hat geworfen um die Blöße;

Und erbettelt sind die Speisen,

Die ani Boden aufgehäufet.

Dieses Picknick ist der Abhub,

Der, wer weiß, vor wie viel Küchen
Ward geheischt vom frechen Strolchthum.
In der Mitte dieser Scheuer
Steht ein großer morscher Sessel,

Und im Sessel reckt und streckt sich
Auf's Behaglichste ein Graukopf,

Dem vom Kinn ein langer Bart wallt.
Aeltester ist er der Gilde,

Oberhaupt des Lumpenthumcs,

Und von diesem hochgehalten.

IV.

Und der Prinz wie auch sein Mentor
Schauen auf das wüste Treiben
Durch ein Loch, das in die Wand der
.Scharfe Zahn der Zeit gefressen.

Immer toller wird der Jubel;
Immer dichter wird die Menge.

Neue Gäste kommen jauchzend,
Männer, Frauen, Mädchen, Knaben;

Mancher Bucklige und Stelzfuß
Ist darunter, und cs fehlt nicht
Der Einäugige dazwischen.

Und das hüpft und springt und wimmelt,