Der Kuß im Traum.
155
stolz und habgierig, und hörte Liebesworte nur gerne, wenn sie
von Juwelen begleitet waren.
Tanis ließ ihr sein Bischen Hab und Gut anbieten für einen
Kuß. Herneka lachte spöttisch zu dem Antrag, und der arme Bild-
hauer meißelte wieder trübselig an seiner Sphinx. Schon blickte
aus der steifen ägyptischen Haube ein Angesicht von kalter starrer
Schönheit, das von der Schablone, nach der alle ägyptischen Bild-
hauer arbeiten mußten, seltsam abstach.
Eines Tages schlich der Bildhauer in den Tempel der Liebes-
göttin Hathor, ihr Tauben zu opfern. Schmunzelnd nahm ein
Priester sie in Empfang und verhieß ihm kräftige Fürsprache für
seine stillen Wünsche.
Der Tag war heiß; Tanis lagerte sich in den Schatten des
Tempelhofes und entschlief. Da war es ihm, als ob Herneka
strahlender denn je auf ihn zukomme; freundlich blickten die sonst
so hochmüthigen Augen und er eilte ihr entgegen und küßte sie auf
die rothen Lippen.
In seiner Herzensfreude erwachte der Bildhauer; vor ihm stand
der Priester und sprach: „Freue Dich, mein Sohn, Hathor hat Deine
Gebete erhört!"
„Hat sie es mir doch selber offenbart!" rief Tanis und erzählte
von seiner Leidenschaft für Herneka und dem Traume.
Der Priester lächelte ein wenig, klopfte ihn väterlich auf die
Schulter und hieß ihn gehen. Als der Bildhauer aber zur Tempel-
pforte kam, da hielt eben die Sänfte Hernekas und mit stolzer Miene
schritt die Schöne an ihm vorüber. Tags darauf vollendete er das
18*
155
stolz und habgierig, und hörte Liebesworte nur gerne, wenn sie
von Juwelen begleitet waren.
Tanis ließ ihr sein Bischen Hab und Gut anbieten für einen
Kuß. Herneka lachte spöttisch zu dem Antrag, und der arme Bild-
hauer meißelte wieder trübselig an seiner Sphinx. Schon blickte
aus der steifen ägyptischen Haube ein Angesicht von kalter starrer
Schönheit, das von der Schablone, nach der alle ägyptischen Bild-
hauer arbeiten mußten, seltsam abstach.
Eines Tages schlich der Bildhauer in den Tempel der Liebes-
göttin Hathor, ihr Tauben zu opfern. Schmunzelnd nahm ein
Priester sie in Empfang und verhieß ihm kräftige Fürsprache für
seine stillen Wünsche.
Der Tag war heiß; Tanis lagerte sich in den Schatten des
Tempelhofes und entschlief. Da war es ihm, als ob Herneka
strahlender denn je auf ihn zukomme; freundlich blickten die sonst
so hochmüthigen Augen und er eilte ihr entgegen und küßte sie auf
die rothen Lippen.
In seiner Herzensfreude erwachte der Bildhauer; vor ihm stand
der Priester und sprach: „Freue Dich, mein Sohn, Hathor hat Deine
Gebete erhört!"
„Hat sie es mir doch selber offenbart!" rief Tanis und erzählte
von seiner Leidenschaft für Herneka und dem Traume.
Der Priester lächelte ein wenig, klopfte ihn väterlich auf die
Schulter und hieß ihn gehen. Als der Bildhauer aber zur Tempel-
pforte kam, da hielt eben die Sänfte Hernekas und mit stolzer Miene
schritt die Schöne an ihm vorüber. Tags darauf vollendete er das
18*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Kuss im Traum"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1889 - 1889
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 91.1889, Nr. 2310, S. 155
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg