Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fliegende Blätter — 65.1876 (Nr. 1615-1640)

DOI Heft:
Nr. 1627
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4940#0106
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
äu finden. „Ich fürchte. Du hast Dich nicht amüsirt, Rosalie,"
unterbrach er endlich das ihm nnheimlich werdende Schweigen,
»und es war doch recht hübsch! Sehr gewählte Gesellschaft,
feines Souper, glänzende Toiletten — " — „Ich begreife wirk-
lich nicht," unterbrach sie ihn, „ivie Du immer Gefallen daran
finden kannst. Andere zu bewundern! Fühlst Du denn nicht,
"ne wie jammervolle Rolle man dabei spielt?" — „Aber ich
bitte Dich, Kind, ivas sollen diese Ausdrücke? Hast Du Dich
irgendwie zurückgesetzt gefühlt? Sind uns nicht Alle mit der
größten Liebenswürdigkeit entgegengekommen'? Ich glaube, die
8rnn Commcrzienräthin Silberbach hat sich ihrer Stellung in
ber hiesigen Gesellschaft nicht zu schämen!" — „Habe ich das
vielleicht gesagt?" fuhr sie ans, „das ist wieder Deine bekannte
Manier, mir die Worte im Munde zu verdrehen. Ach, ich
werke es täglich mehr, daß Deine Liebenswürdigkeit die Flitter-
wochen nicht zu überdauern im Stande war! Als mir heute
Albend die Frau Konsul Nickelerz, die doch ein Jahr länger
berheirathct ist, als ich, von der zarten Aufmerksamkeit ihres
satten erzählte, gab mir's einen Stich in's Herz!" — „Er
uohm sich übrigens recht possierlich aus in seiner türkischen
Originalverpackung, Dein Mnsterehemann!" — „Possierlich! ?
Das kennzeichnet Deinen Geschmack. Die reichgcstickte blaue
Uniform des Consuls, das prachtvolle türkischrothe Atlasklcid
wit den eingesticktcn goldenen Halbmonden und Sternen, das
seine Frau trug — ich ärgerte mich fast zu Tode! Aber ein
Entschluß ist in meiner Seele gereift, Siegfried, von dessen
Verwirklichung mein Lebcnsglück abhängt: Du mußt Consul
werden — und zwar noch vor dem nächsten Museumsball!"

„Aber, Schatz, alle bekannten Nationen haben ja hier bereits
ihre Consulate!" — „Thnt nichts! So manches große und
°dle Volk lebt jenseits des Oceans auf irgend einem gesegneten
Eiland, und je ferner das Land, desto schöner und phantastischer
die Uniform! Und damit Du siehst, das; ich diesem Wunsche

Consul. ' 103

auch Opfer bringen kann, so verspreche ich Dir: von dem
Augenblicke an, wo Du Consul bist, erlaube ich Dir, im Speise-
Zimmer zu rauchen!" — Der Commerzienrath war ein großer
; Freund des häuslichen Friedens und einer guten Cigarre; der
ungestörte Genus; dieses doppelten Glückes war für ihn schon
ein so kleines Opfer, wie das verlangte, werth. „Sie hat
schließlich nicht so Unrecht," argumentirte er. „Der Titel Consul
klingt ganz gut und die Uniform ist heutzutage beinahe ein noth-
wendiges Requisit der Manneswürde." — Es fiel ihm dann
ein, daß wirklich eine kleine Insel der Südsec bisher nur in
Berlin vertreten war; der dortige Consul war einer seiner
Geschäftsfreunde; ihm trug er schriftlich seinen Wunsch vor und
nach einigen Wochen konnte er freudestrahlend vor seine Gattin
; treten und ihr seine Ernennung zum Consul mit der Bemerkung
mittheilen, seine Uniform und eine Toilette im Landesgeschmack
für die Frau Consnlin seien schon in Berlin bestellt und würden
noch rechtzeitig zum Mnseumsballe eintreffen. — Bon diesem
Tage an erfreute sich der vortreffliche Gatte und Consul des
reinsten Glückes; seine Gemahlin versäumte keine Gelegenheit,
um ihre Dankbarkeit in der zartesten Weise an den Tag zu
| legen, und schien alle ihre kleinen und großen Launen völlig
abgelegt zu haben. — Es war, einige Tage nach jenem für
das Silbcrbach'sche Haus so glücklichem Ercigniß. Die Frau
Consnlin batte gerade eine kleine Damengescllschaft bei sich ver-
sammelt, als ihr gemeldet wurde, es wäre eine große Kiste aus
Berlin eingetroffen. — Jubelnd verkündete sie den Damen den
muthmaßlichen Inhalt derselben und man beschloß einstimmig,
die interessante Kiste sofort z» öffnen. — So geschah es. Die
Emballage war sehr sorgfältig und ließ einen äußerst kostbaren
Inhalt vcrmnthen. Eine Papierhülle nach der andern fiel; die
Damen wurden immer neugieriger und gespannter; immer neue
Cartons wurden hcransgcschält. Da endlich ließ sich ein fester
Kern heransfühlen — mit fieberhafter Hast wurde die letzte
Hülle zerrissen — ein Schrei der Ueberraschung — des Ent-
setzens — dann abwechselnd Erröthen — Verlegenheit — zu-
letzt nicht mehr zurückzuhaltcndes Gelächter; — die Frau Consnlin
fällt wie vom Blitz getroffen in einen Fauteuil! — Der Inhalt
der Kiste bestand nämlich in einer Keule und einem Feigen-
blatt nebst einem höflichen Schreibe» des Inhalts, es seien
dies die beiden einzigen Toilette-Artikel, erstcre der männlichen,
letzteres der weiblichen Unterthanen Sr. Majestät des Königs
der Insel Hai-wai-ka-rei-y."

S. fi.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Consul"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Besuch
Diener <Motiv>
Ironie <Motiv>
Konsulat
Unzufriedenheit
Vorfreude
Ehepaar <Motiv>
Ehefrau <Motiv>
Kleidung
Straßenbeleuchtung
Ball <Tanzfest>
Gespräch <Motiv>
Erwartung
Karikatur
Kutsche
Feigenblatt
Keule <Schlagwaffe>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 65.1876, Nr. 1627, S. 103

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen