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27

Ein Mißt! erstiindniß.

Dr. Wnckler ist bei einer vornehmen Dame zu Tisch ge-
laden und will sich trotz des schlechten Wetters eben dahin
begeben. Wie er aber
aus dem Hause tritt,
begegnet ihm ein
Jugendfreund, den
er seit Jahren nicht
mehr gesehen hat,
und der sich nur ein
paar Stunden in der
Residenzstadt aufhalten will.

Nach einer herzlichen Umarmung begeben sich der Doktor
und sein Freund sofort in ein benachbartes
Weinhaus, um ihr glückliches Wiedersehen zu
feiern.

Nachdem die ersten Worte gewechselt und
die nöthigen Fragen beantwortet sind, fällt
dem Di'. Wnckler wieder ein, daß er zu Tisch
geladen ist.

„Du wirst mich doch nicht allein lassen/'
sagt der wiedergcfundcne Jugend-
freund, „und sieh' nur, wie cs stürmt
und schneit! Das Beste ist. Du ent-
schuldigst Dich mit einem unvorher-
gesehenen Hindernisse: Du bist zu ^

einem Schwerkranken gerufen worden
und kannst unmöglich abkommen."

Di-. Wnckler ist solchen Vorstellungen nicht unzugänglich
und da er ein Freund der Bequemlichkeit und guter Gesellschaft
und Feind des schlechten Wetters ist, gibt er nach, schreibt einige
Zeilen auf seine Karte und gibt dieselbe alsbald einem Dienst-
mann, der draußen an der Ecke friert.

„Lindenstraße Nr. 1," schärft Dr. Wackler dem Dicnst-
mnnn wiederholt die Adresse ein und dieser ist mit dem Briefe
. . fort wie der Wind. Aber ehe er
über die Ecke biegt, ruft der Dienst-
mann dem Doktor zu: „Also Nr. 9"
und damit ist er vcrschivundcn. —
Dr. Wackler geht in die Weinstube zu-
rück und hat sich eben wieder das Glas
gefüllt — da fällt ihm erst auf, was
der Dienstmann gerufen hat: „Also
Wie von einer Nadel gestochen springt er empor.

haben

Das

blicken.

Dienstmann.

Nr. 9!"

»Der Kerl wird wohl nicht Hausnummer 9 statt 1 verstanden
wäre nicht übel!" Mit diesen Worten verläßt
Dr. Wackler die Weinstube. Zum Glück nimmt
er. instinctiv seinen Chlinder mit und eilt an
die Ecke, um den Dienstmann znrückzurufen —
aber so wenig belebt die
Straße ist, da äst kein
Dienstmann mehr zu cr-
kann noch nicht iveit sein,"
denkt sich Dr. Wackler und setzt seinen dicken
Corpus in gelinden Trab. An der nächsten

Ecke hofft er den Dienstmann sicher erblicken und zuriickrnfcn
zu können — aber auch in der nächsten Straße zeigt sich kein
„Der Weg führt diesen über den Castorplatz; da
kommt er mir nicht aus", denkt Dr. Wackler
und eilt in schärferem Trabe bis dorthin,
aber das Schneegestöber nimmt zu und auch
ans dem großen weiten Platze ist der Dicnst-
mann nicht zu erblicken. Fort geht die
wilde Jagd, über den Castorplatz durch die
Spatzengäßchen, bis in die Lindenstraße, da
dem Doktor die rothe Mütze des Dienstmanns.

lange Gasse,
endlich zeigt

der nach mehrfachem Zuruf anhält und dem schweißtriefenden
Doktor entgegeneilt. „Ich habe Ihnen
doch deutlich gesagt: Nr. 1", stöhnte
der Doktor und hält athemlos. „Ganz
recht Nr. 1," erwidert der Dienstmann,

„dort unten ist Nr. 1."

„Aber warum sagten Sie denn:

„Also Nr. 9," schreit der Doktor
wüthend, „wollen Sie mich zum Besten haben?!"

„Was fällt Ihnen ein !" entschuldigt sich der Dicnstmann,
„aber ich mußte Ihnen doch sagen, was ich für eine Nummer
habe, damit Sie sich an mich halten können, wenn ich meinen
Auftrag nicht recht ausfiihre!"

Dagegen ist nichts einzuwenden. Sich den Schweiß von
der Stirne wischend, sieht noch Dr. Wackler, wie der Dienst-
mann in das richtige Haus Nr. 1 einbiegt und kehrt dann,
mißmnthig über die grundlose Jagd,
in die Weinstube zurück. Der Jugend-
freund hatte aber mittlerweile die
Flasche ausgetrunkcn und sich entfernt.
Verdrießlich betrachtet Dr. Wackler
seinen neuen, durchnäßten Chlinder
und geht ohne Mittagessen und Jugendfreund in seine Wohnung
zurück, in der ihm ein heftiger Stockschnupfen,
die natürliche Folge des Echauffemcnts, einige
Tage Zeit gönnt, über das Mißverständnis;
nachzudenken, dem er denselben verdankt.

Ausgleich.

„Herr Wirth, Sie Haben uns da ein-altes Kalbfleisch
vorgesetzt." — „Bitte, meine Herrschaften, um Entschuldigung,
- essen Sie es gefälligst als junges Ochsenfleisch."

Consequcn t.

Ein trefflich Wort, das Wörtchen „consequent!"

Doch Manchen weiß ich, den man also nennt.

Nur weil er, seiner Consequenz zu lieb.

Was er von jung auf war, ein Esel blieb.

(fr. Bonmimt.

Aus dein Gl ü ck >v u n s ch s ch r r i b e n d r s kleine n M o r i tz.

„. . . Wie soll ich Dir nicht danken, liebe Großmama,
hast Du mir doch, meine Mutter geschenkt und erzogen."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Mißverständnis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1852, S. 27
 
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