Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42

Enttäu j ch 111113.

Doch sehet. Wer der Fuhrmann ist —

Ein Bäuerlein, das führet Mist!

Da drücken um die Ecken
Sich schleunigst die drei Recken.

So lang's noch Zeit ist.

Bon C. M. Uacano.

(Schluß.)

Die Thüre war offen geblieben, denn der Feiertag war
so schön gewesen. Jetzt aber, wo sich der Herbststurm erhob,
fiel dieselbe plötzlich mit einem' lauten Schalle in's Schloß.

Die Regerl -Mahm fuhr mit einem lauten Aufschrei zu-
sammen. Und der alte Bauer, die Ploni, und die Miez mit
den erfrorenen Ohren, sic alle erschracken mehr über den Schreck
der Mahm, als über den Schlag selber.

„Jetzt bin ich aber ganz damisch 'worden!" sagte die
Regerl-Mahm wie entschuldigend und legte die Hand aus ihre
Joppe, dort, wo das Herz schlägt, und athmctc wie van einer
Todesangst tief und laut aus. „Wie kann denn aber die
Mahm nur gar so erschrecken darüber, daß eine Thür in's
Schloß fallt?" meinte die Ploni.

Der Alte lachte mit dem verhaltenen, kichernden Lachen
alter Bauern und klopfte seine Pfeife aus. „Die Mahm wird's
schon wissen!" meinte er. „Gelt, Regerl, wenn der Wind nit
einmal die Thür' so zugeschlagen hätt', säßest jetzt nit da bei
uns, sondern wärst ans Deinem eigenen Hof und die Frau
von einem rechtschaffenen Bauern, dem Laabengrabner-Poldl
drüben?" — „Geh', was Du nicht red'st, Vater!" rief die
Ploni und schaute neugierig in's Zimmer zurück, von dem

So lang's noch Zeit ist.

alten Väter auf die alte Mahm. Und die Regerl saß da,
recht >vie matt, oder recht wie traurig. Und in ihrem Gesichte
war sie ganz ohne alle Färb' und ohne alles Leben. Die
Hände hatte sic jetzt im Schooße gefaltet und schaute hinab
auf den Fußboden mit ihren verblaßten Angen, wie man auf
Gräber schaut.

Und der Ploni fiel jetzt bei, daß die Regerl nie in den
Laäbengraben gehen mochte, und daß der Poldl und sein Weib
nie im Hause da vorsprachen, so gut er auch mit ihrem Vater
als Nachbar stand. Und ihre Neugier war wach und sie fragte:
„Was war's denn mit der Geschichte, Mahm? Geh, erzähl'
mir's." — „Zu was denn?" meinte die alte Regerl, und
schüttelte das Haupt und nahm ihre Brille ab, als ob die nn-
gelaufen sei, von irgend Etwas, und schaute starr und streng.

Sic war eine rüstige Wirthschafterin auf dem Hofe ihres
Bruders, ein thätiges Weib, und hatte ihr stattliches Vermögen
auf dem Hause und war eine Respektsperson, weil sic das Geld
einst ihrem Pathenkinde, der Ploni, vermachen wollte. Denn
heirathen hatte sic niemals mögen, so oft sich auch vor Jahren
Freier gemeldet hatten.

„Wenn Du cs nit verzählst, verzähl' Jch's, Regerl!" rief
der alte Bauer von der Ofenbank her, indem er sich eine neue
Pfeife stopfte. Dabei lachte er wieder verstohlen und kichernd
und hustend.

„Daß Du Dich nicht unterstehst!" rief die alte Regerl-
Mahm. „Was ist's denn auch gewesen? Und ich kann nicht
leiden, wenn d'rüber gelacht wird! Ich Hab' niemals darüber
gelacht in diesen ganzen langen Jahren her und leid's auch
nicht, daß es Andere thun! . . . Und damit Du mich nicht
mit.Deiner Fragerei plagst, Ploni, wie es Deine Art ist, so
sag' ich's lieber gleich.

Der Laabengrabner-Poldl hat mich halt gern g'habt
als junger Mensch, und ich — ich war ihm auch nicht

feind. Aber er hat sich nie die Courage genommen, recht

herauszureden, bis an einem Sonntag, wo er bei uns ge-
wesen ist und mit den anderen Buben Kegel geschoben hat
im Garten draußen. Bei'm Weggehen, da hat er sich ans
einmal ein Herz gefaßt, unter der Thüre, und hat mir gesagt,
daß er mich gern hat, und ob ich ihm auch gut sein könne?

Nun, cs war ein stürmischer Tag, und ich stand im Hause

und er draußen. Und da hat mir der Sturm die Thürklinke
ans der Hand gerissen und — und ihm gerade in's Gesicht,
und die Thüre war zu, und er draußen. Und seitdem Hab'
ich ihn lange, lange nicht geseh'n. Er ist fortgegangen in die
Fremde und hat dann die Miez aus der Klammhöhe geheirathet.
Das ist das Ganze. Und hält' ich mich damals nicht so lang
besonnen mit der Antwort, so war' Alles gut gewesen, und er
wär' herinnen gewesen, eh' noch der Sturm die Thüre gefaßt
hätt', und hätt' nicht geglaubt, daß ich ihm die Thüre zu
Fleiß vor der Nase zugeschlagen hätt'!"

Die alte Regerl schwieg und setzte sich die Brille wieder
auf, als ob sie 'was zu verstecken hätt'.

Und die Ploni am Fensterbrett, die dachte daran, wie cs
sic jetzt nicht mehr'wundere, wenn die alte Mahm manchmal
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Enttäuschung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1854, S. 42
 
Annotationen