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„Sonnwcndnacht war's, der Himmel eine tiefdunkclblaue
Sammetdcckc, durchwirkt mit Millionen Diamantsternen. Die
Iqi«c Luft >var erfüllt von würzigen Düften, welche einem
^(eer von Rosen, Reseda und Heliotrop entströmten, Leucht-
käferchen zogen wie zarte Märchengeister ab und zu, das Silber-
^ächlein rauschte seine gehcimnißvollc Weise, und in üppig
Goldhaars N achtgcdankcn.
Von einem Paar blonder Zöpfe geflüstert.
grünen Wicsenhalmen da zirpte die Grille ihren einsamen me-
lancholischen Monolog.
Es war eine Nacht für Dichter und — Liebende. Vor
dem Dörfchen draußen am Kreuzweg saß die Grctcl und neben
ihr auf der kleinen schmalen Steinbank ihr Liebster, der Franz.
Ich selbst, ein goldiges, fast allzu üppiges Ding von
sechzehn Jahren umschlang damals den lieblichsten Mädchenkopf
auf Meilen in der Runde; ich ivußte nicht einmal, was ich
galt und dennoch war ich ungcbcrdig und prüde, denn ich
I nestelte mich jetzt gewaltsam los aus den Zähnen eines harmlosen
Hornkammes, als des Franzens derbe aber ehrlichen Hände
mich umfaßten und er seine rothglühenden Lippen auf mich
preßte.
„Gretel," sprach er damals, und seine Stimme zitterte ge-
waltig, „Gretel, heute muß's geschieden sein, der König ruft,
ich bin einmal Soldat. Bleib mir treu, hörst Du? heut über's
Jahr bin ich wohl wieder da, wenn nicht — bist Du frei!"
Unter mir aber da schluchzte und weinte es, die arme
Grete geberdete sich so jammer- und leidvoll, daß sich jede
Faser in mir bäumte, und ich selbst mich auflöste in ein gol-
diges Thränenmeer.
Und die braunen Hände Franzens umfaßten mich wieder,
und wieder drückten sich die ehrlichen Lippen glühendheiß auf
mich, während sic halblaut lispelten:
„Gretel, gelt Du gibst mir ein Büschel von Dcin'm lieben
Goldhaar, ich will's auf der Brust tragen zum Angedenken an
Dich und Deine Lieb, und wenn ich in's Feld muß und in
die Schlacht, und es trifft mich eine Kugel, dann geht doch
ein Thcil von Dir mit mir in's Grab!"
„Gern!" schluchzte Gretel, „nimm was Du willst!" Und
weinend zog sie mich an sich und mit einem rohen ungeschlach-
ten Gartenmesser, das ihr der Liebste zur Hand gab, schnitt sie
einen Strähn aus meiner Lebensader; er wickelte denselben um
a
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Goldhaars Nachtgedanken"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Haarlocke <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 62.1875, Nr. 1560, S. 185
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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